Die Hausecken, die Dachtraufen, vorgesetzte Fassadenteile und sogar die Schmuckbänder verlassen an den Enden jeweils den rechten Winkel. Sie sind zackenförmig herausgezogen und verleihen dem großen Baukörper einen ungewöhnlichen Schwung. Im expressionistischen Stil hat die Deutsche Reichspost 1926 ihr neuntes Postamt in Mannheim bauen lassen.
Die viergeschossige Dreiflügelanlage wird von einem niedrigen Walmdach bedeckt. Auf einem Sockel aus dunkelroten Klinkern erhebt sich ein heller Putzbau. Der repräsentative Haupteingang mit breiter Freitreppe ist mit Klinkern eingerahmt, darüber prangt der Reichsadler und der Schriftzug Postamt in art-deco-Typografie.
Die Kunststein-Bänderung über und unter den Sprossenfenstern betont die Horizontale. Das Erdgeschoss war für den Kundenverkehr eingerichtet und wurde über 70 Jahre lang immer wieder im jeweiligen Zeitgeschmack modernisiert. Die lange verbaute ursprüngliche Stuckdecke kam bei der Sanierung 2008 wieder zum Vorschein.
Das 1. und 2. Obergeschoss diente als „Selbstanschluss-Unteramt“ für den Telefonverkehr. Dort rasselten und klickten noch in den 1980er Jahren große Telefonanlagen. Auf der Rückseite des Gebäudes weisen im 2. Stock Türen und Lastkräne auf den Transport von diesen großen Gerätschaften hin. Im obersten Stockwerk waren Dienstwohnungen für den Postsekretär, Telegrafenwerkmeister und Postschaffner untergebracht.
Im rückwärtigen Hof, der ursprünglich für die Verladung von Brief und Paketsendungen von beiden Seiten befahrbar war, stehen drei Garagen aus gelbem Backstein mit drei großen originalen hölzernen Flügeltüren. In dieser Remise ist heute ein großzügiger Schulungsraum untergebracht, darunter befindet sich das Rechenzentrum des neuen Besitzers, dessen Lüfter seitlich im Hof stehen.
Die Treppenhäuser an beiden Gebäudeseite sind noch weitgehend original erhalten. Das Haus ist als eine damals moderne Betonkonstruktion erbaut. Die aus heutiger Sicht interessant gestalteten Rippendecken können jedoch wegen feuerpolizeilichen Vorschriften nicht freigelegt bleiben. Tatsächlich waren sie nie als Sichtmauerwerk geplant.
Das Haus liegt in einer Wohngegend der Schwetzingervorstadt an der Grenze zur Oststadt, die als gesamtes Ensemble mit Jugenstilhäusern und expessionistischen Bauten gut erhalten ist. Es lohnt sich, hier den Blick öfter mal nach oben zu heben.
Postamt
Firmensitz. Rechenzentrum und Schulungszentrum der Softwarefirmen PTA und DATIS
Als Postamt Nr. 9 diente es der „deutschen Reichspost“ für Brief- und Paketverkehr und Telegrafenamt sowie als Wohnhaus für Postbeschäftigte. Kriegsschäden sind nicht zu erkennen. Nach der Umfirmierung in Deutsche Bundespost 1949 blieb die Nutzung als Postamt 19 weiter bestehen.
2005 Verkauf des Gebäudes an die Softwarfima und Schließung der Postfiliale 2007 Nach zwei Jahren intensiver Umbauphase wurde das Gebäude 2009 neu bezogen.
Monika Ryll: Info-Blatt mit Objektbeschreibung anlässlich des Tags des offenen Denkmals 2008 Führung und Interview mit dem Architekten Christian Hertweck
Software Firma PBS GmbH
Architekt: Christian Hertweck
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