Als „barockes Bankpalais“ wird das repräsentative Eckhaus in der Mannheimer Innenstadt bezeichnet. Mit seiner gelb-weißen, regelmäßig gestalteten Fassade, den hohen Sprossenfenstern und hervortretenden Gesimsen fällt es im Straßenbild der Fußgängerzone angenehm aus dem Rahmen des Üblichen. Eine schmiedeeiserne Eingangstüre prangt an den Planken. Die Initialen B und B in goldfarbenen Kränzen und Ranken weisen auf die Badische Bank hin, die hier lange Zeit residierte.
Die Fenster im Erdgeschoss sind ebenfalls mit gebogenen, geschmiedeten Metallgittern gesichert. Über dem Eingangsportal thront ein Balkon, dessen schwere Träger die Eingangtür darunter geradezu schmächtig erscheinen lassen. Das Haus ist drei Stockwerke hoch und sein Dach weist eine doppelte Reihe von Gauben auf.
Geht man in die Seitengasse, reckt sich ein moderner Anbau in die Straße, der das alte Gebäude regelrecht bedrängt. In einer Nische ist ein weiteres Portal angebracht, das jedoch vollständig mit einem modernen Glasfenster versiegelt ist. Es wirkt in der Enge der Hausnische zum modernen Anbau deplaziert und versteckt zugleich, wie in die "Schmuddelecke" verbannt.
Spätestens hier merkt man auch, dass die barocke Anmutung nicht „echt“ sein kann. Es handelt sich um einen Wiederaufbau mit historischer Optik, zum geringeren Teil unter Verwendung von Originalmaterialien. Die rückwärtige Portaleinfassung stammt dabei tatsächlich aus dem 18. Jahrhundert. Das Portal wurde allerdings von der ehemals 11 achsigen (heute nur 5 achsigen) Seitenfassade an diese Stelle verlegt. Im Erdgeschoss sind zwischen den Fenstern blaue Werbebanner der Bank angebracht, die sehr aufdringlich wirken und die barocke Anmutung schmälern.
Das gesamte Mauerwerk der beiden Schmuck-Fassaden ist aus den 1970er Jahren. Sämtliche Architekturteile (Fenster- und Türgewände, Gesimse, Lisenen) bestehen aus Epoxydharz. Es handelt sich also nicht um Steinmetzarbeiten aus Sandstein wie im 18. Jahrhundert üblich. Die BW-Bank, die heutige Besitzerin, hat das Haus 2009 als Standort aufgegeben und will es 2012 abreißen lassen, um neu zu bauen. Gegen diese Pläne gibt es in Mannheim heftigen Widerstand in der Bürgerschaft.
Wohnhaus, Geschäftshaus, Bankhaus
Leerstand
Die wechselvoll Nutzung des Stadtpalais
Erbaut wurde das Haus um 1720 zunächst als zweistöckiges Stadtpalais für den Kriegskommissariatsdirektor Johann Nikolaus von Scherer. Seine Erben verkauften das Wohnhaus 1782 an Kommerzienrat Gerhard Maendel, der es jedoch bald wieder weiter veräußerte. Ingesamt fünf Mal wechselte das Eckhaus seine Besitzer, meistens als Wohnhaus für betuchte Kaufleute und Bankiers. Zuletzt wohnte von 1845 bis 1870 der Tabakhändler Gabriel Hirschhorn dort. Dieser verkauft das Anwesen an die neu gegründete Badische Bank, die mit Ihren Nachfolgeunternehmen fast 140 Jahre lang den Standort hielt.
1902 muss es zu einem grundlegenden Umbau des Hauses gekommen sein. Vermutlich stammt auch aus dieser Zeit die reich verzierte Tür, die vom Mannheimer Kunstschmied Joseph Neuser (1864-1952) geschmiedet worden ist, der auch das Tor des Klinikums schuf, das bei der Pariser Weltausstellung 1900 gezeigte wurde. Den zweiten Weltkrieg überlebt das Barockhaus in der ansonsten weitgehend zerbombten Innenstadt ohne größeren Schaden.
Das historische Gebäude stand seit 1949 unter Denkmalschutz. (Vor Inkrafttreten des bad.-württ. Denkmalschutzgesetzes 1972 gab es bereits für das Land Baden ein Denkmalschutzgesetz von 1949). Doch die Bank wollte in den 1970er Jahren das Haus nach ihren neuen Bedürfnissen umbauen: Die Holzbalkendecken seien marode und die Zuschnitte der Räume unpassend.
Der Denkmalschutz genehmigte damals den Abriss und Aufbau in historischer Optik unter Auflagen. 1974 bis 1976 baute Architekt Andreas Plattner das barocke Gebäude auf den Planken um. Die Fassade gestaltete er historisierend, doch leider mit wenig wirklich historischer Bausubstanz. Das Gebäude ist insgesamt höher, die zweite Gaubenreihe (für Aufenthaltsräume) ist neu. Der Neubau ist deshalb in der Liste der Kulturdenkmäler nicht mehr als Baudenkmal ausgewiesen.
Bis in die 1970er Jahre sind viele historische Gebäude abgebrochen worden, besonders in den 1950er und 1960er Jahren infolge des Wiederaufbaus. In den 1970er Jahren wurden dann insbesondere Industriebauten abgerissen. Damals hatte man noch wenig Sinn für die Erhaltung historischer technischer Bauten, die aufgrund modernerer Produktion oder neuer Ver- und Entsorgungsstrukturen nicht mehr gebraucht wurden. Neubau war „in“, man wollte sich „was neues leisten“, die Umnutzung alter Bausubstanz war für Kreative noch unentdeckt.
Das „Bank-Palais“ in O 4,4 gilt vielen BürgerInnen als das "Schmuckstück der Planken". Es ist ein Stück Identität, unabhängig davon, ob es unter Denkmalschutz steht oder nicht.
Geschichte der Badischen Bank
Die Badische Bank war von 1870 bis 1935 Notenbank von Baden, also eine Bank, die für die Geld- und Währungspolitik eines Staates zuständig ist. „Staat“ hießen bis 1871 in Deutschland eine Vielzahl von Kleinstaaten, die auch unterschiedliche Währungen hatten. Bereits 1844 wurde im Badischen Landtag die Gründung einer eigenen Notenbank diskutiert.
Schon 1848 und 1854 gab das Großherzogtum Baden Papiergeld aus. Man wollte von auswärtigen Banken - vor allem in Frankfurt - unabhängig sein. Widerstände verzögerten die Gründung eine Notenbank aber bis 1870, als die Handelskammern in Mannheim und Karlsruhe den Gesetzentwurf zur Errichtung einer Badischen Bank ausarbeiteten und durch den Landtag brachten.
Am 25. März 1870 erhielt die Badische Bank ihre Konzession als Privatnotenbank durch die Regierung des Großherzogtums Baden.
Die ersten Aktien der AG wurden schließlich am 01.10.1871 ausgegeben. Neben dem Großherzogtum selbst waren auch andere Aktionäre an der Bankgründung beteiligt.
Bereits 1871 wurde eine Filiale in Karlsruhe eröffnet. Die Bank verfügte über das Recht, Banknoten bis zum Dreifachen des eingezahlten Kapitals auszugeben. 1/3 des Notenumlaufs mussten durch Silber, 2/3 durch Gold oder Wechsel gedeckt sein. Im Gegenzug für das Notenbankprivileg war die Bank verpflichtet, ein Fünftel des Gewinns nach Abzug einer 5-prozentigen Dividende an das Land auszuschütten.
1870 gab die Badische Bank 10-Gulden-Noten heraus, zum 1. Juli 1871 50-Gulden-Noten. Im Jahr 1874, nach der reichsweiten Einführung der Mark als Währung, gab die Bank 100-Mark-Noten aus.
In der Inflationszeit der 1920er Jahre war der Nennwert rapide angestiegen: Banknoten mit Nennwerten von 500 Mark (1. August 1922), 5.000 Mark, 10.000 Mark, 500.000 Mark, 1 Million Mark, 20 Millionen Mark, 2 Milliarden Mark und 100 Milliarden Mark (30. Oktober 1923). Von diesen Banknoten finden sich noch heute viele auf Sammlerbörsen.
1932 wurde der Hauptsitz der Badischen Bank nach Karlsruhe verlegt. 1935 hob die nationalsozialistische Regierung das Notenprivileg auf. In der Folge expandierte die Bank zur „regulären“ Geschäftsbank. Als solche beteiligte sie sich auch am Geschäft der „Arisierung“: Dem günstigen Erwerb zahlreicher Banken von jüdischen Besitzern, die zum Verkauf gezwungen wurden. (Vergl, Ingo Köhler, 2005: Die "Arisierung" der Privatbanken im Dritten Reich: Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung).
1978 fusionierte die Badische Bank mit der Württembergischen Bank und der Handelsbank Heilbronn zur Baden-Württembergischen Bank mit Hauptsitz in Stuttgart. Diese wurde 2001 von der Landesbank Baden-Württemberg übernommen.
- Artikel im Mannheimer Morgen vom 27.01.2012
- Ingo Köhler, 2005: Die "Arisierung" der Privatbanken im Dritten Reich: Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung
- Wikipedia zum Thema Geschichte der Badischen Bank Mannheim, Mittelpunkt im Rhein-Neckar-Raum, 1970 (das Bild Nr.2 ist darin veröffentlicht)
Nächste VRN-Haltestelle: Mannheim, Strohmarkt
VRN-Fahrplanauskunft