Die Ölmühle - gegründet Ende des 19. Jahrhunderts – steht nahe der Kammerschleuse am Bonadieshafen.“Die VDO“ wie alte Mannheimer den „Verein deutscher Oelfabriken“ nennen, besteht neben wenigen historischen Gebäuden der Gründerjahre überwiegend aus neuen, hochmodernen Anlagen und Silos. In den letzten Jahren mussten wegen eines Großbrandes viele historische Gebäude (Maschinenhaus, Schlot und Presse) abgerissen und durch neue Anlagen und Gebäude ersetzt werden.
Ähnlich spielte es sich auch schon Ende der 1920er Jahre ab, als das alte Lagerhaus von einem Großbrand völlig zerstört wurde und 1928 als kubischer Backsteinbau mit sichtbaren Betonsilos am westlichen Seitenbecken des Hafens gebaut. Insgesamt sind es 40 Siloszellen, vier Reihen zu je zehn. Diese Anlage gilt nicht nur als bedeutendes Zeugnis industrieller Architektur zwischen den Weltkriegen sondern war 1929 das größte Saaten-Silo Europas. VDO war so stolz darauf, dass er sogar eine Postkarte davon drucken ließ. Der Architekt ist nicht bekannt. Le Corbusier prägte für solche Gebäude die Bezeichnung „Ingenieur-Ästhetik“, die gleichrangig mit der Baukunst sei. Das Silo wird nach wie vor für die Lagerung der Saaten genutzt.
Von der Kammerschleuse aber noch besser von der Wasserseite können die alten Gebäude gut betrachtet werden. An der Stirnseite des Backsteinaufbaus prangt das Logo von VDOM, eine Windrose. Am Hafenrand steht das 65 Meter hohe Großraumsilo aus den frühen 1970er Jahren mit 16.000 Tonnen für Rapssaat, während die 40 Kammern des älteren zusammen 12.000 Tonnen fassen.
Das am Inselhafen gelegene 'Rhenania' - Speicherhaus (heute Wincanton) ist durch eine Förderbücke mit der Ölmühle verbunden und dient seit Jahrzehnten als Lager für Saatgut. Die Annahme von Rapssaat läuft vollständig über dieses Getreidelagerhaus. LKW, Trecker und Schiffe holen dagegen die fertigen Produkte (Öl und Rapsschrot) direkt vom Werk ab.
Das produzierte Rapsöl findet Verwendung in der Biodieselbranche, als Speiseöl, in Margarine sowie als Zusatz z.B. in Lippenstiften, Medikamenten und sogar Bodenbelägen. Rapsschrot, die entölte Rapssaat, dient als eiweißreiches Futtermittel.
Südlich der Bonadiesstraße und am Bonadieshafen liegt dieTochtergesellschaft Mannheim Bio Fuel GmbH. Seit 2006 wird dort ein Großteil des in der Mühle gewonnenen Rapsöls zu Biodiesel verarbeitet.
Ölmühle, Herstellung von Speiseölen und Tiernahrung
Ölmühle, Herstellung von Speiseölen und Tiernahrung und Ölen für Biodiesel
Am 30. 6. 1887 wurde in Mannheim die Aktiengesellschaft 'Verein deutscher Oelfabriken' (VDO) durch Fusion von 6 Ölfabriken gegründet, die mit einer Ausnahme aus dem süddeutschen Raum kamen:
- Ölfabrik in Mauer von P.J. Landfried / Heidelberg (siehe auch Alte Tabakfabrik Landfried),
- Peter Müller & Söhne / Mannheim, AG
- Engelmühle Hattersheim, Philipp Lamparter / Eßlingen,
- Duisburger Oelfabrik und
- Mannheimer Oelfabrik, Mannheim und Obertürkheim/b. Stuttgart.
Damit wurden kleine, weniger günstige Ölmühlen stillgelegt und deren Produktion nach Mannheim verlagert. Hauptsitz und Fabrikanlagen befanden sich in Mannheim auf dem Lindenhof, Meerfeldstr.1, etliche Lagerhäuser im Hafengebiet. Der Standort auf der damaligen Bonadies-Insel wurde 1904 erworben (Die Neckarmündung mit dem Floßdurchlass trennte damals das Stück Land westlich des Bonadiesbeckens noch als Insel ab). 1905 begannen die Bauarbeiten am Bonadieskai. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es nach zeitgenössischen Darstellungen ca. 600 Menschen in der Ölfabrik.
1920 Übernahme durch Unilever.
1990 Erwerb durch den französisch-italienischen Konzern Eridiana Béghin-Say.
2002 Übernahme des Estol – Werksgeländes (auf der Friesenheimer Straße Nr. 12) von Unilever sowie eines Teils der Abfüllung Übernahme durch amerikanische Bunge-Gruppe. Bunge verarbeitet jährlich ca. 1,1 Mio. Tonnen Raps.
2006 Aufbau einer Biodieselfabrik direkt gegenüber.
2010 wird das historische Backsteingebäude, in dem sich die Ölpresse befand, durch einen Brand inwendig zerstört. Eine neue Presse wird auf dem Grund des alten Kesselhauses am Bonadies-Kai gegenüber dem alten Speicherhaus 2011 errichtet.
Technisierung und Produktivitätsfortschritte insbesondere nach dem II. Weltkrieg reduzierten die Beschäftigung drastisch: Gab es in den 60er-Jahren noch über 500 Mitabeiter nur im alten VDO-Werk, so sind es 2014 als Folge der Automatisierung noch 180 Beschäftigte. 60 davon sind gleichzeitig Mitglieder der Werksfeuerwehr. Sie haben die gleiche Ausbildung wie Berufsfeuerwehrleute.
- Schrift von Wilhelm Landfried sen. zum 100jährigen Firmenjubiläum, Heidelberg, 31.12.1910 Unterlagen des Unternehmens
- Führer durch die Industrie- u. Hafenanlagen von Mannheim, Rheinau und udwigshafen; Hrsg. von der „Rhein“- Verlags-Gesellschaft m.b.H., Duisburg-Ruhrort, 1909
- Hanspeter Rings, Mannheim auf Kurs, 2003 - Hrsg. Stadtarchiv Mannheim
- Stadtarchiv Mannheim und Mannheimer Architektur- und Bauarchiv e.V., Mannheim und seine Bauten 1907-2007, Bd. 4, Andreas Schenk, Bauten für Verkehr, Industrie, Gesundheit und Sport, 2004, S. 66
EDIBLE OIL AND FUEL
THE BUNGE OIL MILL
Forty bare concrete silos, in four straight rows of ten, enclosed within a tall, cubic brick building. In 1929 this must have been an unusual sight. This building – at the time famous as the "largest oil-seed silo in the world" – was the symbol of the Verein deutscher Oelfabriken in Mannheim – VDO (German association of oil factories) for a long time. The distinctive company sign can still be seen on the front end of the building.
In 1929, after a fire in the original silo, the new imposing silo was built. It is not known who designed and built it. For industrial buildings such as these, Le Corbusier coined the term „Ingenieur-Ästhetik“ (engineering aesthetics). He thus enhanced the status of such buildings by putting them on the same level as a work of art. The silo is still used for storing seeds.
Unclad silos are now the norm as we see when we look at the present oil mill. Concrete silos and metal tanks, connected by a gigantic pipeline system, dominate the picture. In contrast to today's gigantic silos, the 1929 construction looks stylish and even elegant. The whole building can be viewed from the bridge next to the lock. In the background we see the 65 metre high storage silo from the early 1970s, which accommodates 16,000 metric tons of rapeseed. The 40 old silos held 12,000 metric tons in all. Bunge now processes approximately 1.1 million metric tons of rapeseed per year.
Edible oil has been extracted from oil-rich seeds here since 1907. In 1887, the oil company, which grew from the fusion of six southern German oil factories, was founded in Mannheim. The VDO developed into one of the largest oil seed mills in Europe. Industrialization, population growth and a high calorie diet led to a sharp rise in demand for edible oil.
In 1920, the VDO became international. The mill was first bought by the Dutch company Unilever, 70 years later by a French-Italian company, and it changed owners yet again in 2002 when it was bought by the American Bunge-Konzern. After two serious fires – the most recent one in 2010 – and as a result of advancing technology, the oil mill now owns new, ultra-modern equipment. This has made it one of the most efficient mills in Europe. The rapeseed oil that is produced here is used in the biodiesel industry, as cooking oil, for margarine and also as an additive in lipsticks, medicines and even floor coverings. Rapeseed meal, the de-oiled rapeseed, is used as a protein-rich animal feed.
Directly next to the oil mill Bunge is the subsidiary Mannheim Bio Fuel GmbH. Since 2006, most of the rapeseed oil produced in the mill is processed here into biodiesel.
IMAGES:
The photo from the 1930s shows the lightly built-up plot. After suffering severe war damage, the oil mill was rebuilt. About 500 people worked at VDO in the 1960s. In 2014, due to automation, 180 people are employed. 60 of them are also members of the firm’s fire brigade. They undergo the same training as professional firefighters.
Trucks, tractors and ships pick up the products directly from the factory. This picture shows a ship loading rapeseed meal. However the rapeseed itself is delivery directly to the Rhenus grain warehouse. This warehouse is connected to Bunge by a conveyor belt – a so-called „Saatbrücke“ (seed bridge).
Fon: 0621 - 3704 0
Aus der City kommend über die Jungbuschbücke in die Helmholtzstraße einbiegen, weiter auf die Inselstraße der Friesenheimer Insel fahren. Die Ölmühle liegt nahe der Kammerschleuse, am Bonadies- bzw. Kaiser-Wilhelm-Hafen. Zufahrt über die Bonadiesstraße.
Nächste VRN-Haltestelle: Mannheim, Bonadiesstraße
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