Eisenbahnersiedlung des Zentralgüterbahnhofs im Mannheimer Handelshafen
30 Jahre nach Baubeginn der Arbeitersiedlung wurden 1904 am südlichen Rand in der Neckarspitze die letzten Häuser errichtet. Wegen der besseren Grundstücksausnutzung entschloss sich der Bauherr für Geschosswohnungen mit zwei Einheiten pro Stockwerk. Die dreigeschossigen schlichten Backsteinhäuser weisen nur sparsamen architektonischen Schmuck auf, wie z.B. Sandsteinsockel oder Sandsteinrahmung von Haustüren und Fenster. Die ursprünglich vorhandenen Klappläden sind mittlerweile entfernt. Auch die Sprossenfenster sind heute durch großformatige Fenster ersetzt. Das Treppenhaus ist an der Außenwand leicht vorgezogen. Von den ursprünglich acht Gebäuden, die als Doppelhäuser konzipiert waren, stehen heute nur noch drei einzelne. Die anderen wurden Opfer der Kriegszerstörung und sind später in veränderter Form viergeschossig mit schlichter Putzfassade wieder aufgebaut worden.
Da die Arbeiterkolonie in großer Entfernung zur Stadt lag, waren die Bewohner auf Selbstversorgung des täglichen Bedarfs angewiesen. Zu jeder Wohnung gehörte deshalb ein großer Nutzgarten und ein Kleintierstall.
Wohnungen
Wohnungen
Zusammen mit der Verlegung des Hauptbahnhofs an die heutige Stelle am Rande der ehemaligen Mannheimer Altstadt wurde im Handelshafen im Jahre 1875 durch die Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen der Bau des Zentralgüterbahnhofs in Angriff genommen. Zahlreiche Lagerhäuser, Verwaltungsgebäude und Wohnhäuser vor allem in der Güterhallenstraße zeugen auch heute noch von diesem wichtigen Güterumschlagplatz.
Am Ende der Landzunge zwischen Rhein und Neckarmündung erstellte die Bahn im Jahre 1875 auf speziellen Hochwasserdämmen eingeschossige Reihenhäuser, jeweils zusammengefasst in Viergruppen. Insgesamt verfügte die Kolonie über 154 Wohnungen für ca. 900 Bewohner. Zum städtebaulichen Ensemble gehörten auch eine Schule, Wasch- und Badehäuser, ein Backhaus und mehrere Brunnen.
Von der Anlage - eine der ältesten Mannheimer Arbeitersiedlungen - blieb leider fast nichts mehr übrig. Heute stehen nur noch drei Häuser (Neckarspitze 4, 12 und 16), die - 1904 errichtet - zum jüngeren Baubestand der Kolonie gehören. Wegen der abseitigen Lage führte vor dem Zweiten Weltkrieg eine elektrische Straßenbahn, die mittlerweile abgebaut ist, dorthin.
Zum 1. April 1920 wurde die Badische Staatsbahn und mit ihr sämtliche Liegenschaften in die Deutsche Reichsbahn integriert. Diese wiederum ging 1949 in die Deutsche Bundesbahn über. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts privatisierte die Deutsche Bahn AG die Wohnhäuser an der Neckarspitze.
- Roland Eisenlohr: Das Arbeitersiedelungswesen der Stadt Mannheim, Karlsruhe 1921
- Wolfgang Kaspar: Der Bahnhof und das vergessene Dorf oder: Der Versuch einer Chronik vom Hauptgüterbahnhof Mannheim und der Eisenbahnersiedlung Neckarspitze, hrsg. von der Geschichtswerkstatt Jungbusch 2001
- Monika Ryll: Das Arbeitersiedlungswesen in Mannheim, in: Mannheim und seine Bauten, Bd. 5, Mannheim 2005, S. 106-115
Der historische Baubestand ist durch Kriegszerstörungen und Abbrüche erheblich minimiert.