„Vermutlich wird sich manch` einer wundern, was das Schulhaus mit einem solch` großen Turm macht. Der Turm macht aber mit dem darum herumgebauten Gebäude einen schönen Anblick.“ So kommentiert 1914 ein Stadtrat das Ensemble aus Wasserturm und Schule, das ungemein wuchtig und reichlich verziert heute am Eingang zum Stadtteil Luzenberg steht.
Seit 1979 dient der Gebäudekomplex nur noch als Schule, der Wasserbehälter ist als technisches Denkmal zwar erhalten aber nicht öffentlich zugänglich. Dennoch lohnt es sich, das Entree der Schule zu betreten, denn die alte prächtige Holztüre des Turms mit ihren schmiedeeisernen Verzierungen und grünem Jugendstil-Glas ist erhalten. Sie führt zum Erdgeschoss des Wasserturms, in dem sich eine Cafeteria der Schule befindet. Man sieht hier einen Teil der Wasserrohre und die Wendeltreppe.
Der zweite Wasserturm Mannheims
Der Wasserturm war der zweite städtische Wasserturm und entstand im Zusammenhang mit der Erweiterung des Wasserwerks in Käfertal und des Ausbaus des Industriehafens. Jedoch diente er nicht zur Versorgung der Industriebetriebe rundherum, die fast alle eigene Wassertürme bzw. Brunnen haben oder hatten. Da sein Wasserstand etwa fünf Meter höher war als der des ersten Wasserturms am Friedrichsplatz, hatte er die Funktion, den Wasserdruck im Mannheimer Leitungsnetz konstant zu halten.
Der Turm, der auf alten Fotos noch mit einer charakteristischen „Pudelelmütze“ als Dach zu sehen ist, war auch im Inneren aufwendig gebaut: Über einem massiven Sockel von etwa acht Meter Höhe wird das Mauerwerk des Turms zweischalig. Die sichtbare Außenmauer trägt lediglich die Behälterverkleidung und das Dach, während der Wasserbehälter von einer sich konisch verjüngenden Innenschale getragen wird. Der Turm ist 52 Meter hoch.
Der Turm ist reichlich mit Jugendstilmotiven mit neuromanischen Einschlägen versehen. Das ausladende obere Stockwerk des Kopfs des Wasserturms mit seinen vielen Fenstern wirkt wie bewohnt. Diese Fenster haben jedoch keine praktische Funktion, nur die schön gestalteten Fenster im Schaft des Turmes belichteten tatsächlich die Stockwerke, in deren Mitte sich die Wendeltreppe nach oben windet.
Schule für einen wachsenden Stadtteil
Die Schule wurde nur 3 Jahre nach Inbetriebnahme des Turmes von Richard Perrey (1866–1937) geplant und 1914 eröffnet. Wie in anderen Stadtteilen auch ist es ihm hervorragend gelungen, die Schule auf ihre Umgebung zu beziehen. Die Bebauung des Stadtteils reichte damals noch weiter bis auf den Platz der heutigen Haltestelle.
Die Schulgebäude stehen zu einander im rechten Winkel direkt am Turm. Ein Flügel war für Mädchen, der andere für Jungen. Die Schule nimmt die Jugendstilmotive des Turms nicht auf, sondern orientiert sich an Mannheimer Barocktraditionen mit rotem schwerem Sandsteinsockelgeschoss und Mansarddächern.
Das Eingangsensemble vor dem Turm, das die beiden Flügel verbindet, ist reichhaltig mit Bögen, Friesen und Ecktürmen ausstaffiert. Es lohnt sich, um den Gebäudekomplex herum zu gehen und die rückwärtige Hofseite zu betrachten. Dort ist der Turm mit einer Nixe, dem Stadtwappen und zwei Balkonen versehen.
Die zwei weiteren, mit grau-blauen Kacheln verkleideten Stockwerke der Schule wirken leicht und sachlich. Perrey selbst wies darauf hin, dass wegen der Luftverschmutzung durch die nahen Industrieanlagen eine Sandsteinausführung nicht in Frage komme.
Wasserturm, Schule
Schule
Kurz vor der 300-Jahr-Feier der Stadt Mannheim und wegen seiner Nähe zum Renommierprojekt "Industriehafen" sollte der zweite Wasserturm der Stadt etwas Besonderes werden. Man schrieb deshalb am 10. Mai 1906 einen Architektenwettbewerb aus, der 29 Entwürfe einbrachte. Den ersten Preis erhielt Ernst Plattner (1880–1966), noch vor Albert Speer sen. (1863–1947). Realisiert wurde er aber nicht, denn schon der Kostenvoranschlag erschien zu teuer.
Umgesetzt wurde kurzerhand ein Entwurf eines städtischen Architekten, Bauinspektor Otto Eberbach (1876–1935). Als „Abteilungsvorstand im Hochbauamt“ wurde ihm im August 1906 die Bauleitung übertragen. Doch bereits nach einem Jahr nahm er eine Stelle im Saarland an und kümmerte sich nicht weiter um die Bauausführung.
Der Turm wurde 1909 in Betrieb genommen. Da sich aufgrund der neu angesiedelten Industrie der Arbeitervorort Luzenberg ausweitete, war ein Schulbau erforderlich. Die Schule wurde 1912–1914 an den Turm nach Plänen von Stadtbaurat Richard Perrey angebaut. In den Plänen von Erbach war diese Möglichkeit bereits vorgesehen.
Im 2. Weltkrieg war der Turm schwer beschädigt und danach nur notdürftig repariert worden. Erst nach seiner Stilllegung als Wasserturm im Jahr 1976 wurde 1977/78 die Schule generalsaniert. 2008 wurde das Turmdach mit Kupfer neu eingedeckt.
- Gieseler/Ryll: Wassertürme in Mannheim, Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Mannheim Nr. 9, Mannheim 1997
- Andreas Schenk: Bauten für Versorgung und Entsorgung, in Mannheim und seine Bauten 1907–2007 Band 4, Seite 98
- Andreas Schenk: Schulen, in Mannheim und seine Bauten 1907–2007 Band 3, Seite 21
- Gudrun Brugger, Broschüre zur Schuleinweihung nach der Generalinstandsetzung 1979 (siehe Downloads) Bericht im Mannheimer Morgen (siehe Downloads)
- Broschüre:100 Jahre Wasserturm Luzenberg, Festschrift, Herausgeber Förderverein der Luzenbergschule Hauswirtschaft e.V., April 2008
Luzenbergschule Mannheim
Hauswirtschaftliche Berufs- und Berufsfachschule
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Die schönste Sicht hat man von der Haltestelle Luzenberg aus. Das Hauptportal ist an der Ecke Sandhofer Straße/Eisenstraße.
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Von Außen immer zugänglich. Der Wasserturm ist von innen öffentlich nicht zugänglich.
Öffnungszeiten des Schulsekretariats: während der Schulzeiten 07:45 - 12:00 Uhr, dienstags 07:45 - 15:00 Uhr