In dem Neubau in N 7,18, der auf einem Teil der barocken Festung entstand und für den die großbürgerliche Villa des Bankiers Ferdinand Ladenburg aus dem späten 19. Jahrhundert abgebrochen werden musste, konnten verschiedene Abteilungen zusammengelegt werden. Nach Plänen des Leiters des firmeneigenen Berliner Baubüros Hans Hertlein (1881-1963) wurde ab 1921 eine repräsentative Dreiflügelanlage konzipiert, in der auch das technische Büro von Siemens & Halske sowie die Verkaufsstätte der Protos-Automobile, ein um 1910 entwickeltes Elektroauto der Fa. Siemens & Halske, untergebracht waren. Die Bauleitung übertrug man dem Mannheimer Architekten Reichenbächer. Das Siemenshaus war Vertriebsstätte für „elektrotechnische Erzeugnisse aller Verwendungsgebiete in Haus, Handwerk, Industrie und Landschaft”.
Das Siemenshaus wurde in den Jahren 1921-22 zum 75-jährigen Jubiläum der Fa. Siemens als Verwaltungsgebäude nach einem Entwurf des Berliner Architekten Hans Hertlein errichtet. Das Gebäude ist in seinen äußeren Formen mit geringen Veränderungen erhalten. Von der Innenausstattung existiert allerdings nur noch der ursprüngliche Treppenlauf mit Foyer. In den Innenräumen sind ansonsten keine nennenswerten historischen Befunde mehr erkennbar. Die Malereien im Innern von G.G. Klemm sind nicht mehr vorhanden. Auch die Einfriedigung mit Hofeinfahrt zu Seiten des Gebäudes existiert heute nicht mehr.
Die imposante viergeschossige Dreiflügelanlage - eine Eisenbetonkonstruktion - wird durch ein mächtiges Mansarddach - ursprünglich mit Schieferdeckung, heute mit Biberschwanzziegeln - charakterisiert. Das Dach bekrönt ein Uhrtürmchen mit Geländer und Fahnenmast. Der Ausbau des zweiten Dachgeschosses mit Einzelgauben erfolgte erst zum Zwecke der Umnutzung durch die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in den Jahren 1988-1991. Die Ecken des hellgrün gestrichenen Putzbaus werden durch Lisenen hervorgehoben. Der mittig angeordnete Hauptzugang wird durch einen Vorbau mit Altan gekennzeichnet. Die Balustrade des Altans schmücken vier reliefgeschmückte Vasen. Der bildhauerische Schmuck stammt von Josef Wackerle. Für die Architekturgliederung und Zierelemente wurde Muschelkalk verwendet. Die beiden Flügelbauten sind im Erdgeschoss durch Rundbogenfenster mit Schlusssteinen, die zum einen die vier Elemente Luft, Wasser, Erde und Feuer und zum anderen die vier Haupterdteile Europa, Amerika, Asien und Afrika darstellen, charakterisiert. An den Flügeln zuseiten des Eingangs schmückten darüber hinaus die vier Jahreszeiten die Schlusssteine der Fenster. Heute sind allerdings nur noch die Köpfe „Frühling” und „Sommer” erhalten. Das Erdgeschoss beherbergte ursprünglich Ausstellungs-, Verkaufs- und Vorführungsräume. Im nordwestlichen Flügel befand sich der große gewölbte Ausstellungsraum, in dem u.a. auch das seit 1908 von Siemens in Berlin hergestellte Elektroauto Protos zu bewundern war. Im südöstlichen Flügel war ebenerdig die Buchhaltung untergebracht. Von den beiden Direktionszimmern und vom Sitzungsraum in der ersten Etage konnte man auf den Balkon treten. Das Dachgeschoss wurde als Vortragssaal und als Kasinoraum genutzt.
Verwaltungsgebäude der Rheinischen Siemens-Schuckertwerke GmbH (ab 1927/1928 AG)
nach Umbau 1988-1991 Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Heidelberg-Mannheim
Werner Siemens (1816-1892) und Johann Georg Halske (1814-1890) gründeten im Jahre 1847 in Berlin eine Telegraphenbauanstalt, widmeten sich aber dann auch vermehrt der Erforschung der noch jungen Elektrotechnik und entdeckten 1866 die Starkstromtechnik. Mit diesem Wissen und unruhigem Forschergeist entwickelte und revolutionierte die Fa. Siemens & Halske die Vertikalhebetechnik. Auf der Pfalzgauausstellung in Mannheim im Jahre 1880 konnte das Unternehmen erstmals weltweit einen elektrischen Aufzug präsentieren. Dieser war am damaligen Hauptzollamt - gelegen zwischen Parkring und Verbindungskanal - errichtet worden und beförderte die Ausstellungsbesucher auf eine 20 m hohe Plattform, von der man einen Rundblick über das Ausstellungsgelände genießen konnte. Während der Ausstellungsdauer nutzten 8000 Personen die neue Vertikalfördermöglichkeit. Die zunehmende Industrialisierung und damit verbundene Elektrifizierung im Südwesten Deutschlands bot eine gute Grundlage für eine beispiellose Expansion des Unternehmens. So firmierte das Mannheimer Installationsgeschäft L. Frankl (später Frankl & Kirchner) bereits ab 1891 als Bezirksvertreter von Siemens & Halske; 1894 wurde in Karlsruhe die erste Generalvertretung für Baden aufgebaut. Nachdem die beiden Starkstrombetriebe Siemens & Halske (Berlin) und Schuckert & Co. (Nürnberg) im Jahre 1903 fusionierten, wurde die badische Zweigniederlassung des neu entstandenen Unternehmens Rheinische Siemens-Schuckertwerke GmbH ein Jahr später nach Mannheim verlegt. In Karlsruhe, Freiburg und Saarbrücken verblieben Unterbüros. Der Firmensitz war zunächst am Friedrichsplatz 9. Später wurde das kaufmännische Büro nach P 7,19, das technische Büro nach Q 7,23 sowie Lager und Werkstatt nach P 7,8 verlegt. Aufgrund der langen betriebsinternen Wege und des Fehlens einer repräsentativen Dependance kam vom damaligen Technischen Direktor und späteren Siemens-Vorstand Rudolf Bingel (1882-1945) die Anregung zu einem angemessenen Mannheimer Firmensitz. Bis zu jener Zeit stand in N 7,18 noch die Villa Ladenburg, in der die Diensträume des englischen Konsuls Dr. Paul Ladenburg untergebracht waren. Über einen Verwandten Ladenburgs, Vorstandsmitglied der Rheinischen Schuckert-Gesellschaft kam schließlich der Grundstückskauf zustande.
In dem im Herbst 1922 begonnenen und im Frühjahr 1923 fertiggestellten Neubau in N 7,18, der auch auf einem Teil der barocken Festung entstand, konnten schließlich die sieben verschiedenen Abteilungen zusammengelegt werden. Nach Plänen des Leiters des firmeneigenen Berliner Baubüros Hans Hertlein (1881-1963) wurde eine repräsentative Dreiflügelanlage konzipiert, in der auch das technische Büro von Siemens & Halske sowie die Verkaufsstätte der Protos-Automobile untergebracht waren. Die Bauleitung übertrug man dem Mannheimer Architekten Reichenbächer. Das Siemenshaus war Vertriebsstätte für "elektrotechnische Erzeugnisse aller Verwendungsgebiete in Haus, Handwerk, Industrie und Landschaft". Das Unternehmen, seit 1927/1928 als Aktiengesellschaft geführt, warb darüber hinaus für die "Projektierung und Ausführung elektrischer Anlagen für Elektriztitätswerke und Industrie". Um 1955 beschäftigte die Fa. Siemens in Mannheim ca. 2300, in Baden-Württemberg ca. 14000 und bundesweit ca. 111000 Mitarbeiter. Die Produktion umfasste nahezu das gesamte Gebiet der Elektrotechnik. Wirtschaftlicher Schwerpunkt der Siemens & Halske AG war die Nachrichten- und Messtechnik mit Funk- und Fernsehanlagen sowie Mess- und Regelgeräte. Die Siemens-Schuckertwerke betrieben vorwiegend die Fertigung auf dem Gebiet der Starkstromtechnik, insbesondere die Lieferung von Anlagen zur Energieerzeugung und Verteilung. Der Werkstatt- und Lagerbetrieb wurde später nach Mannheim-Neckarau verlegt. Auf dem Rheinauer Areal der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke ging um 1950 die von der Fa. Siemens konstruierte erste deutsche 300 000 Volt-Fernübertragungsleitung zwischen dem Ruhrgebiet und Süddeutschland in Betrieb.
Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs durch Spreng- und Brandbomben wurden recht bald behoben: 1946-49 setzte man den Ostflügel, 1947-49 das Dach des Westflügels und 1948-49 das Dach des Mittelbaus instand. Infolge eines neuen Baufluchtenplans kam es Anfang der 1950er Jahre zu einer Rückverlegung der Bauflucht um 2 m. Mit dieser ging schließlich die Entfernung der Einfriedigung und der Toreinfahrt einher.
Als Erweiterung des Verwaltungsgebäudes aus den frühen 1920er Jahren wurde ab 1960 das neben dem Siemenshaus in N 7,19 befindliche Zeilenbürohochhaus nach Plänen der betriebseigenen Bauabteilung errichtet. Beide Häuser waren im ersten Obergeschoss mit einem Gang verbunden. Doch schon ein Viertel Jahrhundert später erforderten die beengten räumlichen Verhältnisse die Aufgabe der beiden Häuser und den Umzug des Unternehmens ins Fahrlachgebiet. Das Land Baden-Württemberg erwarb daraufhin das Siemenshaus im Jahre 1987 und ließ es durch den Mannheimer Architekten Andreas Plattner für die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Heidelberg-Mannheim umbauen. In diesem baulichen Zusammenhang wurden auch die rückwärtigen Werkstätten und Garagen entfernt. In das Nachbaranwesen zog - ebenfalls nach Umbau durch Andreas Plattner - das Notariat und Grundbuchamt.
- Hermann Gropengießer (u.a.): Geologische und historische Untersuchungen beim Neubau der Rheinischen Siemens-Schuckert-Werke N 7,18, in: Mannheimer Geschichtsblätter 23, 1922, Sp. 58-68
- Mannheim. Das Kultur- und Wirtschaftszentrum Südwestdeutschlands, hrsg. von der Mannheimer Stadtreklame GmbH 1928, S. 65 und Tafel I
- Hans Hertlein: Siemensbauten, Berlin (1928), S. 12, 16 und 100f
- Siemens-Niederlassungen in Mannheim, in: Mannheimer Hefte 1955, H. 2, S. 41-44
- Staatliche Musikhochschule - ein Verwaltungsgebäude wird umgenutzt, in: Neue Stadtqualität in Mannheim, hrsg. vom Dezernat IV 1987, S. 33
- Andreas Schenk: Mannheim und seine Bauten, Bd. 2, Mannheim 2000, S. 106
- Frank Wittendorfer: Das Siemens-Haus in Mannheim, in: Hermann Jung (Hrsg.), Weimar 1919-1933. Aufbruch und Niedergang einer Kulturepoche. Ihre Auswirkungen auf die Stadt Mannheim und die Metropolregion, Frankfurt 2011, S. 81-94
ÖPNV: Straßenbahnlinie 2, 3, 4, 6 (Haltestelle Strohmarkt oder Wasserturm), Straßenbahnlinie 5 (Haltestelle Kunsthalle)
Zugang öffentlich eingeschränkt nur während des Schulbetriebs möglich