Ein typischer Industrie-Wasserturm als Stahlfachwerkkonstruktion. Obwohl die Mannheimer Wassertürme zum größten Teil der Wasserversorgung von Industriebetrieben dienen, bestehen nur drei davon ganz aus Eisen. Die Vorteile dieser Bauart sind ihr geringes Gewicht (einfache Fundamentierung) und die Möglichkeit, sie (ähnlich einem Metallbaukasten) zu zerlegen und an anderer Stelle wieder aufzubauen oder sie umzubauen.
Beim Bau der meisten Industrie-Wassertürmen trat das Repräsentationsbedürfnis zurück. So auch beim im Jahre 1911 gebauten MWM-Wasserturm, der mitten im Werksgelände liegt. Die Unterkonstruktion ist ein Bock auf quadratischem Grundriss, mit unten 6 m Kantenlänge; er verjüngt sich nach oben auf 3 m Seitenmaß. Dieser Bock ist bis zur Auflage des Behälters 22 m hoch. Die Kräfte aus dem Behältergewicht werden durch die vier Eckpfosten in die Fundamente eingeleitet. Bei einer Länge von 22 m würden diese jedoch ausknicken, wenn sie nicht ausgesteift wären. Dazu teilt man die Konstruktion in vier Stockwerke ein, die jeweils durch waagerechte Verbindungen und diagonale Streben stabililsiert werden. Diese Fachwerkkonstruktion ermöglicht die Verwendung von kleinem Stahlprofilen, so dass das Bauwerk sehr zart und filigran wirkt.
Oben im Auflagerbereich das Behälters ist der Bock mit einem nach außen geneigten Zwischenfachwerk versehen, so dass acht Auflagerpunkte entstehen. An diese schließen sich dreiecksförmige Bleche an, damit das Behälter-Gewicht gleichmäßig über einen Tragring auf das Tragwerk übertragen wird. Der Behälter ist eine längs der Längen- und Breitenkreise genietete Stahlkugel (12 Segmente nebeneinander) mit 6 m Durchmesser. Sie hat an ihrer Spitze einen Belüftungsaufsatz mit Jalousien-Schlitzen. In halber Höhe (Äquator) der Kugel ist ein Umgang mit einem verzierten Geländer. Von dort führt eine Leiter am Umfang der oberen Kugelhälfte zu einer Einstiegsklappe. In der Mitte der Unterkonstruktion ist ein dickes, genietetes Rohr, in dem sich eine Wendeltreppe und und die Rohrleitungen befinden. Von dort führt über einen Ausleger eine gekrümmte Leiter in einem Kasten aus Fachwerk um die untere Kugelhälfte herum auf den Umgang in Äquator-Höhe.
Wenn der Behälter voll gefüllt ist, enthält er 100 m³ Wasser, bei einer Spiegelhöhe von 26,80 m.
Der Wasserturm diente zur Versorgung der Fabrik mit Betriebswasser.
Seit vmtl. den frühen 1990er Jahren ungenutzt.
2009 Rückbau
Dieser Wasserturm steht in engem Zusammenhang mit der Erfindung des Automobils durch Carl Benz. Dessen erste Firma „Benz & Ritter“ in T 6,11, gegründet 1871, machte den Anfang. In der Silvesternacht 1879/80 gelang es Benz, seinen Zweitakt-Verbrennungsmotor zum Laufen zu bringen. Am 01.10.1883 wurde die „Benz & Cie., Rheinische Gasmotorenfabrik Mannheim“ gegründet. Als D.R.P. 37435 vom 29.1.1886 wurde Benz' „Fahrzeug mit Gasmotorenantrieb“ patenrechtlich geschützt. Im selben Jahr wurde das Fabrikgrundstück an der Waldhofstraße erworben.
Seit 1899 war Benz eine Aktiengesellschaft und ist 1900 die größte Automobilfabrik der Welt. Nach Zerwürfnissen mit dem Vorstand schied Benz bereits 1903 weitgehend aus dem Unternehmen aus und errichtete 1906 eine eigene Fabrik „Carl Benz Söhne“ in Ladenburg. Das neue Werk auf dem Waldhof entstand im Jahre 1908, nachdem im Vorjahr das Kapital auf 4.350.000 Mark erhöht worden war. 1909 wurden Automobil- und Stationärmotorenbau räumlich voneinander getrennt, und die Werkserweiterungen machten eine Kapitalerhöhung auf 8.000.000 Mark erforderlich.
Seit 1910 wurden auch Dieselmotoren im Werk in der Neckarstadt gebaut.
Ab 1922 wurden durch die Gründung der „Motorenwerke Mannheim AG, vorm. Benz, Abt. stat. Motorenbau“ der Automobil- und der Motorenbau auch juristisch getrennt. Seit 1926 gehörte die Aktienmehrheit der Süddeutschen Bremse (Knorr-Bremse) in München. Seit 1985 gehören die Motorenwerke zur Kölner „Klöckner-Humboldt-Deutz“ (später: „Deutz AG“).
2004 wird das Geschäft von Deutz mit Mittel- und Großmotoren in Mannheim zusammengefasst und 1995 in den Geschäftsbereich „Power Systems“ umgewandelt, und das Wirtschaftsergebnis besserte sich.
2007 verkauft Deutz das Unternehmen für 360 Millionen Euro an den Finanzinvestor 3i. Die Firma führt nun wieder den Namen MWM, diesmal als GmbH. Der US-Konzern Caterpillar Inc. ist am Kauf von MWM interessiert und kauft schliesslich auch als Caterpillar Energy Solutions GmbH.
Heute werden vor allem Gasmotoren für Blockheizkraftwerke und Biogasanlagen im Leistungsbereich zwischen 400 und 4300 kW angeboten. In geringerem Umfang werden nach wie vor auch noch Dieselmotoren produziert.
Der Behälter wurde seit seiner Außerbetriebsetzung nicht mehr unterhalten. Sein Bestand war in den zweiten Hälfte der 1990er Jahre gefährdet, da neue Produktionshallen an seinem Standorte geplant waren. Er wurde jedoch nicht mehr unterhalten und durfte aus Sicherheitsgründen auch nicht mehr bestiegen werden. Der Wasserturm wurde letztlich 2009 abgebaut und verschrottet..
Gieseler/Ryll: Mannheimer Wassertürme (1997)
In Mannheim-Neckarstadt, zwischen Altem und Neuem Messplatz.
Von Norden her über die Waldhofstraße zu erreichen.
Mit den Straßenbahnen Linie 2 (Richtung Neckarstadt-West) und Linie 4 (Richtung Käfertal/Heddesheim), Haltestelle "Alte Feuerwache", sowie der Linie 1 (Richtung Schönau) und Linie 3 (Richtung Sandhofen), Haltestelle "Carl-Benz-Straße"