Rheindürkheim war bis Anfang der 1960er Jahre Standort einer der ältesten und größten Strohzellstoff-Fabriken in Westdeutschland. Von den Werkssiedlungen sind die Arbeiterhäuser in der Dammstraße sowie zwei Beamtenhäusern in der Hüttenstraße und die Coswig-Siedlung erhalten. Die ehemaligen Fabrikanlagen erstreckten sich vom Rhein bis weit in das heutige Industriegebiet Worms Nord II. Die stark befahrene B9 zerschneidet den Ort, doch ein Blick auf die mehr als 100 Jahre alten Reihenhäuser in der Dammstraße und die Coswigsiedlung lohnt sich.
Wohnen, privat
Die Gründung der Vereinigten Strohstoff-Fabriken AG mit Sitz in Dresden und ihren Werken in Coswig und Dohna (beides in Sachsen nahe Dresden), und ihrem Werk in Rheindürkheimer Fahrt erfolgte 1885. Nach dem 2. Weltkrieg verlor das Unternehmen seine Fabriken in der sowjetischen Besatzungszone durch Enteignung (1946). Die Gesellschaft verlagerte 1948 ihren Sitz ins Rheinlandpfälzische Rheindürkheim und firmierte hier als „Rheinische Strohzellstoff AG Rheindürkheim“.
Umfangreicher Werkssiedlungsbau
Um Beschäftige an das Unternehmen zu binden begann man schon 1913 in der Dammstraße 13 Werkshäuser zu bauen. Diese wurden als Reihenhäuser mit hinten anliegendem Schuppen mit Klosett errichtet. Die Mittelhäuser hatten 58 qm Wohnfläche, die beiden Endhäuser waren jeweils größer mit rund 70 qm Wohnfläche.
In der knapp einen Kilometer entfernten Hüttenstraße wurden zwei Beamtenwohnhäuser als recht großzügige Doppelhäuser mit Garten gebaut. Mit „Werksbeamte“ bezeichnete man damals die heutigen leitenden Angestellten.
In den 50er Jahren kamen Geschosswohnungen in der Dammstraße und am Frühlingsweg hinzu. Die Belegschaft war inzwischen auf rund 400 Beschäftige angewachsen. Die neuen Geschosswohnungen hatten mindestens 65 qm und wurden für 30 bis 40 DM vermietet. Wer lieber selbst bauen wollte, erhielt ein zinsloses Baudarlehen. Die Betreuung dieser Gebäude erfolgte durch die eigens mit der Kommune zusammen gegründete Wohnungsbau GmbH Osthofen-Rheindürkheim.
Zuletzt entstand 1958 die „Coswig-Siedlung“, deren Name bis heute auf den Ursprung der ehemalige gemeinsame Vereinigte Strohstoff AG hinweist. Diese Einzelhaussiedlung wurde mit 25 genormten zweistöckigen Siedlungshäusern durch den Wormser Architekten Friedrich Seeger für die Wohnungsbau Osthofen-Rheindürkheim GmbH entlang einer Ringstraße (Coswigstraße) errichtet. Aus der Vogelperspektive lässt sich die ovale Anlage mit einem Spielplatz in der Mitte gut erkennen. Die Häuser galten als sehr wegweisend, weil sie durch die Standardisierung für nur 25.000 DM je Stück errichtet wurden.
- Ortgeschichtliche Arbeitsgemeinschaft Rheindürkheim e.V. (Hrsg.): Rheinische Strohzellstoff AG Rheindürkheim. Worms, 2007.
- Rheinische Strohzellstoff AG: RSZ-Mitteilungen Nr. 1 - Nr. 5, Rheindürkheim 1954-1956.
Beschreibung der ehemaligen Rheinischen Strohzellstoff-Fabrik:
www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/ehem-rheinische-strohstoff-fabrik-rheinduerkheim
- Pkw: Rheindürkheim, Dammstraße / Hüttenstraße / Coswigstraße
- ÖPNV: Bushaltestelle Rheindürkheim, Coswig-Siedlung und Sommerdamm
- Fahrrad: Rheinradweg
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