Nach zehnjähriger Planung und Bauzeit ging das neue Klärwerk 1973 in Betrieb. Ausgestattet mit den für die Abwasserreinigung notwendigen Anlagen wie Zulaufpumpwerk, Rechen, Sand- und Fettfang sowie Vorklär-, Belebungs- und Nachklärbecken enthielt es auch Einrichtungen für eine umfassende Schlammbehandlung. Die Einleitungsgenehmigung war bis 1985 befristet. Danach rechnete man mit strengeren Auflagen zum Gewässerschutz. Bereits bei der Planung wurden Erweiterungsmöglichkeiten für zu erwartende steigende Abwassermengen berücksichtigt. Zu den Vorsorgemaßnahmen für den Gewässerschutz gehörte auch die Regenwasserbehandlung. Seit 1978 wurden Regenüberlaufbecken an den Regenauslässen gebaut; sie dienen bis heute als Speicher- und Reinigungsanlagen und entlasten das Kanalnetz.
Der „Töpfer-Erlass” und die Folgen
Ende der 1980er Jahre wurde das Ausmaß der Umweltschäden unübersehbar. Die zunehmende Gewässerverschmutzung an Nord- und Ostsee offenbarte sich in giftigen Algenteppichen und dem massenhaften Robbensterben. Die Bilder und Berichte in den Medien erregten großes Aufsehen in der Öffentlichkeit und führten schließlich zum sogenannten „Töpfer-Erlass”.
Der damalige Umweltminister Klaus Töpfer formulierte darin neue Mindestanforderungen an die Qualität der in die Flüsse geleiteten Abwässer. Die Einleitung der Nährstoffe Phosphor und Stickstoff wurde drastisch reduziert, die Grenzwerte für andere Schadstoffe erheblich verschärft. Um den neuen gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, mussten die Kläranlagen technisch nachgerüstet werden.
Ausbau des Klärwerks
Die neuen gesetzlichen Vorgaben mit den verschärften Einleitwerten (Grenzwerten) von Schadstoffen machten weitere Investitionen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Mannheimer Klärwerks notwendig.
Bereits 1986 wurde die biologische Reinigungsstufe um eine Filtrationsanlage erweitert. Im folgenden Jahrzehnt wurden das Rechenhaus sowie die Schlammentwässerungs- und Trocknungsanlage erneuert. Seit der erfolgreichen Inbetriebnahme der erweiterten biologischen Reinigungsstufen im Zuge des Klärwerkausbaus verringerten sich die Ablaufwerte erheblich. Dies war ein wichtiger Beitrag zum nachhaltigen Gewässerschutz und verminderte zudem die gesetzlich festgelegten und am Verschmutzungsgrad ausgerichteten Abwasserabgaben.
Ende der 1990er Jahre erforderte der weitere Ausbau des Klärwerks noch einmal hohe Investitionen, um die strengen Einleitbedingungen für Abwasser in öffentliche Gewässer zu erfüllen. Für insgesamt 138 Mio. DM wurde eine neue biologische Reinigungsstufe mit fünf Belebungsbecken, zehn Nachklärbecken, einem Gebläse- und einer E-Station geschaffen.
Auch das Niederschlagswasser durfte aufgrund seiner erheblichen Verschmutzung („Saurer Regen”) nicht mehr ungereinigt in die Flüsse geleitet werden. Auf der Grundlage eines Gutachtens zur Regenwasserbehandlung entstanden in Mannheim zwischen 1990 und 2005 zahlreiche Regenrückhaltebecken und Kanalstauräume.
Mit einer Reihe weiterer Projekte wurde das Ziel eines nachhaltigen Gewässerschutzes kontinuierlich verfolgt. Die Inbetriebnahme bzw. Erweiterung von Pumpwerken und Regenüberlaufbecken zur Entlastung der betroffenen Stadtteile bei Starkregenereignissen bildete den Abschluss des Regenwasserrückhalte- und Behandlungsprogramms mit einem Stauraumvolumen von insgesamt 185.000 m3.
Nachhaltiger Gewässerschutz
30 Jahre nach dem „Töpfer-Erlass” und der konsequenten Umsetzung seines 10-Punkte-Programms weisen heute die meisten Flüsse eine gute Wasserqualität auf. Die gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Ländern, Kommunen und Industrie für den Gewässerschutz haben dazu geführt, dass der Oberrhein heute eine Gewässergüte wie im ausgehenden 19. Jahrhundert aufweist. Über 30 Fischarten, darunter das Flussneunauge, die Regenbogenforelle und der atlantische Lachs tummeln sich wieder im Rhein. Das gestiegene Umweltbewusstsein der Bevölkerung, die Verschärfung der wasserrechtlichen Vorschriften und der technologische Fortschritt haben neue Standards in der Abwasserentsorgung gesetzt.
Text aus: Wir klären das für Sie! Abwasserentsorgung in Mannheim seit 140 Jahren, Imagebroschüre der Stadtentwässerung Mannheim zum Download