In den 1890er Jahren ist es ein Muss für ein „Gutes Geschäft“ seine Schaufenster und Eingangstüren mit gusseisernen Säulen zu dekorieren. Das Unternehmen für Bauschmuck von Carl Flink hat bis heute seine vielfältigen Spuren hinterlassen.
„Flink´sche Ladenständer und Säulen stehen in großer Zahl in Baden, der Pfalz, Rheinland, Luxemburg, der Schweiz. Elsass-Lothringen usw.“. Dieses Zitat aus einem Buch von 1922 über Mannheim, stimmt immer noch, und sogar in Mannheim sind viele „Ladenständer“ zu finden.
Doch was sind denn „Ladenständer“ überhaupt? Und wo sind die Säulen? Es handelt sich um gusseiserne Pfosten oder auch „Pilaster“ rechts und/oder links von Ladeneingängen. Sie sind meist oben und unten mit Schnecken und Bögen verziert. Manchmal gibt es jedoch wahre Prachtexemplare mit Löwenköpfen und Obstkörben. Meist schließt das Schaufenster direkt an das Eisen an. Oft sind die Metallständer schon mehrfach mit Farbe übermalt. Carl Flink hat sein Herstellersiegel wie eine „Visitenkarte“ auf den Werkstücken jeweils etwa auf Kniehöhe eingegossen. (Deutsche Städte: Mannheim, Kundi-Verlag, 1922)
Bauschmuck
Bauschmuck
Carl Flink (1845 bis 1926) stammt aus einer angesehenen und wohlhabenden Meersburger Familie. Seit 1885 ist er Mannheimer Bürger, und kauf mit 40 Jahren die Eisen- und Gelbgießerei von Georg Waibel in der Amerikanerstraße in der Schwetzinger Vorstadt. (Dieser markante Straßenname rührt von der 1764 gegründeten „Amerikanische Gummiwarenfabrik A.G.“ her, die sich auf dem Gelände (Nr. 14–20) befand.) Fink kauft das Areal Nr. 2–12 auf zwei Tranchen (1885 und 1889). Zunächst stellt Flink für seine Kunden (z. B. Maschinenfabriken) jeweils Gussteile her – ist „Zulieferer“ und betreibt sogenannten Kundenguss.
Dekorativer Bauguss – ein Muss für „gute Geschäfte“
„Durch die starke pfälzische Konkurrenz gezwungen, musste sich Flink nach einer Spezialität umsehen, da Kundenguss bei den gedrückten Preisen nur Verluste bringen konnte. In Architekten und Baumeisterkreisen wurde damals der Wunsch laut nach verziertem Bauguss, der bis dahin hauptsächlich in Frankreich und von da in einigen wenigen Werken hergestellt wurde. Dieser Bauguss wurde sofort aufgenommen, indem nach Entwürfen tüchtiger Architekten und Baumeister neue Modelle ausgeführt wurden, die mit der Zeit eine Sammlung bildeten, wie sie geradezu einzig dastand.“ (aus: Deutsche Städte: Mannheim, Kundi-Verlag, 1922)
In den 1890er Jahren ist es ein Muss für ein „Gutes Geschäft“ schöne Schaufenster zu haben. Dafür waren die gusseisernen Säulen und Pilaster wichtige Elemente. Das Unternehmen von Carl Flink wächst auf ca. 250 Arbeiter, 1905/06 wird es als Aktiengesellschaft aufgestellt.
Erhalten ist aus dem Jahr 1901 die prächtige Treppe im heutigen Mannheimer Leihamt, damals Süddeutsche Bank. Ein umfangreiches Musterbuch der Mannheimer Eisen- & Bronze-Gießerei Carl Flink zeigt u. a. Wendeltreppen, Balkone, Kandelaber, Säulen und Pfosten.
Doch um die Jahrhundertwende ändert sich der Architekturgeschmack und es gibt überdies verschärfte Bauvorschriften, die das Verbauen von Gusseisen nicht mehr so einfach gestatten. Bei Bränden bricht die Konstruktion nämlich schnell zusammen. Allein die Strahlungswärme eines nahen Feuers reicht aus, das Eisen zu erweichen. Flinks Geschäft mit dekorativem Bauguss bricht stark ein.
Es kommen dafür neue Bereiche wie einer Werkstätte für Eisenkonstruktionen hinzu, die ganze Ladenfassaden und kleine Hochbauten herstellt. Carl Flink wird bekannt für seine gute Qualität von Fassaden-Elementen, Balkonen, Veranden, Wintergärten und Treppenanlagen. Die Aktiengesellschaft kann 1905 ihren Aktionsradius ausweiten und beliefert jetzt Bauten in Homburg, Aachen, Baden-Baden, weiterhin Fabrikbauten, Veranden, Wintergärten, Speisesäle mit versenkbaren Fenstern für Kurhotels. (Kissingen, Wildungen).
In Mannheim ist Flink mit seinen Eisenkonstruktionen in der Lutherkirche beteiligt (1904-06) und bei der Kuppel der Christuskirche (1907-11). Für die Mannheimer Garten- und Jubiläumsausstellung im Jahr 1907 fertigt Flink die Eisenkonstruktion der Palmenhalle, die zur Wiederverwendung an einem anderen Ort gebaut war. Leider wird sie Zweiten Weltkrieg zerstört.
Grabschmuck, Salonbronzen und Jauchepumpen
In den folgenden Jahren konzentriert sich das Unternehmen einerseits auf Kunstgewerblichen Grab- und Denkmalschmuck: Grabeinfriedungen, Grabdekoration mit Palmen, Kränzen, Reliefs, Gedenktafeln, Schriften auf Stein, Büsten, Figuren und sog. Salonbronzen.
Der andere Zweig des Unternehmens konzentriert sich auf Jauchepumpen und landwirtschaftliche Apparate wie Rübenmühlen, Futterschneider, Deichselstützrollen, Mähmaschinenschleifsteine usw. Im Stadtführer von Mannheim aus dem Jahr 1913 annonciert Karl Flink gleich zweimal: als Eisengießerei für Bauguss, Maschinenguss, Stalleinrichtungen und andererseits als Kunstschmiede für Fassaden, Eisenhochbau, Veranden, Treppen etc.
Was bleibt: die Fink´sche Wiese
Um 1914 beschäftigt das Unternehmen 300 Arbeiter*innen, um 1922 sind es nur noch 200. Die Umstellung von Heereslieferungen im 1. Weltkrieg (vermutlich Munition) auf die Friedensproduktion machte der Firma zu schaffen. Das Buch von 1922 berichtet von aktuell 200 Arbeitskräften und dass es schwer sei, geeignete Leute zu finden.
Doch schon 1925/6 gerät die AG in eine prekäre finanzielle Situation. 1925 geht die Firma in Liquidation, 1927 ist sie erloschen. Sie muss das gesamte Firmenareal an die Stadt Mannheim verkaufen. Das Gelände ist noch lange als „Flink´sche Wiese“ bekannt. Es ist jetzt ein schöner Spielplatz.
Carl Flink ist ab 1906 bis 1926 mit seiner Privatadresse in der Amerikanerstraße gemeldet. Matthias Mayerhofer geht allerdings davon aus, dass er nach der Umfirmierung zur Aktiengesellschaft im Jahr 1906 gar nicht mehr in Mannheim, sondern in Meersburg wohnte. Er ist zu diesem Zeitpunkt schon 60 Jahre alt. Mit 80 Jahren stirbt er in Meersburg, praktisch mittellos, weil er von „seinen Betreuern regelrecht ausgeraubt worden war“ (Mayerhofer).
- Besprechung der Firma in Deutsche Städte: Mannheim, Herausgegeben unter Mitwirkung der Stadtverwaltung Mannheim, „KUNDI“ Kunst- und Industrieverlag Stuttgart, 1922
- Dr. Matthias Mayerhofer: Carl Flink – Aufstieg und Niedergang eines vergessenen Mannheimer Industriellen, Mannheimer Geschichtsblätter 17, Erscheinungsdatum: 2009
Die angegebene Andresse ist der ehemalige Firmensitz, heute ein Spielplatz. Der Bauschmuck ist jedoch an vielen Geschäften in den Altstädten der Region zu sehen.
Die „Ladenständer“ sind von außen jederzeit an vielen Geschäften in Altbauten noch zu erkennen.