ehemaliger OEG-Bahnhof Mannheim-Käfertal
Die OEG ist als Schmalspurbahn mit einer Spurbreite von 1 Meter konzipiert. Vor dem Käfertaler Bahnhof liegen drei Bahnsteige. Eine der Gleisverbindungen führt auch zum nahegelegenen 1912 errichteten Betriebshof mit Umformerwerk.
Am zweistöckigen Empfangsgebäude des Bahnhofs Käfertal schließt eine eingeschossige Güterhalle aus Fachwerk an, die seit dem Umbau 1995 als Sozialraum der Straßenbahn- und Busfahrer dient. Das Bahnhofsgebäude ist aus gelbem Backstein mit roten Zierklinkern als Stockwerkgesims. Ein weiteres Zierband aus roten Klinkern verläuft unter dem weit ausladenden Satteldach. Die Fenster des Ursprungsbaus weisen Segmentbogen auf, die Fenster der späteren Anbauten haben einen geraden Sturz.
Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes lagen ursprünglich der Warteraum, ein Dienstraum, Toiletten und ein kleiner Verkaufsraum. Dienstraum und Warteraum sind heute komplett vom Kiosk genutzt. Im Obergeschoss lag die Wohnung des Bahnhofsvorstehers, zu der sich auf der Straßenseite ein eigener Zugang befindet.
Die Bahnsteighalle über die Gleise wurde 1995 eingeweiht.
Empfangsgebäude der Süddeutschen Eisenbahngesellschaft
Kiosk, Aufenthaltsraum für Bedienstete der RNV, Wohnung
Die am 12. September 1887 eingeweihte Strecke Mannheim-Weinheim, an der der OEG-Bahnhof Käfertal liegt, geht auf die Privatinitiative des Berliner Verkehrspioniers Herrmann Bachstein (1834-1908) zurück. Die Streckenführung gehört zum sogenannten Gleisdreieck Mannheim-Weinheim-Heidelberg-Mannheim und wurde auf Drängen des hessischen und badischen Umlandes notwendig, weil die Großherzoglich Badischen Staatsbahnen mit dem Friedrichsfelder Kompromiss keine direkte Anbindung des Umlandes an die Städte Mannheim und Heidelberg gewährleisteten, sondern diese zum einen nur über den Umweg und Umstieg in Mannheim-Friedrichsfeld angefahren werden konnten, zum anderen aber auch viele kleine Gemeinden entlang der Bergstraße und des Neckars außer acht ließen. Besonders die an der Bergstraße gelegenen Porphyrsteinbrüche in Dossenheim und Schriesheim waren aber auf die Eisenbahn als Transportmittel angewiesen. Außerdem lagen am erwähnten Gleisdreieck Ende des 19. Jahrhunderts 144 Fabriken und Gewerbebetriebe, 199 Mühlenbetriebe sowie 86 Jahr- und Viehmärkte, die einen regen Güterverkehr hatten. So spielte auch die Versorgung der städtischen Bevölkerung mit Lebensmittel eine wichtige Rolle. Und natürlich erleichterten die Nebenbahnen den auf dem Land lebenden Industriearbeiter ihre tägliche Anfahrt zur Arbeitsstätte.
Als erste Nebenbahn ging die Dampfeisenbahn Mannheim-Feudenheim am 4. Mai 1884 in Betrieb, die schließlich 1898 in den Besitz der Stadt Mannheim gelangte. Ab 1913 wurde auch die Pfalz durch die Rhein-Haardt-Bahn an Mannheim und Ludwigshafen angebunden.
Auch der Berliner Herrmann Bachstein erkannte die ersichtlichen Mängel des staatlichen Eisenbahn-Streckennetzes in Deutschland und ergriff die Chance, mit seinem 1879 in Berlin gegründeten Unternehmen "Centralverwaltung für Secundairbahnen" diese Lücke privatwirtschaftlich zu schließen. Die von ihm 1895-97 gegründete Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) mit Sitz in Darmstadt war eine von über 60 von ihm (mit)-betriebenen Gesellschaften, die im Bahnbau tätig waren. Die SEG war schließlich auch für den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gleisdreieck Mannheim-Weinheim-Heidelberg-Mannheim zuständig. Am Alten Messplatz nördlich des Neckars lag in Mannheim der Weinheimer Bahnhof als Endstation der Linie nach Weinheim. Am 18. Juni 1890 wurde Herrmann Bachstein auch die Erlaubnis zum Bau der Strecke Heidelberg-Edingen-Mannheim erteilt (zur Endstation am Mannheimer Kurpfalzkreisel siehe /objekte/ehem-oeg-bahnhof-friedrichsring-ma). Die komplette Inbetriebnahme des Gleisdreiecks erfolgte im Jahre 1892. Die Strecke Mannheim bis Käfertal war schließlich bis 1906 auch zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert.
Mit Gründung der Oberrheinischen Eisenbahn-Gesellschaft (OEG) im Jahre 1911 übernahm diese schließlich den Betrieb und weiteren Ausbau der Streckenführung. An der OEG - eine Aktiengesellschaft - war die Stadt Mannheim mit einer Aktienmehrheit von 51 Prozent beteiligt, um auch kommunalpolitische Interessen verfolgen zu können. Die Verhandlungen wurden auf städtischer Seite vom damaligen Oberbürgermeister Paul Martin geführt. Die SEG hielt 26 Prozent, die Neue Rheinau Gesellschaft 11,5 Prozent, die Rheinische Schuckert-Gesellschaft 10,5 % und die Süddeutsche Diskonto Gesellschaft 1 Prozent.
Im Jahre 2010 ging die OEG gänzlich in die MVV Verkehr AG auf.
- Mannheim und seine Bauten, Mannheim 1906, S. 502ff
- Friedrich-Walter: Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 3, Mannheim 1907, S. 283ff
- 75 Jahre OEG 1911-1986, Festschrift hrsg. von der Oberrheinischen Eisenbahn-Gesellschaft AG Mannheim 1986
- Ralph Stephan: Der lange Weg zur OEG, in: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte, Bd. 30, 1998, S. 35ff
- Mannheim und seine Bauten 1907-2007, Bd. 4, Mannheim 2004, S. 40
- Ralph Stephan: Das zähe Ringen um den Nahverkehr. Zum hundertjährigen Bestehen der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft, in: Mannheimer Geschichtsblätter 22/2011, S. 57-74
- Marchivum ZGS S 2/301