Fährtürme gibt es nicht viele. Anderenorts dienten sie früher als Verteidigungsanlage oder als Brückenköpfe. Der in Nordheim war die Unterkunft für den Fährmann und seine Familie. Aus regelrechten Sandsteinquadern gefügt steht er Dauerhaftigkeit ausstrahlend direkt am Hochwasserdamm auf der rheinabgewandten Seite.
Der Betrieb der Gierseil-Fähre (Wikipedia) ist längst eingestellt. Spuren werden besonders bei Niedrigwasser sichtbar: die mit Sandsteinköpfen gepflasterte Rampe und die Verankerungsbohlen für das Gierseil westlich der großen Kiesbank.
Spuren einer hölzernen Behelfs-Brücke nördlich der ehem. Fähre sind nur bei extremen Rheinpegel (z. B. Aug. 2022) sichtbar. heimatverein-nordheim.de/index.php/ueberreste-der-kriegsbruecke/
Fährturm
Ausstellung
1897 wurde als Fahrwasser für die großen Rheinschiffe die Rheindürkheimer Flusshälfte bestimmt. Das bedeutete, dass die Fähre während der Nachtzeit auf der Nordheimer Seite liegen musste und, dass der Fährmann zum Dienstantritt und zum Dienstende, jeweils mit dem Nachen über den Rhein zurück nach Rheindürkheim ruderte. Das war besonders im Winter beschwerlich und manchmal übernachtete er in dem einfachen Wartehäuschen für die Fahrgäste, das damals direkt am Ufer stand. Das war auf Dauer kein Zustand.
Deshalb wurde von der Hessischen Landesregierung im April 1901 der Fährturm aus Neckarsteinen durch Michael Dennier aus Rheindürkheim in Anlehnung an neuromanische Stilelemente errichtet. Dieser sollte als Dienstwohnung des Fährmanns dienen. Im Obergeschoss war das Schlafzimmer, in der Mitte das Wohnzimmer und im Untergeschoss die Küche, die gleichzeitig, bei schlechtem Wetter, den Fahrgästen als Unterschlupf diente. Adam Wartenberg war der erste Fährmann der mit seiner Frau von Rheindürkheim in den Fährturm nach Nordheim zog. Um den Turm legte er einen Garten mit Hof an, hielt Hühner und Kleinvieh und war somit weitgehend Selbstversorger.
Der spätere Fährmann Muth hat neben dem Turm 1921 eine eigene offizielle Gastwirtschaft „Zur Waldesruh“ eröffnet. Er hatte das erste Kopfhörerradio mit Batterie in der Umgebung. Die Antenne war von der Turmspitze in den Wald gespannt. Der Turm hatte, bis heute, weder Strom- noch Wasserversorgung. Ein Bad gab es nicht und die Toilette war nach der Mode von 1901 als Plumpsklo ausgeführt.
Von der alten Einrichtung des Turms hat sich leider nichts erhalten. Zeitweise nutzten ihn die Wormser Pfadfinder, dann hat ihn sich in den 1970er Jahren die Dammbauleitung innen ausgebaut.
Der Verein für Heimatgeschichte Nordheim hat 2014 den Fährturm übernommen und im Innern eine kleine Ausstellung zur Rheinschifffahrt und dem Fährwesen eingerichtet. Außerdem bietet der Verein Besichtigungen und Eventführungen an.
Rudi Doerr: rudi.doerr@t-online.de
Nächste VRN-Haltestelle: Nordheim (Rhein), Rathaus
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