Das heute noch repräsentativ wirkende Verwaltungsgebäude ist im strengen historistischen Stil gebaut. Es wirkt so imposant, dass man die fast kilometerlange Werksanlage und den massigen Schonstein dahinter kaum wahrnimmt. Seit 2016 steht auf der gegenüberliegenden Seite der Straße das nicht minder imposante Technologiezentrum (HTC).
Als das Leimener Werk 1896 nach den Plänen von Friedrich Schott gebaut wurde, war es das größte Industriegebäude des Deutschen Reiches. Hinter dem Verwaltungsgebäude stand die damals 60 breite und 485 m lange Fabrikhalle. Die Jahreszahlen auf der Fassade neben der Werksuhr, die mittig den höchsten Punkt des Hauses bildet, weisen auf die ursprüngliche Gründung des Werkes 1873 in Heidelberg hin, die zweite Zahl 1896 ist die Gründung des Werkes in Leimen.
Das zweistöckige Gebäude ist in Kunststeinen ausgeführt, die Kalkstein und orangefarbene Verblendziegeln nachahmen. Es hat ein hohes Mansardendach. Der Eingangbereich ist vorgezogen, die Fenster über der breiten Eingangstüre werden von Figuren geziert. Ursprünglich waren auch an den Ecken des Gebäudes auf dem Dach jeweils zwei freistehende überlebensgroße Figuren aufgestellt.
Die Eingangstüre und Fenster sind leider modern und ungestaltet. Das Verwaltungsgebäude gehört neben dem ehemaligen Hallenbad, der Festhalle, der Direktorenvilla und einiger Arbeiterhäuser zu den Gebäuden der ursprünglichen Werksansiedlung. Im Bereich der Zementmühle existiert noch ein Teil der urspränglichen Werkshalle aus der Gründungszeit, die noch die alten mit Beton ausgegossenen schmiedeeisernen Pfeiler aufweist.
Direktion, Verwaltung, Betriebslabor und in den beiden oberen Stockwerken Wohnungen für Werksangehörige
Verwaltung und Analyselabor
Verwaltungbau mit Werkswohnungen
„Mit der Verlegung des Zementwerks von Heidelberg an den Ortsrand von Leimen im Jahr 1895 war kurzfristig ein großer Bedarf an Wohnungen für viele Arbeiter entstanden. Bei der Errichtung des Verwaltungsgebäudes hatte man daher die obersten beiden Stockwerke als Wohnungen ausgebaut. Bis zu 20 Familien und Einzelpersonen bewohnten bis weit in die 1930er Jahre hinein Räume im Verwaltungsgebäude des Zementwerks. Die Ausstattung der Wohnungen war, nach heutigem Maßstab, spartanisch. Als einzige Wasserentnahmestelle und auch einzige Waschmöglichkeit diente ein Spülstein. Von der Erbauung des Werksschwimmbads im Jahr 1907 an konnten die Bewohner dort duschen. Die Wände der Wohnungen waren glatt verputzt und dann mit Musterwalzen farbig bedruckt worden. Bei der Renovierung dieses Dachgeschosses wurden noch Teile des alten Putzes gefunden.” (Quelle: Texttafeln im Portland-Museum)
Werksgeschichte
Bereits am 13. März 1895, nur wenige Wochen nachdem das Heidelberger Werk bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, unterzeichnete Friedrich Schott einen Vertrag mit der Gemeinde Leimen über die Ansiedelung des Zementwerks auf Leimener Gemarkung. Für die Neugründung des Werks in Leimen hatten das bestehende Verbindungsgleis und die gewährten Ansiedelungshilfen schließlich den Ausschlag gegeben. Unverzüglich wurden die Planungen und Bauvorbereitungen aufgenommen. In Leimen entstand nach Schotts Plänen das größte Industriegebäude des Deutschen Reichs.
Auf mit Beton ausgegossenen schmiedeeisernen Pfeilern wurde eine 500m lange und 60m breite Fabrikhalle errichtet. Lediglich die potenziell feuergefährdete Fassküferei und einige Nebenbetriebe waren außerhalb des Gebäudes angesiedelt. Ende Dezember 1895 nahm die Fabrik die Produktion auf. Die Fabrikanlage war nach modernen verfahrenstechnischen Maßstäben aufgebaut. Das Produkt wurde nur maschinell und ohne Menschenarbeit befördert und bearbeitet. Handarbeit war lediglich im Ofenbetrieb in größerem Umfang notwendig geblieben.1899 waren 1.110 Arbeiter und Angestellte beschäftigt.
Das Portland-Cement-Werk Heidelberg in Leimen war schon um die Jahrhundertwende trotz moderner Bauweise an eine Leistungsgrenze gestoßen. Für eine weitere Produktionserhöhung war es unabdingbar, die Produktion in den bisherigen Ringöfen aufzugeben. Im Jahr 1902 kamen die ersten Drehöfen zum Einsatz.
Die Produktionserhöhung verlangte außerdem nach einer Steigerung des Gesteinsabbaus, der ab 1909 nach dem sogenannten Rolloch-Verfahren erfolgte. Die Bohrlöcher wurden bereits mit Druckluftstoßmaschinen gebohrt und machten den Gebrauch von Pickel und Schaufel größtenteils unnötig.
Auf dem Zementmarkt herrschte ein ruinöser Preis- und Übernahmekampf. Im Zeitraum zwischen 1877, dem Gründungsjahr des Vereins Deutscher Portland-Cement-Fabrikanten, und 1892 waren 31 neue Zementwerke dem Verein beigetreten. Zwischen 1895 und 1914 waren 62 Zementwerke gegründet worden. Damit war die Zementproduktion schneller als der Verbrauch gestiegen. In der Gründungsphase des Heidelberger Zementwerks 1873 lag der Zementpreis auf einem Höhepunkt von 60 Mark pro Tonne (10,80 Mark pro 180kg Normfass). Von dort sank er kontinuierlich bis 1906 auf Werte um 35 Mark ab (6,30 Mark pro Normfass).
Als sich 1899 die Gelegenheit bot, die in Liquiditätsschwierigkeiten geratene Portland-Cement-Fabrik Matthäus Lude in Nürtingen zu erwerben, nutzte Schott dies ohne zu zögern. Das war der Auftakt zu einer Reihe von Firmenübernahmen. Im Jahr 1901 kam es zur Fusion mit der Mannheimer Portland-Cement-Fabrik AG in Mannheim, die Werke in Mainz-Weisenau und Mannheim einbrachte. Das neue Unternehmen firmierte unter „Portland-Cement-Werke Heidelberg und Mannheim AG”. In rascher Folge wurden die Werke in Budenheim am Rhein, Diedesheim-Neckarelz, Offenbach und Ingelheim am Rhein in den Konzern einbezogen.
An allen Standorten setzte sich Friedrich Schott für den Bau verschiedenster Wohlfahrtseinrichtungen ein. In Leimen entstanden neben Werkswohnungen, eine grosse Arbeiterfesthalle und ein Hallenbad. Zur sozialen Sicherung der Arbeiter gab es eine Unterstützungskasse, Werkssparkassen und Sonderzahlungen zu verschiedenen Anlässen.
Der Beginn des Ersten Weltkriegs im August 1914 stürzte die Zementindustrie in kurzer Zeit in eine tiefe Krise. Der Zementabsatz der Portland-Cement-Werke Heidelberg fiel bereits 1915 auf 43% des Jahrs 1913, um dann bis 1918 auf 37 % zurückzufallen. Friedrich Schott, der in der Krise auch stets die Chance sah, setzte auf weitere Expansion.
Am 24. August 1918 unterzeichnete Schott den Fusionsvertrag mit einem Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft. Das neue Unternehmen verfügte nun neben den bereits genannten Zementwerken über weitere Werke in Allmendingen, Ehingen, Marienstein, Münsingen, Schelklingen sowie über zwei Cannstatter Ziegeleien und firmierte unter dem Namen „Portland-Cement-Werke Heidelberg-Mannheim-Stuttgart AG”. Die folgenden Krisenjahre führten zu einer Reihe von Werksstilllegungen und damit zu Standortkonzentrationen.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde in Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges die Zementproduktion massiv ausgebaut. (Westwall, Bunker, Autobahnen, weitere staatliche Bauvorhaben) Auch die Portland-Cement-Werke Heidelberg wurden in das Zwangskartell Sondering Zement einbezogen.
Unter der alliierten Militärregierung nach 1945 nahmen die meisten Werke sofort wieder den Betrieb auf. Die Zeit des Wiederaufbaus brachte auch für die Zementindustrie eine stürmische Aufwärtsentwicklung. Bis zum Ende der 60er Jahre war Heidelberger Zement ausschließlich im süddeutschen Raum präsent.
Die ersten Schritte zur Internationalisierung erfolgten mit einer Beteiligung an dem französischen Zementhersteller Vicat S.A. und 10 Jahre später mit dem Erwerb von Lehigh Portland Cement Co. in den USA. Die politischen Veränderungen in Osteuropa boten die Chance, sich in Ungarn, der Tschechischen Republik und Kroatien zu engagieren. Die Übernahme der CBR. S.A., des größten belgischen Zementunternehmens mit breiter internationaler Präsenz im Jahr 1993 forcierte das internationale Engagement.
Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung bildet die Übernahme des schwedischen Konzerns Scancem, durch welchen insbesondere die Unternehmensregionen Nordeuropa und Afrika hinzukamen. Heute zählt Heidelberger Zement zu den drei größten Baustoffherstellern der Welt.
Dietmar Cramer & Steffen Fuchs, „Von Menschen und Zement – die Geschichte des Zementwerks Leimen“, Heidelberg 2001, S. 86-88
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