Inmitten von höheren Neubauten in Bahnhofsnähe wirkt das gut 100 Jahre alte Gebäude etwas verloren. Doch die gelb-rote Backsteinfassade mit den Rundbogenfenstern macht neugierig. „Trafohaus“ kann man in den Fenstern des Eckgebäudes lesen und „Bürgerhaus Schwetzinger Stadt“. Der Saal bietet Platz für maximal 180 Personen und eignet sich für die verschiedensten Anlässe, als „partylocation“ wird der Bau im Internet gelobt.
Im Buch „Mannheim und seine Bauten“ von 1907 ist das Gebäude ausführlich auch technisch beschrieben. „Die Umformerstation besteht aus einem Maschinenraum, einem Akkumulatorenraum, Diensträumen und Dienstwohnungen - Im Maschinenraum sind vier Umformer aufgestellt.“ Es gibt eine Innenaufnahme und Bauplan dazu. Die technische Beschreibung geht weit über die architektonische hinaus.
Das Dienstgebäude hat drei Stockwerke und hat im Zweiten Weltkrieg schwer gelitten. Das Dach und das zweite Obergeschoss sind ganz offensichtlich in den 1950er Jahren etwas lieblos wieder aufgebaut worden. Die großflächigen Plastikfenster kontrastieren unschön zu dem Sandsteinsockel und dem üppigen Bauschmuck um die Eingangstüren.
Schön erhalten ist in der Keplerstraße der Haupteingang mit seiner schweren Eichentüre. Betritt man das Gebäude durch diese Tür, schaut man in eine Flucht von Sandsteinsäulen und fast sakral anmutenden Türbögen. Der Fußboden ist noch mit den originalen achteckigen zweifarbigen Fliesen mit Randmuster belegt, die sich wie ein Teppich bis zum ehemaligen Maschinenraum ziehen. Die Ausstattung des Maschinenraums dagegen ist im Chic der 80er Jahre gehalten. Auch die kleineren Räume rechts und links des Ganges sind zweckmäßig und modern eingerichtet.
Das gesamte Ensemble steht nicht unter Denkmalschutz. „Immerhin ist dieser Teil erhalten“ – wird man sagen, wenn man die ganze Geschichte eines verlorenen Schatzes der Industriekultur kennt. Denn direkt neben der Umspannstation spielte sich in den späten 1980er Jahren ein echtes Drama ab.
Umformerstation für die Straßenbahn
Bürgerhaus
Um 1900 wird an der Ecke Galilei-/Kepler-Straße ein erstes Umspannwerk gebaut. Tatsächlich ist der Bau also kein Trafohaus sondern eine Umformerstation gewesen, die mit dem Bau des ersten städtischen Elektrizitätswerkes zusammen hängt. Um den vom E-Werk aus der Neckarstadt gelieferten Wechsel- bzw. Drehstrom in den von der Straßenbahn benötigten Gleichstrom umzuformen, wurden in Mannheim diese Umformerstation gebaut.
Es gab noch weitere solcher Stationen. (Transformatorenstationen wandeln die elektrische Energie aus dem Mittelspannungsnetz (10 bis 36 kV) auf die in Niederspannungsnetzen (Ortsnetzen) benötigte elektrische Spannung (400/230 Volt) um.)
1926 wird ein größeres Umspannwerk mit 4-5 Umformen in der Keplerstraße in unmittelbarer Nachbarschaft gebaut. Auch dieses Werk stellt den Strom für die Straßenbahnen bereit. Der Entwurf im Stil der neuen Sachlichkeit stammt vom Hochbauamt unter dem damaligen Stadtbaumeister Zizler. Leider sind nur wenige Fotos erhalten. Es ist mit seinen hohen Fenstern und den schmalen Backstein- und Betonstreben ein strukturierendes und markantes Element im Stadtbild. Das alte Maschinenhaus wird nun als Werkstatt genutzt.
Dieses Umspannwerk überdauerte den Zweiten Weltkrieg und versah seinen Dienst bis Ende der 1970er, als ein noch größeres und moderneres Umspannwerk in der Galileistraße rechts neben dem alten Maschinenhaus errichtet wurde. Damit herrscht in den alten Gebäuden erst mal Leerstand. Nur die Fassade des Baues der Neuen Sachlichkeit von 1926 wird unter Denkmalschutz gestellt.
Mitte der 1980er erreichte es der Verein „Altes Trafohaus“, die zwei älteren Gebäude als Bürgerhaus zu mieten. Der Bürgerverein renoviert das Haus in Eigenarbeit, im Sommer 1987 wird es eröffnet.
Gleichzeitig bemühte sich eine Gruppe um den ehemaligen Baubürgermeister Niels Gormsen um den Erhalt des Umspannwerks aus den 20er Jahren und um dessen Umnutzung für ein kulturelles Zentrum. Etliche namhafte Persönlichkeiten aus Kultur und Architektur, Bürger- und Kunstvereinen setzten sich mit sehr konkreten Plänen für eine Umnutzung ein. Vorgeschlagen haben sie z.B. ein Europäisches Zentrum für Jazz und Popularmusik und eine Show-Schule – eine Idee lange bevor die heutige Pop-Akademie in Planung war. Außerdem sollten das Architektur- und Bauarchiv dort untergebracht werden. Sie gründen den Verein Umspannwerk e.V. als einen Zusammenschluss von sieben gemeinnützigen Vereinen (Mannheimer Kunstverein, Freie Akademie der Künste Mannheim, Architektenkammer Gruppe Mannheim, BDA Kreisgruppe Mannheim, IG Jazz Rhein-Neckar e.V., Bürgerverein Schwetzingerstadt/Oststadt, Verein Bürgerhaus Schwetzingerstadt). Der Verein Umspannwerk will das Gebäude sogar kaufen.
Doch die damals noch städtische MVV verkauft das Gebäude und Gelände an den Investor Inbau/Siebert, der dort ein Hotel errichten will. Dieser Plan wurde vom Oberbürgermeister Gerhard Widder unterstützt.
Der Verein versuchte das Gebäude nun von diesem neuen Besitzer zu kaufen, doch kurz vor dem Notartermin fällt die Abrissbirne in den Bau.
Das Gebäude wird abgerissen, nur die Fassade bleibt stehen, sie steht ja unter Denkmalschutz. Der Investor plant (angeblich), sie in die Seitenfassade des Hotels zu integrieren.
Doch wie es so zugeht: eines Tages bricht die Fassade trotz der Stützen zusammen. Das war 1989. Sie wird 1990 vollständig abgerissen. Der Mannheimer Morgen schreibt erleichtert: „Jetzt kann der Rest des Umspannwerkes in der Schwetzingerstadt verschwinden.“ Baubürgermeister Quast ist von der „unendlichen Geschichte“ genervt und verspricht sich um den Erhalt der Grünanlage vor dem Hotel zu kümmern.
Heute steht dort in der Schwetzinger Straße ein Hotel, das in nichts mehr an das Umspannwerk erinnert. Das Bürgerhaus in der Keplerstraße wird vom Beginn an in rein ehrenamtlichem Engagement vom Verein Trafohaus e.V. verwaltet.
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