Der bekannte Mannheimer Architekt Albert Friedrich Speer (1863-1947) lieferte die Entwürfe für diese imposante Dreiflügelanlage. Er übernahm auch die Bauleitung. Die Fassade wurde von dem Darmstädter Hochschullehrer und Architekten Friedrich Pützer (1871-1922) erarbeitet. Der Münchener Architekt Richard Berndl (1875-1955) und der ebenfalls dort ansässige Bildhauer Heinrich Waderé (1865-1950) schufen die Innenausstattung und den plastischen Schmuck.
Das Gebäude zählt zu den repräsentativsten Verwaltungssitzen in der Quadratestadt. Die viergeschossige monumentale Anlage ist an den Straßenfassaden vollflächig mit gelbem Sandstein verkleidet. Die Hauptfassade an der Augustaanlage wird durch ionische über drei Stockwerke reichende Halbsäulen charakterisiert. Die drei oberen Etagen der beiden Fassaden an der Karl-Ludwig-Straße und Otto-Beck-Straße werden durch ionische Pilaster hervorgehoben. Säulen und Pilaster weisen in klassisch mustergültiger Weise Kanneluren auf. Das Erdgeschoss ist durch eine rustizierte Quaderung als "tragendes" Bauteil gekennzeichnet. In den Seitenstraßen zieren im oberen Bereich Medaillons mit Motiven des Firmenportfolios die Fassaden.
Der historische Dachstuhl zählt zu den Verlusten des Zweiten Weltkriegs. Das Mansarddach wurde bei der letzten Sanierung im Jahre 2004 mit Naturschiefer und im Spitzboden mit naturroten Falzziegeln eingedeckt. Das Gebäude ist stark durchfenstert. Niedrige Sandsteinbalustraden sichern die Fenstertüren der ersten Etage; waagrechte Verdachungen gliedern die Fenster des darüberliegenden Stockwerks.
Die innere Raumstruktur der einzelnen Stockwerke wurde beim Umbau zu Beginn des 21. Jahrhunderts in vier Eigentumseinheiten aufgeteilt. Dies erforderte zwei zusätzliche Treppenhäuser mit Aufzügen, die an die Rückfassade angebaut wurden.
Verwaltungsgebäude der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft
Büro und Gewerbe
Mittelpunkt der elektrotechnischen Entwicklung am Ende des 19. Jahrhunderts waren Berlin und Nürnberg. Hier entstanden große Fabriken für elektrische Maschinen und von hier ging auch der Anstoß zur deutschen Elektrizitätswirtschaft aus. In Mannheim errichtete Schuckert & Co. im Jahre 1888 eine Generalvertretung, die im Jahre 1891 in ein technisches Büro und vier Jahre später in eine Zweigniederlassung umgewandelt wurde. Durch Kontakte des Mannheimer Großkaufmanns Carl Noether und des Karlsruher Baniers M. A. Strauß zum Generaldirektor der Elektrizitätsgesellschaft vorm. Schuckert & Co. Alexander Wacker, der direkte Nachfolger des erkrankten Sigmund Schuckert, kam es am 1. Juli 1897 zu einer Interessensvereinigung und zur Umwandlung der Zweigniederlassung in eine Aktiengesellschaft, der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft für elektrische Industrie AG in Mannheim.
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten das Bankhaus W. H. Ladenburg & Söhne (Mannheim), die Süddeutsche Bank (Mannheim) und die mit Eisen und Metalle handelnde Mannheimer Firma Joseph Noether & Co., in der Carl Noether einer von drei Geschäftsführern war. Vorstand der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft wurde Dr. F. Fick. Später trat der technische Leiter des Saarbrücker Büros, der Oberingenieur Heinrich Dillenius als Mitglied des Vorstands hinzu. Im Aufsichtsrat saßen bei Gründung des Unternehmens: Carl Ladenburg (Mannheim), G. Schneider (Mannheim), Ernst Bassermann (Mannheim), H. Bissinger (Nürnberg), Th. Roehn (Nürnberg), H.R. Seebohm (Malstatt-Burbach), M. A. Strauss (Karlsruhe) und der bereits erwähnte Carl Noether. Im Jubliäumsjahr 1922 setzte sich der Aufsichtsrat wie folgt zusammen: Theodor Frank (Berlin), O. Ritter von Petri (Nürnberg), Max Berthold (Nürnberg), Hans Clemm (Mannheim), Franz Ludowici (Ludwigshafen), Otto Noether (Mannheim), M.A. Strauss (Karlsruhe), Max Hesse (Mannheim) und Hermann Lotz (Mannheim).
Die Aufgabe der Gesellschaft bestand in der Errichtung elektrischer Anlagen für Fabrikbetriebe, Hochöfen und Hüttenwerke sowie im Bau und in der Verwaltung von Elektrizitätswerke für Gemeinden. Der scharfe Wettbewerb unter den elektrotechnischen Gesellschaften und das Entstehen immer neuer Fabrikations-Firmen führte kurz nach 1900 zu einer schweren Krise, in deren Folge sich Siemens & Halske und Schuckert & Co. im Jahre 1903 zu den Siemens-Schuckertwerken und 1904 in Mannheim zu den Rheinischen Siemens-Schuckertwerken zusammenschlossen, um ein Gegeneinanderarbeiten im südwestdeutschen Raum zu verhindern. Die neue Gesellschaft hatte die Fabrikate der Siemens-Schuckertwerke zu vertreten. Der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft verblieben nur die Elektrizitätswerke in Achern, Edenkoben und Bammental sowie die Blockstationen in Mannheim und Metz, ferner der Pachtbetrieb des Elektrizitätswerkes in Saarbrücken. Als im Jahre 1904 Oskar Bühring den Vorstandsvorsitz übernahm, verlegte man den Schwerpunkt des Unternehmens auf die Gründung, die Finanzierung, die Errichtung und den Betrieb von öffentlichen Elektrizitätswerken. Das Betätigungsfeld der Rheinelektra reichte nach Rheinhessen, in die Pfalz, ins Mosel-Saar-Gebiet und bis nach Südbaden. Im Jahre 1917 wurde der Vertrag mit den Siemens-Schuckertwerken in beiderseitigen Einvernehmen wieder aufgehoben und der Name in Rheinische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (abgekürzt: Rheinelektra) geändert.
Bis 1928 wurden 10 größere Kraftwerke, 11000 km Hochspannungsleitung, 2300 Transformatorenstationen, 2700 Ortsverteilungsnetze und 500000 Licht- und Kraftanlagen für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erstellt. Mit der Stadt Mannheim und der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft wurde die Oberrheinische Eisenbahngesellschaft AG gegründet. Ab 1920 übernahm die Rheinelektra die Planung und Bauleitung des Großkraftwerks Mannheim mit einer Leistung von 40000 KW. Dieses Werk vereinigte alle an der Stromversorgung der Industriebezirke Nordbadens und der Pfalz beteiligten Elektrizitätsunternehmen: das staatliche Badenwerk, die Stadt Mannheim, die Pfalzwerke und die Neckar A.G. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte die Rheinelektra ca. 2000 Mitarbeiter.
Mit der Niederlassung in Mannheim musste auch ein repräsentativer Firmensitz geschaffen werden. 1911 richtete sich die Rheinelektra in einem kurz zuvor konzipierten Neubau in der Karl-Ludwig-Straße 28-30 ein. Doch schon bald war dieses Gebäude, das 1920 an die Thyssen'sche Handelsgesellschaft verkauft wurde, als Verwaltungsgebäude zu klein. So führte die Unternehmensvergrößerung im Jahre 1913 zum Bau des Verwaltungsgebäudes in der Augustaanlage.
Darüber hinaus verblieb das technische Büro an den Planken in P 7,25 als Liegenschaft der Rheinelektra.
Im Jahre 1969 wurde das Gebäude umfassend saniert. Die Behebung der Kriegs- und Witterungsschäden - vornehmlich im Dach und in den beiden Flügeln - dauerte neun Monate. Auch die beiden "stilwidrigen" Figuren am Haupteingang wurden damals entfernt und zur rückwärtigen Gartenfläche verbracht. Bei der letzten Sanierung im Jahre 2004 kamen sie wieder an ihren angestammten Platz zurück.
Infolge erheblicher Umsatzsteigerungen während der Wiederaufbauzeit stieg die Divende im Jahre 1962 auf 18 %. In den 1970er Jahren musste die Mitarbeiterzahl auf ca. 3000 reduziert werden. 1982 wurde der Laden in den Planken als Fachgeschäft umgestaltet.
Auf dem rückwärtigen ehemaligen Gartengrundstück in der Augustaanlage errichtete die Rheinelektra nach Entwürfen des Mannheimer Architekturbüros Schmucker zwischen 1986 und 1988 mit dem sogenannten Technikum ein Gebäude, das vorwiegend der Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter im technischen Bereich diente.
Doch schon im Jahre 1997 fusionierte die RWE, die seit 1936 alle Anteile an der Rheinelektra besaß, das Mannheimer Unternehmen mit der Frankfurter Lahmeyer AG, ebenfalls eine RWE-Tochter. In Mannheim verblieb zunächst noch der Verwaltungssitz der Gebäudetechniksparte. Aber auch diese wurde 2002 an einen holländischen Konzern veräußert. Das Gebäude wurde anschließend auf dem freien Markt veräußert und enthält nach Umbau und Sanierung Büro- und Gewerbeflächen.
- Heinrich Schöberl: Die Rheinische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (Rheinelektra) Mannheim. Ein Rückblick über 25 Jahre, 1922
- Mannheim. Das Kultur- und Wirtschaftszentraum Südwestdeutschlands, hrsg. von der Mannheimer Stadtreklame GmbH 1928, S. LXVI und LXVII
- Andreas Schenk: Mannheim und seine Bauten 1907-2007, Bd. 2, Mannheim 2000, S. 105
ÖPNV: Straßenbahnlinie 6 (Haltestelle Pestalozzistraße); Buslinien 60, 63 und 64 (Haltestelle Otto-Beck-Straße)
öffentlich nicht zugänglich