Draissiedlung in Mannheim-Waldhof
Bei der Draissiedlung handelt es sich um denselben Typus wie bei der Bopp & Reuther-Siedlung. Wie dort geht der Entwurf auf eine Zusammenarbeit von Carl Reuther und Wilhelm Söhner zurück.
Die beiden identischen dreigeschossigen Wohnblöcke sind aus gelbem Backstein mit roten Zierklinkern gemauert. Zur Südostseite haben die Fenster Klappläden. Die beiden Gebäude mit sechs eigenständigen Häusern verfügen insgesamt über 36 Dreizimmerwohnungen. Das Treppenhaus steht in der Bauflucht vor und bildet im Satteldach ein Zwerchhaus. Zu den damaligen Innovationen der Dreizimmerwohnungen zählten der Anschluss an Wasserleitung und Kanalisation, so dass hier bereits zu einem außerordentlich frühen Zeitpunkt eine Innentoilette eingebaut werden konnte.
Zwischen den beiden Baublöcken hat Söhner einen großen Kinderspielplatz eingerichtet. Für einen Teil der Wohnungen standen auf der rückwärtigen Freifläche Nutzgärten zur Verfügung. Im Jahre 2005 erfolgte eine Reinigung der Fassaden mit Hochdruck-Dampfstrahl, wodurch die unterschiedliche Farbigkeit der Backsteine wieder zur Geltung kam.
Werksiedlung der Fa. Drais
Wohnnutzung
Im Jahre 1896 gründeten unter Führung von Carl Reuther 16 angesehene Mannheimer Bürger zum Andenken an den Erfinder des Laufrades Carl Friedrich Freiherr von Drais die Drais-Fahrradwerke GmbH. Doch schon wenige Jahre später erkannten die Geschäftsführer, dass mit der Zweiradproduktion kein prosperierendes Unternehmen zu gestalten war und firmierten es in Draiswerke - Spezialmaschinenfabrik Mannheim-Waldhof GmbH um und konzentrierten sich auf die Herstellung von Werkzeugmaschinen. Damit wurde die Produktion von Maschinen für die chemische und Nahrungsmittelindustrie aufgenommen. Das Unternehmen baute Misch- und Knetmaschinen, Walzenreibmaschinen, Kugelmühlen usw. Zu den Firmengründern gehörten neben Reuther, Felix Bassermann, Karl Diffené, Otto Boehringer, August Oppenheimer, Emil, Robert und Felix Engelhardt sowie August Herschel. Im Jahre 1897 waren 245 Mitarbeiter in der Firma beschäftigt.
Carl Reuther (1846-1908) erarbeitete zusammen mit dem Mannheimer Architekten Wilhelm Söhner die Pläne für zwei identische Wohnblöcke. Die gesamten Baukosten für einen Häuserblock betrugen 81000 Mark. Wie in der Bopp & Reuther-Siedlung war auch in der Draissiedlung der Mietpreis je nach Lage gestaffelt. Für eine Wohnung im Erdgeschoss zahlte man 20 Mark Miete, für eine Wohnung im ersten Stockwerk 22 Mark, für eine Wohnung in der zweiten Etage 21 Mark.
Nach dem Verkauf der Arbeitersiedlung im Jahre 1983 durch die Draiswerke wurden die Häuserblocks in Wohneigentum aufgeteilt. 2003 meldete die Spezialmaschinenbaufirma Insolvenz an. 2007 erwarb die Deutsche Reihenhaus AG das ehemalige Betriebsgelände und bebaute es mit 140 Reihenhäusern. Von den einstigen Gebäuden der Draiswerke steht heute nur noch das schon in der Nachkriegszeit stark veränderte Verwaltungsgebäude am Speckweg.
- Roland Eisenlohr: Das Arbeiter-Siedelungswesen der Stadt Mannheim, Karlsruhe 1921
- Monika Ryll: Das Arbeitersiedlungswesen in Mannheim, in: Mannheim und seine Bauten, Bd. 5, 2005, S. 106-115