Nahezu ein Zehntel der Gemarkungsfläche von Friedrichsfeld waren ursprünglich vom Eisenbahnfiskus besetzt. Auch wenn der Ort von Eisenbahnschienen völlig durchschnitten ist, rückte die Erbauung der Badischen Staatsbahn und der Main-Neckar-Bahn Friedrichsfeld in eine glänzende verkehrstechnische Lage. Das Eisenbahnkreuz durch Eingemeindung auf Mannheimer Stadtgebiet zu bekommen und so der Quadratestadt wieder seine seit Alters her gewohnte und durch den Linienkompromiss mit Heidelberg verlorene Verkehrsbedeutung zurückzugeben, hatte schließlich mit der Eingemeindung zum 1. Oktober 1930 Erfolg.
Während die auf hessischem Gebiet liegenden Bahnhöfe der Main-Neckar-Bahn aus gelbem Sandstein errichtet wurden, verwendete das Großherzogtum Baden auf der entsprechenden Strecke im eigenen Staatsgebiet roten Sandstein; so in Weinheim (nicht erhalten), Ladenburg, Friedrichsfeld und Heidelberg (nicht erhalten). Die Fassaden mit den Giebeldreiecken und flachen Dächer sind ansonsten identisch. Im Gegensatz dazu war der Bahnhof der Badischen Staatsbahn in Friedrichsfeld (Süd) ein heller Putzbau (Abb. AB01528-1-047 im Marchivum).
Das zweigeschossige Gebäude wird straßenseitig charakterisiert durch einen Mittelrisalit und Giebelaufbau. Hier lag ursprünglich der Hauptzugang zum Warteraum und zur Schalterhalle. Umlaufende Gesimsbänder gliedern die Fassade horizontal. Die Außenwände sind von hohen schmalen gekuppelten Fenstern durchbrochen. Das flache Walmdach wurde zu späterer Zeit ebenfalls zu Wohnraum umgenutzt. An der Gleisseite deutet auch heute noch ein Vorsprung auf die ursprüngliche Funktion als erhöhter Arbeitsplatz zur Sicherung des Bahnbetriebs hin. Das Obergeschoss des Vorsprungs bestand ursprünglich aus Fachwerk und war fast vollflächig verglast. Bei der Umnutzung zum Wohngebäude um 1915 wurde dieser Bereich ebenfalls mit rotem Sandstein verkleidet. Das hölzerne Schnitzwerk am Giebel ist heute nicht mehr existent.
Empfangsgebäude der Main-Neckar-Eisenbahn
Wohngebäude
Der Ort Friedrichsfeld wurde als Hugenotten-Siedlung im Jahre 1682 auf einer Fläche, die zum größeren Teil aus Edinger und zum kleineren Teil aus Seckenheimer Gemarkung herausgeschnitten wurde, gegründet. Die ursprünglich bäuerlich geprägte Gemeinde erhielt einen raschen Aufschwung durch die Erbaung der Badischen Hauptbahn zwischen Mannheim und Heidelberg in den Jahren 1838 bis 1840, der Main-Neckar-Bahn zwischen Frankfurt und Heidelberg ab 1846 sowie der ab 1880 in Betrieb genommenen Badischen Staatseisenbahn als Verlängerung der Main-Neckar-Bahn von Friedrichsfeld über Schwetzingen nach Karlsruhe. In Schwetzingen bestand darüber hinaus die Möglichkeit, auch auf der Rheinbahn über Rheinau und Neckarau Anschluss nach Mannheim zu nehmen. So entstand der Friedrichsfelder Eisenbahnknotenpunkt mit dem bekannten Streckenkreuz.
Am 12. September 1840 wurde der erste Streckenabschnitt Mannheim-Heidelberg der von der Quadratestadt nach Konstanz geplanten Badischen Hauptbahn eingeweiht. Die Bahnlinie endete jeweils in einen Kopfbahnhof. In Mannheim lag dieser am Tattersall, in Heidelberg am Adenauer Platz. Das Großherzogtum Baden gründete eine der ersten Staatsbahnen. Zwischen Mannheim und Heidelberg hielt der Zug damals nur einmal, nämlich in der selbständigen Gemeinde Friedrichsfeld (Süd). Hier entstand auch um 1870 mit dem Badischen Bahnhof ein erstes Empfangsgebäude in dem Ort. Das Bahngebäude wurde schon vor langer Zeit abgebrochen und auch nicht mehr ersetzt. Es lag an der Vogesenstraße, wo sich derzeit der Fußgängerübergang über die Gleise mit Aufzug befindet. Heute gibt es nur dort nur noch einen Haltepunkt der Regionalbahn und S-Bahn. Die Fahrt von Mannheim nach Heidelberg dauerte Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Zug ca. 30 bis 40 Minuten.
Im Jahr 1840-41 wurde die Main-Neckar-Eisenbahn als gemeinsame Staatsbahn der Freien Stadt Frankfurt sowie der Großherzogtümer Baden und Hessen gegründet. Sie sollte die Freie Reichsstadt Frankfurt mit Darmstadt und Heidelberg verbinden. Der Vertrag vom 25. Februar 1843 regelte den Kompromiss zwischen den Interessen von Heidelberg und Mannheim. Beide Städte erhielten keine direkte Anbindung, sondern wurden mit dem mittig gelegenen Ort Friedrichsfeld angeschlossen. Vertraglich hatten Mannheim und Heidelberg sich darüber hinaus ausbedungen, dass der Kompromiss für die Fahrgäste kein Umsteigen erforderlich macht. Aus diesem Grunde wurden die Züge in Friedrichsfeld entkoppelt. Der von Norden kommende vordere Zugteil fuhr nach Heidelberg, der hintere nach Mannheim. Die Bahnbeamten riefen den Fahrgästen dann zu: "Heidelberg vorne, Mannem hinne". Über die Jahre ärgerte das die Mannheimer und sie reagierten, indem sie in Umkehrung den Wahlspruch "Mannem vorne" einführten. Ein ähnlicher infrastruktureller Kompromiss zwischen Mannheim und Heidelberg wurde in den 1930er Jahren auch mit der Streckenführung der Reichsautobahn realisiert, indem sich die Autobahn in Seckenheim mit jeweils eigenen Abschnitten nach Heidelberg und Mannheim teilt. Bei den beiden Eisenbahngesellschaften kam jedoch erschwerend hinzu, dass sie unterschiedliche Spurbreiten aufwiesen. Die Badische Staatsbahn hatte mit ca. 1,60 m eine Breitspur, die Hessische Bahn hatte mit ca. 1,43 m die Normalspur, so dass die beiden Bahnen von Friedrichsfeld nach Mannheim bzw. Heidelberg zunächst jeweils auf einem eigenen Gleiskörper fuhren. Erst im Jahre 1855 verringerte Baden mit großem Aufwand seine Spurweiten auf das Normalmaß.
Die erste Fahrt der Main-Neckar-Eisenbahn von Frankfurt nach Heidelberg über Friedrichsfeld erfolgte im Juli 1846. Weitere Haltestellen waren z.B. Ladenburg, Weinheim, Heppenheim und Bensheim. Der zweigleisige Ausbau der Main-Neckar-Bahn erfolgte 1862. Zunächst gab es an der Strecke in Friedrichsfeld-Nord kein Bahnhofsgebäude. Erst 1882 entstand als zweites Empfangsgebäude neben dem in Friedrichsfeld-Süd liegenden Badischen Bahnhof an der Main-Neckar-Bahn-Straße 32 mit der Haltestelle Friedrichsfeld-Nord ein weiterer Bahnhof. Auf dem südlichen Grundstück daneben in der Main-Neckar-Bahn-Straße 28-30 wurde zur selben Zeit ein Dienstgebäude der Main-Neckar-Bahn in ähnlicher Form errichtet, das später das Friedrichsfelder Postamt beherbergte und heute ebenfalls Wohngebäude ist.
1902 wurde die Main-Neckar-Bahn von der "Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahn" übernommen. 1913-1915 verlegte die in Mainz ansässige Direktion den Bahnhof Friedrichsfeld-Nord ca. 500 m weiter nördlich zur Main-Neckar-Bahn-Straße 76 auf die Gemarkung Edingen. Die Verlegung war verkehrstechnisch durch Höherlegung der Gleise Richtung Schwetzingen begründet. Das neue Empfangsgebäude in asymmetrisch-ausgewogener Form markiert auch heute noch die Haltestelle "Neu-Edingen/Friedrichsfeld-Nord", obwohl es mittlerweile zum größten Teil umgenutzt ist. Die Gleise liegen übrigens auf Mannheimer Gemarkung. Das bisherige Bahnhofsgebäude in der Main-Neckar-Bahn-Straße 32 wurde um 1915 zu Wohnungen umgebaut. Sowohl am Bahnhof Friedrichsfeld (Süd) als auch am Bahnhof "Neu-Edingen/Friedrichsfeld (Nord) halten nur Nahverkehrszüge.
- Ferdinand Scheyer: Geschichte der Main-Neckar-Bahn 1846-1896, (Teil 1) Darmstadt 1896
- Ferdinand Scheyer: Geschichte der Main-Neckar-Bahn vom 1. August 1896 bis zur Auflösung der Direktion 1. Oktober 1902, Darmstadt 1902
- Wolfgang von Hippel/Joachim Stephan/Peter Gleber/Hans-Jürgen Enzweiler: Eisenbahn-Fieber. Badens Aufbruch ins Eisenbahnzeitalter, Ubstadt-Weiher 1990
- Marchivum ZGS S 2/1119 (Friedrichsfeld)
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