Am Rheindürkheimer Fahrt findet sich am Rheinufer eine ummauerte Ausbuchtung, die auf die ehemalige Funktion als Standort für einen Rheinkran hinweist. In der kurpfälzischen Zeit vom 16. bis 18. Jahrhundert befand sich auf den natürlichen Hochufer am Fahrt der Hafenkran des Oberamts Alzey mit angeschlossenem Holzhof. Heute steht eine mächtige Esche an Stelle des Krans. Eine Bank lädt für eine Pause ein.
Die „Bastion“
Der Kran stand auf einem in den Rhein heute noch vorgelagerten Rondell. Er bestand aus einem etwa 8 m hohen gemauerten Rundturm (Bastion) aus Neckar-Sandstein, auf dem eine drehbare Holzkonstruktion aufgesetzt war, die einen langen Kranbalken trug. Der Betrieb erfolgte mit Muskelkraft durch mehrere „Kranknechte“, welche die Last mittels der beiden großen hölzernen Treträder bewegten. Am ähnlichsten zu heute noch bekannten Kränen dürfte der Rheinkran von Andernach (erbaut 1554-1557) sein, der nachweislich auch als Vorbild für weitere Anlagen dieser Art diente. Die Informationstafel am Kraneck zeigt zur Veranschaulichung auch eine Zeichnung des Andernacher Krans.
Zollvermeidung
Am Fahrt gab es in dieser Zeit auch eine Fähre an das rechte Rheinufer, hiervon leitet sich wahrscheinlich auch die Ortsbezeichnung „Fahrt“ ab. Über die Fähre in Rheindürkheim konnte man unter Umgehung der nicht zum Kurfürstentum Pfalz gehörenden Stadt Worms über den Rhein in die (noch bis 1689) rechtsrheinische Kurpfalz gelangen, ohne in Worms Zoll zahlen zu müssen.
Hungersteine
Unterhalb des Kranecks befinden sich die „Hungersteine“ aus der Zeit nach der Rheinkorrektur. Sie sind nur bei sehr starkem Niedrigwasser zu sehen. Früher waren Jahre mit besonders niedrigem Pegel Dürrejahre und somit auch Hungerjahre. Hier wurde im Nachkriegshungerjahr 1947 das Wort „Hunger“ eingemeißelt und mit Jahreszahl versehen. Die erste Einmeißelung ist von 1857. An der Elbe gibt es Hungersteine wohl mehrfach, am Rhein sind die Rheindürkheimer Steine laut Wikipedia die einzigen.
Hafenkran mit angeschlossenem Holzhof
Aussichtspunkt
Erstes Kranrecht seit 1565
Der Rheindürkheimer Ortsteil Fahrt ist seit 1457 als „Zimmermanns-Hütte“ bzw. „Neue Hütte“ belegt. Der erste Rheinkran an dieser Stelle wurde wohl 1560-1565 gebaut und ist über das Kranrecht (1) der Kurpfalz ab 1567 belegt. Außer der Zollstation (2) zum benachbarten Territorium Worms hatte der Fahrt als Hafen des kurpfälzischen Oberamts Alzey auch einen Holzplatz. Hier wurde vor allem Holz aus der Pfalz und dem Schwarzwald für das waldarme Rheinhessen über den Rhein angeliefert. Über den Holzweg, oder auch „Bellenhecken Weg“ genannt, wurde das Holz zum Oberamt Alzey gefahren.
Die Zugehörigkeit des Ortsteils Fahrt zur Kurpfalz als Zoll- und Fährstation blieb auch erhalten, als durch einen Tauschvertrag 1705 aus dem vorherigen Kondominat die Dorfherr-schaft von Rheindürkheim an das Hochstift Worms überging, die Zollgerechtigkeit (Zollrecht) am Fahrt blieb dafür alleine bei der Kurpfalz. Erst mit der Schaffung des Département du Mont-Tonnerre (Donnersberg) 1798 wurde der Fahrt wieder nach Rheindürkheim eingegliedert.
1689 Neuaufbau eines Krans und Streit mit Worms
Etwa um 1670 wurde der Kran aufgegeben, da er baufällig geworden war. Nach den Verheerungen durch die Franzosen im Erbfolgekrieg begann die Kurpfalz 1689 umgehend mit dem Wiederaufbau eines Krans. Auch in Worms begann man mit der Errichtung eines Kranes. Er wurde 1700 fertig gestellt. Die Kurpfalz forderte im August 1702 diesen wieder abzubauen, da er in Konkurrenz zum Rheindürkheimer Kran stehe, man drohte sogar das Lagerhaus zu demolieren. Erst 1708 fand man eine Einigung. Von allem, was zu Worms verladen wurde, war in Rheindürkheim Kranengeld zu entrichten.
Nach 100 Jahren das Ende als Brennholz
Entgegen der Angaben auf der Informationstafel am Kraneck bestand der Kran mindestens bis Ende des 18. Jahrhunderts, denn neben der urkundlichen Erwähnung aus 1705 ist aus dem Februar 1789 eine Urkunde erhalten, wonach der Erbständler (3) Samuel Deron [andere Schreibweise zu de Roon] zu Rheindürkheim von dem Kauf- und Handelsmann Jakob Philipp D'Orville aus Frankfurt 25.000 Gulden geliehen und diesem dafür die Höfe und Kranen zu Rhein-Dürkheim mit den Holzhöfen daselbst und zu Roxheim mit ihrem Konsens verpfändet hat. Neben dem Kranbetrieb mit Holzhof bestand demnach ein Kalk- und Ziegelofen sowie ein Weinausschank. Wahrscheinlich wurde der Kran in den Kriegsjahren 1794/1795 von Franzosen beschädigt, die auch das Herrenhaus am Fahrt „des Holzes zum Brennen wegen“ abrissen.
Anmerkungen
- Das Recht einen Kran zu betreiben musste vom Landesherrn erteilt werden. Mit dieser Konzession war verbunden, dass man das Recht hatte, für das Verladen Gebühren (Kranengeld) zu erheben. Dies erfolgte meis-tens nach dem verladenen Gewicht. Für Rheindürkheim ist leider keine Kranenordung (also Gebührentabelle) überliefert, in Köln ist das noch aktenkundig.
- Das Zollrecht wurde früher verpachtet (wie schon in biblischen Zeiten Zachäus ein römischer Zollpächter war). Wer vom Kurfürst das Recht verliehen bekommen hatte Zoll zu erheben, musste an den Konzessions-geber eine Pacht bezahlen und bekam ansonsten Einnahmen für sich. Zoll bestand meist in Form von Brücken-, Fähr- und Weggeld oder als Abgabe auf Waren. Die Zollgebühren wurden allerdings vom Landesherren festgesetzt.
- Diese Pacht des Zollrechtes war vererbbar, daher „Erbständler“.
- Gensicke, Hellmuth: Zur älteren Geschichte von Rheindürkheimer Fahrt, in: Heimatjahr-buch des Landkreises Worms, 1962, S. 128–131
- Hüttmann, Hans-Dieter Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Sozialge-schichte der freien und Reichsstadt Worms 1659–1789. Der Wormsgau, Beiheft 23. Worms 1970
- Matheus, Michael: Hafenkrane. Zur Geschichte einer mittelalterlichen Maschine an Rhein und seinen Nebenflüssen von Straßburg bis Düsseldorf. Trier 1985
Pkw: Rheindürkheim, Am Fahrt 3
ÖPNV: Haltestelle Rheindürkheim, Coswigsiedlung
Fahrrad: Rheinradweg