Abgerissen: Friedrich-Engelhorn-Hochhaus der BASF

Carl-Bosch-Straße 36
67056 Ludwigshafen

Das BASF-Hauptverwaltungsgebäude war seit 1957 das Wahrzeichen des Produktionsstandorts des Weltunternehmens in Ludwigshafen. Seit seiner Einweihung war es der Stolz des Konzerns, der Politik und vieler Ludwigshafener. Schließlich war es sogar bis 1962 das höchste Bürogebäude in ganz Deutschland. Etliche alte Postkarten zeugen davon. 1958 brachte die BASF ein fast 300-seitigen Bildband über das Hochhaus heraus, der neben interessanten Fotografien viele technische Details einschließlich mathematischer Formeln enthält. Doch es entwickelte sich zum „Problemfall“. 2014 wurde es schließlich abgerissen.

Postkartenmotive

Lage:

Das Turmhaus steht in der Außenkurve der viel befahrenen Carl-Bosch-Straße am südlichen Ende des Werksgeländes. Es ist von niedrigen gründerzeitlichen Backsteinbauten für Verwaltung und Labors neben dem Tor 2 umgeben und von fast allen Seiten gut zu sehen. Hinter dem Friedrich-Engelhorn-Hochhaus breiten sich entlang des Rheins auf rund 10 Quadratkilometern die Werksanlagen aus –nach wie vor ist das BASF-Werk in Ludwigshafen das größte zusammenhängen Chemiewerksgelände weltweit. Mit seinen 28 Etagen ragt das Hochhaus weit über alle Schonsteine und Anlagen der BASF hinaus und ist sogar von der Bergstraße noch deutlich zu erkennen. Ein "historic landmark", also ein das Stadtbild prägendes Gebäude nannte es der Sprecher des Architekturbeirats der Stadt Ludwigshafen Norbert Laun (MM 20.10.2012).

Beschreibung:

Die seitlichen Fassaden wirken mit ihren je 600 Fenstern von weitem wie Lochblech mit fliederfarbener Tönung. Bis zur Renovierung der Fassade im Jahr 1996 glitzerte das Hochhaus mit seiner Vorhangfassade aus Millionen kleiner Mosaiksteine in mehreren Violetttönen, Silber und schwarz. Etwa 2x4 Zentimeter große Glasmosaiksteine wurden auf einer Fläche von 8000 m² von 20 italienischen Fachkräften verlegt. Man ging davon aus, dass Mosaiksteine "witterungs- und säurebeständig" seien. Aber mit der Art der Verlegung unter den hiesigen klimatischen Bedingungen hatte man noch keine Erfahrungen. In den 1990er-Jahren begannen die Glassteinchen herabzufallen, 1996 wurden sie durch violett bedrucktes Aluminium ersetzt.

MosiakfassadeDie schmale Straßenfassade ist mit Ausnahme des mittigen Glastreppenhauses fensterlos. Sie ist mit liegenden, weißen Spaltklinkerfliesen belegt. Hinter den beiden "Scheiben" liegen die vielen Büros, deren Wände sich leicht versetzten lassen. Denn die tragende Konstruktion befindet sich im Kern, im Inneren des Hauses. Von der Straßenseite sieht man im Erdgeschoss die Pylonen wie Füße stehen, auf denen sich 20 Bürogeschosse erheben.

Das Dachgeschoss, in dem die Cafeteria untergebracht ist, ist zurückgesetzt und vollständig verglast. Abgeschlossen wird das Gebäude durch ein in den 1950er-Jahren ausgesprochen beliebtes „Flugdach“, ein an zwei Seiten nach oben gebogenes Flachdach, das scheinbar stützenlos auf dem Gebäude liegt; es wurde 1958 von unten gelb gestrichen. Die "fröhlich nach oben entgleitende Decke nimmt jedes Gefühl der Beengung.“ (Wolfgang Christlieb MM 10.11.2012).

In der Mitte des Daches ragen für Technik und die Versorgung der Aufzugsanlagen – acht Aufzüge und ein eigener Aktenpaternoster – weitere vier schmale Turmgeschosse heraus, die seit 2004 das Logo der BASF tragen. Außerdem gibt es hier einen "Konferenzraum in bevorzugter Lage und Abgeschlossenheit" ("Das Hochhaus der BASF").

An der Südseite macht die verglaste Eingangshalle einen Bogen zur Straße hin. Auch sie hat eine rasant geschwungenen Dachkonstruktion und ist im Gegensatz zum Gesamtbau bewusst asymmetrisch gehalten. In der großzügigen Eingangshalle sind mehrere sehr farbige Kunstwerke installiert. Die Farbigkeit setzt sich in der Erdgeschosshalle fort, die auch als repräsentatives Ausstellungshalle dient. Die mächtigen Stützpfeiler sind hier auch im Inneren zu sehen und sind mit dunklem Mosaik verkleidet. Der Boden ist mit schwarz-weißem Marmorterrazzo belegt.

In den 1950er Jahren befanden sich hier neben dem Empfang die Aufzugssteuerung und die Post.

Seit 1990 ist das Hochhaus in der Denkmaltopgrafie verzeichnet: „Das vom Funktionalismus geprägte Bauwerk ist ein charakteristisches Beispiel für die Ästhetik und das Stilempfinden der Nachkriegsjahre, es entstand unter dem Einfluss der Architektur von Le Corbusier und Mies van der Rohe.“ (Mara Oexner, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 8, Stadt Ludwigshafen am Rhein)

Problematisches Baumaterial

Das Hochhaus wurde nach Plänen der renommierten Architekten HPP Hentrich und Pentschnigg & Partner (Düsseldorf) errichtet. Es ist nach der damals neuen Konzeption als Stahlbeton-Skelettbau errichtet, das auf Pylonen ruht. Auf der Baustelle haben zu Hochzeiten über 600 Arbeiter gearbeitet. Es kam in zweieinhalb Jahren der Bauzeit zu keinem "nennenswerten Unfall" (Carl Wurster).

Wie der BASF-Bildband auf mehreren Seiten ausführt, hat das Unternehmen bei der technischen Konstruktion und Auswahl der Werkstoffe keine Kosten und Mühen gescheut. Doch kamen offenbar neue Baumaterialien zum Einsatz, deren Gefahren und Problematik man damals nicht erkannte. Wie man heute weiß, war über Farbe giftiges PCB in Wände und Mauerwerk eingedrungen; außerdem wurde Asbest verbaut.

2008 erneuerte die BASF die Aufzüge sowie die Sanitär- und Elektroleitungen. 2011 stellte sich die Schadstoffbelastungen mit Asbest und PCB heraus. Das gesamte Haus wurde mit Fangnetzen umhüllt. 2012 zogen alle 800 Mitarbeiter samt Vorstand aus. Die Sanierungsarbeiten sollten beginnen, geplant war die Fertigstellung zum 150-jährigen Betriebsjubiläum 2015. Doch im Sommer 2012 stellt sich heraus, dass die Instandsetzungsarbeiten mindestens 100 Millionen Euro kosten würden. Seither ist der Abriss des Hochhauses in der Diskussion: Anfang November 2012 stellte die BASF tatsächlich den Antrag auf Abriss.

Appelle für den Erhalt:

Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz appelliert an den Vorstand der BASF AG, sich dem Erhalt des eigenen Erbes, das gleichzeitig baukulturelles Erbe der Stadt Ludwigshafens, des Landes Rheinland-Pfalz und einer wichtigen historischen Epoche ist, zu verpflichten. „Die bautechnischen Verfahren für die Sanierung des mit PCB und Asbest belasteten Gebäudes sind heute ausgereift. Auch ein Beton dieser Zeit lässt sich mit Mitteln, deren Grundkomponenten einem chemischen Weltkonzern einen nicht unbeträchtlichen Imagegewinn liefern dürften, in den Griff bekommen. Mehr noch – der Werbeeffekt durch ein ganzheitliches, zukunftsweisendes Sanierungskonzept sollte beträchtlich sein. Umgekehrt ist schwer vorstellbar, dass ein Weltkonzern wie die BASF einen Identität stiftenden Schatz wie das Verwaltungshochhaus aufgeben will.“ (MM, 6.11.2012)

Das Düsseldorfer Architektenbüro HPP, das den Bau erstellte: „Wir würden es sehr bedauern, sollte das BASF-Hochhaus abgerissen werden. Erst kürzlich haben wir mit der Sanierung des ehemaligen Unileverhauses in Hamburg gezeigt, dass es möglich ist, Hochhäuser aus den 1950er- und 1960er-Jahren energetisch und gebäudetechnisch so zu optimieren, dass sie modernen Standards entsprechen” Sandra Heupel, Unternehmenssprecherin der HPP. (MM, 20.10.2012)

Dr. Andreas Schenk, Mannheimer Kunsthistoriker und Stadtbauschreiber, der sich für den Erhalt des Hochhauses einsetzt, weist darauf hin: „Die Sanierung ist sicherlich finanziell sehr aufwendig. Aber ein Abriss eines asbestbelasteten Gebäudes und ein Neubau sind auch nicht umsonst zu haben. Abgesehen davon stellt sich die Frage, welches der ökologisch bessere Weg ist.“ (MM, 10.11.2012)

Nutzung (ursprünglich)

Verwaltungsgebäude

Eigentümer
BASF
Erbauer
BASF
Architekt
Architekten HPP Hentrich und Pentschnigg & Partner (Düsseldorf)
Bauzeit / Umbauten
1954 bis 1957 | Abriss 2014
Quellen:
  • Mannheimer Morgen, Rheinpfalz
  • BASF, Julius Hoffmann-Verlag, Bildband "Das Hochhaus der BASF - Planung, Ausführung, Erfahrung". 1958. Die aus diesem Buch entnommen Fotos sind mit "1958" gekennzeichent.
  • Mara Oexner, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Band 8, Stadt Ludwigshafen am Rhein
Denkmalschutz
Ja
Zufahrt

VRN: Bushaltestelle BASF Tor 2

Öffnungszeiten

nur von außen zu sehen

Autor*in
Barbara Ritter

Quelle: www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/abgerissen-friedrich-engelhorn-hochhaus-der-basf