Gesangbuchfabrik J. Schäffer, Grünstadt
Das kompakte, vier Stockwerke hohe Jugendstil-Ensemble beherbergte bis 2006 eine Großbuchbinderei. Auffallend sind vor allem die in den Putz eingearbeiteten Bauzierden. Die schmale, im obersten Geschoss abgewalmte Giebelseite mit dem Eingangsvorbau ist von Bäumen und Gebüsch verstellt.
Die durch ein Zwerchhaus, (ein zwei Stockwerke umfassender quergestellter Giebel) asymmetrisch zweigeteilte Längsseite hat 50 interessant gegliederte Fenster. Ihre Größe lassen erahnen, wie Licht durchflutet die Produktionsräume gewesen sind, die sich auf vier Geschossen zu je 700 Quadratmetern erstreckten. Die lange Fassade wirkt ausgesprochen geschlossen, sie hat auch keinen Zugang zur Saarlandstraße. Ornamente im ergrauten Putz und die Gliederung der Fenster lassen die wuchtige Fassade dennoch leicht wirken.
Ganz besonders auffällig ist der Bauschmuck um und unter dem ca. 5 Meter breiten Firmenschriftzug, der ganz ungewöhnlich rechts auf Erdgeschosshöhe angebracht ist. Der Schriftzug wiederholt sich auch auf der schmalen Giebelseite (allerdings verdeckt durch Bäume). Die Zufahrt für Lieferverkehr erfolgte durch den Hof, der in einen parkartigen verwilderten Garten übergeht. Auch hier ist die Fassade mit Fenstern und Giebel gegliedert. Ein zweites Gliederungselement ist hier das Treppenhaus, das unten in die überdachte Ladezone übergeht und oben einen eigenen Giebel ausbildet.
In einen großen Sandstein neben dem Lieferanteneingang ist auf Augenhöhe „Erbaut 1912“ gemeißelt. Gut sichtbar ist von der Straßenkreuzung das mit Biberschwanzziegeln gedeckte Mansardendach mit seinen zwei breiten Schleppgauben (je 7 Fenster) im 2. Obergeschoss und den sehr flachen Fledermausgauben im obersten Stockwerk.
Weitere originale Details wie die kantigen Dachrinnen und Fallrohre, die mit gusseisernen floral gebildeten Schellen befestigte sind, fallen auf. Die Unterseiten der Traufen sind ebenfalls mit Ornamenten versehen.
Im Innern ist die damals höchst moderne Eisenbeton-Konstruktion sichtbar. Die Räume sind funktional und ohne weiteren Bauschmuck, mit Ausnahme der Treppe. Ihre Stufen reichen durch das gemauerte, mit geschwungenen Stahlbändern versehene Geländer hindurch. Die Metall-Sprossenfenster sind doppelt verglast, außen mit Kathedralglas. Auffallend sind die original erhaltenen Heizungen in den unterschiedlich groß geschnittenen Räumen.
Großbuchbinderei
Leer stehend, wird gelegentlich als Ausstellungsort durch den Kulturverein Grünstadt genutzt
Gründung des Unternehmens 1865. Schnelle Vergrößerung des Betriebs auf ca. 100 Beschäftigte. 1912 Bau der damals sehr modernen Fabrik. Es wurden außer Gesangbüchern auch wissenschaftliche Bücher hergestellt. Schließung der Buchbinderei 2006.