Die Uhr auf dem Türmchen des kleinen Backsteingebäudes ist längst stehengeblieben. Das kleine kubische Bauwerk macht insgesamt einen eher vergessenen Eindruck. Es steht - fast "im Weg" - an der mehrspurigen Straße, Radler und Fußgänger drücken sich achtlos vorbei. Im Sommer wird auf der einen Seite der Ausschank für das „OEG Citybeach“ betrieben, auf der anderen Seite stehen Mülleimer, auf der Rückseite stapeln sich ausgediente Sitzgelegenheiten. An drei Seiten bildet das Dach eine Arkade, die von weiß getünchten Säulen getragen wird. Auf der Vorderseite fehlen diese: das Gebäude wirkt amputiert. Die Fenster und die Türe an der Front ist mit Werbung beklebt.
Einzig der überdimensionale Schriftzug OEG weist darauf hin, dass das Gebäude einmal eine andere Funktion hatte: Es war der Bahnhof der „Oberrheinischen Eisenbahn-Gesellschaft“ OEG. Und wer genau hinschaut, erkennt an der Art der Verfugung der Backsteine, dass es sich um ein Bauwerk der 1920er Jahre handeln muss.
OEG-Bahnhof
Im Sommer als Ausschank für den City-Beach. Im Winter geschlossen.
Die Brückenköpfe an der Neckarbrücke - der damaligen Friedrichsbrücke - waren schon früh Verkehrsknotenpunkte. Hier war seit 1891 ein Haltepunkt der Süddeutschen Eisenbahngesellschaft für ihre Strecke Mannheim-Heidelberg. 1911 wurde diese von der OGE Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft übernommen. Seit der Elektrifizierung der Stecke gab es hier ein kleines Empfangsgebäude und Fahrkartenverkauf und erstmals auch für Fahrgäste Unterstände an. Das Gebäude wurde Heidelberger Bahnhof genannt, im Gegensatz zum zweiten OEG-Bahnhof, auf der anderen Seite des Neckars, der sogenannte Weinheimer Bahnhof, der als Endpunkt dieser Stecke diente. Dieser existiert heute nicht mehr.
Das ursprüngliche Gebäude auf der Stadtseite wird 1927/28 durch ein modernes Gebäude im expressionistischen Stil ersetzt. Der kubische Baukörper hat ein Flachdach, mit umlaufenden Säulengang und einem Uhrenturm, der in alle Richtung die Zeit weist. Die für die 1920er Jahre typische Verfugung der Stoßkanten mit rotem Mörtel betont die Waagrechte.
Schicke Wartehallen für Bahnen und Straßenbahnen kommt damals offenbar in Mode, denn etwa zeitgleich entsteht die Wartehalle am Tattersall im Bauhausstil. Sie existiert noch heute. Eine ähnlich moderne Wartehalle in Käfertal ist leider untergegangen.
Mit der Straßenverbreiterung des Friedrichrings 1974 werden die Säulen an der Straßenseite entfernt. Erst in den 1990er Jahren wird die Nutzung als Bahnhof und als Fahrkartenverkaufsstelle aufgegeben. Es gibt zwar noch Gleise auf der Rückseite des Gebäudes, aber sie werden nicht regulär genutzt. Seit einigen Jahren wir das Gebäude im Sommer gastronomisch als Ausschank für einen „Biergarten –Strand –Lounge“ genutzt, der sich in Richtung Neckar öffnet. Allerdings ist der Neckar ein ganzes Stück weit entfernt. Auf seiner Webseite geht die OEG-Citybeach leider mit keinem Wort auf die Geschichte des Gebäudes ein.
- Wikipedia
- Mehr Infos zur Geschichte der OEG findet man auf dieser Wikipediaseite
Geöffnet nur im Sommer. Das Gebäude selbst ist nicht zugänglich.