ehem. Eisenbahn-Ausbesserungswerk Schwetzingen
Entlang der Bahnstrecke nach Mannheim kann man in Schwetzingen heute drei Gebäude sehen, die einen eher morbiden Charme zeigen. Sie sind Reste des ehemaligen Eisenbahn-Ausbesserungswerkes – einer Anlage, die einmal fast 25 Hektar umfasste. Zu der Anlage gehört ein fast romantisches Pförtnerhaus, das man bei einer Besichtigung zu Fuß als erstes sieht. Auf einer Kastanienallee erschließen sich dann die Hallen, im Sommer fast zugewachsen. Ebenfalls auf dem ehemaligen Gelände steht eine gigantische Logistikhalle des Sportartikelvertriebes Decathlon. Der repräsentative Eingang mit dem Pförtnerhaus und die lange Allee geben einen guten Eindruck von der Größe des Werkes, das einmal der größte Arbeitgeber in Schwetzingen war.
Eisenbahn-Ausbesserungswerk
keine, auf einem Teil des Geländes ein Logistikunternehmen
Überlegungen für ein Bahnausbesserungswerk im Raum Mannheim-Heidelberg gab es schon seit 1900. In den Jahren 1913 – 1917 errichtete die damalige Reichsbahn dann die Anlage in Schwetzingen, die am 2.1.1918 als „Eisenbahn-Betriebswerkstätte“ in Betrieb ging (im Volksmund kurz „die Werkstatt“ genannt). Seinerzeit lag das Gelände noch weit von der Wohnbebauung weg. In Folge des Ersten Weltkrieges bestand bei der Bahn ein hoher Reparaturbedarf, was sich auch im hiesigen Werk bemerkbar machte, so dass es schon um 1920 rund 1.100 Beschäftigte zählte und damit über Jahrzehnte der größte Arbeitgeber in Schwetzingen war. Entsprechend umfassend war die Infrastruktur für die Arbeiter: Wasch- und Umkleideräume, Sanitätsraum, Speisesäle beispielsweise gab es schon von Anfang an, in den 20er Jahren folgten ein Stallgebäude und Schlachthaus zur Schweinezucht sowie ein Gewächshaus zur Verschönerung der Anlagen; zu dieser Zeit wurde auch eine freiwillige Werksfeuerwehr gegründet. In den 40er Jahren legte man einen Sportplatz an, aber vor dem Hintergrund des erneuten Krieges sind vor allem auch der Bau von Hoch- und Tiefbunker zu nennen, ein Feuerlöschteich und die Anlage eines Kartoffelkellers. Ein Fliegerangriff am 19. 3. 1945 brachte schwere Bombentreffer: so wurde etwa das Verwaltungsgebäude zu 75 % beschädigt, das Badhaus und der Federlagerschuppen komplett zerstört.
Auch in der Nachkriegszeit behielt das Werk lange seine Bedeutung als wichtigster Arbeitgeber in der Stadt, doch seit 1974 wurde die Arbeitsleistung stetig heruntergefahren; zum 1. 1. 1990 legte die Bundesbahn das Werk schließlich still. Einige noch brauchbare Anlagenteile (z.B. Heizkessel oder ein 1,5 t schwerer Kran) wurden verkauft bzw. für andere Bahnstellen abgebaut.
Einige Zeit lang diente das Gelände als Unterkunft für Aussiedler und Asylbewerber. 2011 schließlich begann der Abriss jener Teile, die nicht unter Denkmalschutz standen. Auf dem nördlichen Teil baute ein französischer Sportartikelhersteller ein Logistikzentrum (eröffnet 2013). Der kleinere südliche Teil mit ca. 70.000 m² ist für ein Gewerbegebiet im Gespräch.
Pförtnerhaus: Ursprünglich befand sich gegenüber ein bauliches Pendant, doch auch ohne diese Symmetrie geben das verbliebene Häuschen und die Einfahrt noch heute einen Eindruck vom repräsentativen Eingangsbereich des Werksgeländes.
Wagenrichthalle II: sie war zur Instandsetzung von Lokomotiven vorgesehen; nach Schließung der Lokomotivabteilung im Jahr 1930 stand die Halle zunächst leer und wurde dann bis 1965 für die Güterwagenreparatur mitgenutzt, danach für Lagerzwecke hergerichtet und ab 1967 an die Firma Grünzweig und Hartmann vermietet. Die Halle befindet sich heute in baufälligem Zustand und kann nicht betreten werden. Mit einem weiteren Verfall dürfte die Wahrscheinlichkeit der einst angedachten Instandsetzung für kulturelle und sportliche Zwecke schwinden.
- Joachim Kresin (Stadtarchiv Schwetzingen)
- Born, Siegfried: Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Schwetzingen. Bürgermeisteramt Schwetzingen, 1995
- Gruler, Jürgen: Alte Halle zu neuem Leben erwecken. Schwetzinger Zeitung, 5.5.2012