Die „Dordrecht”

Für rund 100 Jahre prägten die Radschlepper den Schiffsverkehr auf dem Rhein.

Doch nur in Duisburg ist mit der „Oscar Huber“ ein auf dem Rhein eingesetzter Radschlepper erhalten geblieben. Beinahe hätte auch Mannheim ein derartiges Museumsschiff bekommen. Doch zu Beginn der 1960er Jahre schlug die Stadt das Angebot der Reederei „Raab Karcher“, die „Willi Huber“ zu übernehmen, nach anfänglichem Interesse wegen der hohen Renovierungskosten aus. Dennoch gibt es auch in der Quadratestadt ein Relikt aus dieser glanzvollen Epoche der Rheinschifffahrt. 1961 übernahm die Seglervereinigung Mannheim einen Teil des Rumpfs des Radschleppers „Dordrecht“ und baute ihn zum Vereinsheim aus.

Nutzung (ursprünglich)

Schlepper einer Rheinreederei

Nutzung (derzeit)

Vereinsheim

Geschichte

Der Radschlepper „Dordrecht“ wurde in den Jahren 1923/24 bei der „Schiffs- und Maschinenbau AG“ in Mannheim gebaut. Er war 75 Meter lang, 9 Meter breit und besaß einen Tiefgang von 1,45 Meter. Die Besatzung bestand anfänglich aus einem Kapitän, zwei Steuermännern, drei Maschinisten, fünf Matrosen und sechs Heizern.

Im Vorschiff waren die Räume der Mannschaft untergebracht. Im Heck befanden sich die Wohnräume des Kapitäns und des Ersten Maschinisten. Außerdem gab es dort einen Salon und eine Koje für die Direktion der Reederei. Zwei getrennte Messen für Matrosen und Heizer befanden sich vor den beiden Radkästen.

Als Antriebsmaschine erhielt das Schiff eine neuartige Dampfturbine, die eine Leistung von 1200 PS erbrachte. Damit der Schlepper die Eisenbahnbrücke bei Kehl passieren und damit den kompletten Oberrhein befahren konnte, waren die beiden Schornstein sowie Steuerhaus und Brückengeländer niederlegbar.

Eine Testfahrt im Sommer 1924 erbrachte ein zufriedenstellendes Ergebnis. Im Vergleich zur Kolbendampfmaschine wurden über 30 Prozent an Kohle gespart. In Konkurrenz zu den gleichzeitig aufkommenden Dieselmotoren konnte sich die neue Antriebstechnik jedoch nicht durchsetzen. Insgesamt wurden nur vier Turbinendampfer gebaut. Drei für deutsche Reedereien, einer für eine französische.

1954 wurde die „Dordrecht“ auf Ölfeuerung umgerüstet, aber dann bereits drei Jahre später stillgelegt. 1961 übernahm die Seglervereinigung Mannheim den um 18 Meter gekürzten und ausgeschlachteten Rumpf und wandelte ihn zum Vereinsheim um.

Quellen:
  • Der erste deutsche Turbinen-Raddampfer, in: BBC-Mitteilungen 11 (1924), Heft 10/11/12, S. 107-109.
  • Der erste deutsche Turbinen-Radschlepper „Dordrecht“ – Erbaut von der Schiffs- und Maschinenbau Aktiengesellschaft, Mannheim, in: Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure 69 (1925), Nr. 11 vom 14. März 195, S. 342-345.
  • Rhein-Neckar-Zeitung – Ausgabe Mannheim, 7. Juli 1961.
Bauzeit / Umbauten
1923/34 und 1961
Baubestand

Vom einstigen Radschlepper blieb lediglich der vordere Teil des Schiffes erhalten. Das Heck sowie Aufbauten, die Schornsteine und die Radkästen sind verschwunden. Auf dem hinteren Bereich des einstigen Vorschiffs erhebt sich heute ein Versammlungsraum. Vom Originalschiff stammen noch der Mast sowie der Anker am Bug. Die Bugzier ist dagegen nicht historisch.

Kurz hinter dem Versammlungsraum befinden sich im Rumpf zwei quadratische Öffnungen. Durch diese erfolgte der Antrieb der beiden Schaufelräder und lagen ursprünglich in der Mitte des Schiffes.

Autor*in
Sebastian Parzer
Objektnummer
435
Adresse
Diffenéstraße 12A
68169 Mannheim
Geo
49.517216233112, 8.4681898355484
Öffnungszeiten

Außenbesichtigung jederzeit möglich