Almenhofsiedlung der Gartenstadt-Genossenschaft MA

Almenplatz
68199 Mannheim

Die Almenhofsiedlung der Gartenstadt-Genossenschaft Mannheim ist ein ca. 10 ha großes denkmalgeschütztes Wohngebiet im Mannheimer Süden, das durch Abschnitte der Speyerer-, der Mönchwörth- sowie der Valentin-Streuber- und der August-Bebel-Straße abgesteckt ist und in deren Zentrum sich die Almenstraße mit dem abzweigenden Almenplatz befindet.

„Wiener Sprossenfenster“ und Klappläden

Valentin-Streuber-Straße
Valentin-Streuber-Straße (Foto: Ritter 2019)

Die Siedlung besteht aus unterschiedlich großen zweigeschossigen Reihen- und Doppelhäusern sowie als Randbebauung an der Speyerer-Straße aus einem viergeschossigen Wohnblock mit Etagenwohnungen. Charakteristisch für die zweigeschossigen Häuser ist die von der Straße oft durch schmucke Vorgärten abgesetzte Bebauung mit großzügigen Gartenflächen hinter den Häusern. Die verputzten, dezent in hellbraun und beige gestrichenen Reihenhäuser weisen zwar keine großen Vor- oder Rücksprünge auf, sie sind aber „stark durchfenstert“ – ein Begriff aus der Denkmalpflege. Betont werden die Fenster durch braun gestrichene Klappläden und weiße Kunststeinrahmung.

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Der ansprechenden Fassadengestaltung dienen außerdem ein Stockwerksgesims, die hölzernen, meist, erhöht liegende Eingangstüren und Treppenstufen. Je nach Haustyp kann man Einzel- (bei Reihenhäusern) oder Doppelaufgänge unterscheiden. Bei der Dachkonstruktion fallen Walmdächer auf, die entweder durch Einzelgauben mit Satteldächern oder durch Zwerchhäuser mit Giebeldreiecken durchbrochen sind. Auch Schleppgauben kann man sehen.

Wiener Sprossenfenster  von Innen
Wiener Sprossenfenster - gegenüber noch nicht eingebaut (Foto: Reinbold 2020)

Weiterhin charakteristisch sind die „Wiener Sprossenfester“: Sprossenfenster mit liegenden Glasfeldern, die durch ihre einheitliche weiße Farbgebung sehr zur schönen Anmutung der Häuser beitragen. Diese aufwändigen Fenster werden Zug um Zug bei Renovierungen wieder eingebaut und ersetzen die großen sprossenlosen Fenster der 50er- und 60er-Jahre.

Alte hölzerne Haustür
Hölzerne Haustür (Foto: Reinbold 2020)

Ins Auge fallend sind die braun gestrichenen Haustüren. Auch hier gibt es noch zahlreiche Bausünden aus den 60er Jahren mit Alu-Türen und Gitterverglasung. Bei näherer Betrachtung der vereinzelt noch vorhandenen historischen Türen fallen an ihnen das schmale Oberlicht mit Sprossen, zwei hochrechteckige Glasfelder sowie Füllungen im Brüstungsbereich auf.

Die bei einem Rundgang durch das Viertel leicht erkennbaren, verschieden bunt gestrichenen Häuser in der Valentin-Streuber-Straße gehören übrigens nicht zum genossenschaftlichen Wohngebiet.

Der Almenplatz - Zentrum und „Schmuckstück“ der Siedlung

Gartenstädte verfügen in der Regel über ein Zentrum, einen den Charakter der offenen Bauweise der Siedlung betonenden Platz. Im Falle der Almenhofsiedlung ist es der wunderschöne „Almenplatz“, einem 1800 qm großen, rechteckigen Platz, an deren Längsseiten sich jeweils gegenüberliegend eine Reihe kleinerer Ahornbäume befinden und in dessen Zentrum auf einer Rasenfläche ein große, alte Linde steht. 

Almenplatz
Almenplatz mit Linde (Foto: Reinbold 2020)

Die von der den Platz umrundenden Straße durch Vorgärten zurückgesetzte Bebauung besteht an den Längsseiten aus jeweils einem Reihenhaus mit Einzelaufgängen. Die an der Vorderseite bzw. Rückseite des Platzes errichteten jeweiligen Doppelhäuser komplettieren das ansprechende Ensemble. Es wird durch eine Mauer mit Fußgänger-Durchgang abgeschlossen. Über ihre ganze Breite verläuft ein Ziergeländer aus Metall. Neben dem Durchgang befinden sich zur optischen Auflockerung der Mauer jeweils schmale Wanddurchbrüche mit Ziergittern. Über dem Durchgang ist ein einfaches Schmuckelement aus farblich abgesetztem Kunststein als Blickfang angebracht. Der Durchgang führt über einige Stufen zu den tiefer gelegenen Siedlungsgärten.

großzügiger Garten
großzügiger Garten (Foto: Reinbold 2020)

Die Siedlungsgärten

Vom „Almenplatz“ aus kann man durch diesen Durchgang über eine Treppe in die Welt der großzügigen, meist liebevoll angelegten Siedlungsgärten eintauchen und den kleinen Durchgangswegen folgen. Hier findet man zahlreiche prächtige Bäume – vom einheimischen Obstbaum, über die Tanne bis zur exotischen Zeder. Die ursprünglich der Selbstversorgung dienenden Gärten sind heute kleine Oasen der Erholung. Wo früher Karnickelställe standen, sieht man heute vielleicht noch das ein oder andere Gewächshaus. Vereinzelt werden Salate und Gemüse gezogen oder Obst geerntet. Heute soll die Blumenpracht der Gärten eher Bienen und Insekten anlocken – als kleiner Beitrag der Bewohner zur Biodiversität.

Ein Teil der Gärten ist aber auch hier längst Garagen gewichen. In ihrer beidseitigen Aneinanderreihung in Mitten der Siedlung entfalten sie einen spröden 60er Jahre Charme. Einmal im Jahr werden sie von den Almenhöfer Gartenstadtmitgliedern zum „Garagenfest“ der Genossenschaft umfunktioniert.

Nutzung (ursprünglich)

Wohnungen

Nutzung (derzeit)

Wohnungen

Geschichte

Die Idee der Gartenstadt-Genossenschaft

Namenloser Platz in der August-Bebel-Straße
Namenloser Platz in der August-Bebel-Straße (Foto: Reinbold 2020)

Die Almenhofsiedlung ist die zweite Gartenvorstadt Mannheims. Die 1910 gegründete „Gartenstadt-Genossenschaft Mannheim“ hatte schon vor dem ersten Weltkrieg im heutigen Stadtteil „Gartenstadt“ im Mannheimer Norden eine schmucke Genossenschaftssiedlung errichtet. Sie wurde nach den Ideen der ursprünglich aus England kommenden, sich auch in Deutschland rasch verbreitenden Gartenstadtbewegung gebaut. Die Grundidee war, Arbeitern und kleinen Angestellten eine Alternative zu den beengten, Krankheiten fördernden Wohnverhältnissen der „Mietskasernen“ zu schaffen: Fortan sollte im Grünen, in Kleinhaussiedlungen mit offener Bebauung bestehend aus Einfamilienhäusern mit Gärten zur Selbstversorgung gewohnt werden. In Mannheim wie in anderen Städten verbanden sich diese Ideen mit dem Genossenschaftsgedanken: Mit Hilfe der Einlagen der Mitglieder in die Genossenschaft und viel Eigenarbeit sollten solche Siedlungsprojekte schließlich umgesetzt werden. Es ging darum, durch Selbsthilfe der Mitglieder ein dauerhaftes und bezahlbares Wohnen zu ermöglichen.

Panorama vom Dach der Hochschule
Panorama vom Dach der Hochschule (Foto: Ritter 2018)

Neues Finanzierungsmodell der südlichen Gartenstadt

Nach dem Ersten Weltkrieg pachtete die Gartenstadt-Genossenschaft im Erbbaurecht ein neues Baugebiet östlich der Speyerer Straße für ihre im Mannheimer Süden arbeitenden Mitglieder. Ein Wettbewerb für ein neues Wohngebiet wurde ausgeschrieben. Der Auftrag ging 1920 an den Architekten Dr. Max Schmelchel. Die Umsetzung erwies sich aber in Zeiten von Inflation und wirtschaftlicher Not als schwierig. Die Genossenschaftsanteile haltenden Mitglieder allein konnten die Finanzierung nicht stemmen. So mussten zur Mitfinanzierung öffentliche und private Unternehmen wie Reichsbahn und Post sowie die Firmen Benz & Cie und Rheinisches Kohlekontor mit ins Boot geholt werden. Im Gegensatz zu umliegenden Firmen wie Lanz, Vögele, Esch und Schreiber trugen sie ebenso wie die Stadt Mannheim mit Arbeitgeberdarlehen zur Finanzierung bei. Sie sorgten damit dafür, dass bei der Wohnungsvergabe neben den langjährigen Genossenschaftsmitgliedern auch Mitarbeiter dieser Unternehmen zum Zuge kamen. Das waren neben Facharbeitern insbesondere Angestellte. Daraus erklärt sich, dass die Almenhofsiedlung keine „Arbeitersiedlung“ wurde.

Wohnblocks in der Speyererstraße
Wohnblocks in der Speyererstraße (Foto: Ritter 2019)

Neues Baukonzept erforderlich

Im ersten Bauabschnitt entstanden von Juni 1921 und bis Anfang 1923 nach Schmelchels Plänen zunächst in der Mönchwörthstraße 50 Einfamilienhäuser (Reihenhäuser). Ab 1925 wurde das ursprüngliche Baukonzept einer Gartenstadt zunehmend zugunsten des Baus kostengünstiger, mehrgeschossiger Mehrfamilienhäuser aufgegeben. Es entstanden Wohnblöcke an der Speyerer Straße und der August Bebel-Straße. Insgesamt wurden von 1921 bis 1927 durch die Genossenschaft auf dem Almenhof 228 Einfamilienhäuser mit Gärten und 119 Etagenwohnungen gebaut. Hinzu kamen zwei Konsumläden der Konsumgenossenschaft, ein Milch-, Bäcker- und ein Metzgerladen sowie ein Friseurgeschäft. Aufgrund der geringeren finanziellen Möglichkeiten und den Erfordernissen der damaligen Zeit geschuldet wurde in der Almenhofsiedlung weit weniger aufwendig gebaut als vor dem Ersten Weltkrieg in der ursprünglichen Genossenschaftssiedlung im Mannheimer Norden. Auf bauliche Schmuckelemente wurde weitgehend verzichtet. Ebenso auf ein Gasthaus oder eine Kneipe.

Stadterweiterung Süd in der NS-Zeit

Die Almenhofsiedlung der Gartenstadt-Mannheim war der Ausgangspunkt der ab 1929 betriebenen „Stadterweiterung Süd“.  In den 1930er Jahren wurde die Siedlung durch private Bautätigkeit stark Richtung Neckarau erweitert. In der Nazizeit wurden in unmittelbarer Nähe zur Gartenstadt-Siedlung neben dem Sportplatz zwei Luftschutzbunker errichtet. Auf dem Gelände der heutigen Kirche „Maria Hilf“ befand sich in der NS-Zeit ein „Fremdarbeiterlager“ für die Zwangsarbeiter der umliegenden Rüstungsbetriebe. Sie durften nicht in die Bunker um Schutz vor den zahlreichen Bombenangriffen zu finden.

Bombeneinschlag am Almenplatz
Bombeneinschlag am Almenplatz (Foto: privat, Quelle: Reinbold 2020)

Zerstörung und Wiederaufbau

Im Zweiten Weltkrieg wurde das aufgrund der Nähe zum Gleisdreieck der Eisenbahn und zu „kriegswichtigen“ Industrie- und Rüstungsbetrieben stark betroffene Wohngebiet zu 76% zerstört. Zwischen 1948 und 1955 konnte es unter großen Mühen der Genossenschaftsmitglieder wiederaufgebaut werden. Heute besteht es aus 203 Einfamilienhäusern mit Gärten und 345 Etagenwohnungen. Es steht heute unter Denkmalschutz. Die Mehrgeschosswohnungen in der Speyerer Straße und der August Bebel-Straße sind inzwischen energetisch saniert und mit rückwärtigen Balkonen versehen. Die Bewohner der Almenhofsiedlung leben – manche über mehrere Generationen – gerne in „ihrem Genossenschaftsviertel“ und identifizieren sich stark mit ihrem Wohngebiet.

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Eigentümer
Gartenstadt-Genossenschaft Mannheim e.G.
Erbauer
Gartenstadt-Genossenschaft Mannheim e.G.
Architekt
Dr. Max Schmelchel
Bauzeit / Umbauten
1921 - 1927 / 1948 - 1955 Wiederaufbau
Quellen:
  • Beschreibung des Wohngebiets unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutz durch „Fachbereich Baurecht und Umweltschutz/untere Denkmalschutzbehörde“ der Stadt Mannheim, Dr. Ryll; Mannheim 2000
  • Jubiläumsschrift: „100 Jahre Gartenstadt-Genossenschaft Mannheim e.G.“ von Walter Pahl; Mannheim 2010

Denkmalschutz
Ja
Öffnungszeiten

Es handelt sich um ein normal begehbares Stadtgebiet. Auch die Wirtschaftswege sind frei begehbar.

Barrierefrei
Nein
Barrieretext
Auf öffentlichen Wegen sind die "üblichen" Behinderungen. Die meisten Wohnungen sind nur über Treppen zu erreichen. Auch im Innern sind viele Barrieren.
Autor*in
Bernhard Reinbold
Letzte Änderung

Quelle: www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/almenhofsiedlung-der-gartenstadt-genossenschaft-ma