Gipswerk Neckarzimmern
Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird in der Umgebung von Haßmersheim, Hochhausen, Neckarzimmern und Obrigheim Gips abgebaut. Der Gips wurde und wird entweder direkt per Schiff und Bahn in die großen Industriezentren abtransportiert oder in Gipswerken weiterverarbeitet. Das Gipswerk in Neckarzimmern arbeitete bis zum Sommer 2016.
Silogebäude für Gips
Gipswerk
Die Gipsförderung in Neckarzimmern begann in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb die „Badische Anilin- und Sodafabrik AG“ (BASF) in Ludwigshafen am 1. Mai 1914 das dortige Bergwerk. Der Chemiekonzern benötigte den in Neckarzimmern gewonnen Gips für die im Werk Oppau erfolgte Produktion von schwefelsaurem Ammoniak. Um Zeit beim Be- und Entladen zu sparen und um eine kontinuierliche Lieferung zu gewährleisten, erfolgte der Transport des Gipses nach Ludwigshafen ausschließlich per Bahn. Kurze danach errichtete die BASF das noch heute bestehende Gebäude, in dem der Gips zerkleinert und bis zum Weitertransport zwischengelagert wurde. Darin konnten täglich 1800 t Gips gemahlen werden. Zur Elektrizitätsversorgung der Fabrik wurde ein Kraftwerk in der Steinbacher Mühle eingerichtet.
Zu Beginn der 1920er Jahre erreichte die Produktion des Bergwerks Neckarzimmern seinen Höhepunkt. 1920 wurden 150.000 t und 1923 sogar 370.000 t Gips gewonnen. Täglich fuhren zwei oder drei Sonderzüge von Neckarzimmern nach Oppau. Damals beschäftigte die BASF in Neckarzimmern über 600 Mitarbeiter. Nachdem das Ludwigshafener Chemieunternehmen sein Herstellungsverfahren für schwefelsaures Ammoniak geändert hatte und den Gips aus Neckarzimmern deshalb nicht mehr benötigte, wurde die dortige Grube 1929 stillgelegt.
Als es nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge des Wiederaufbaus eine große Nachfrage nach Gips gab, pachtete 1946 die „Portland-Zementwerke Heidelberg AG“ die Baulichkeiten, um darin ein Gipswerk einzurichten. Zwei Jahre später wurde die Produktion aufgenommen. Kurze Zeit später beschäftigte der Betrieb rund 100 Mitarbeiter. Schließlich gingen die Fabrikanlagen 1958 durch Kauf in den Besitz der „Portland-Zementwerke Heidelberg AG“ über. Der im Werk verarbeitete Gips kam anfänglich wieder aus dem Bergwerk Neckarzimmern. Nach dessen endgültiger Schließung wird er seit 1951 aus der Grube Obrigheim bezogen. Zunächst stellte der Betrieb hauptsächlich Putzgips her. In den 1960er Jahren verlagerte sich die Produktion zu den Spezialbaugipsen hin.
Seit 2004 gehörte das Gipswerk Neckarzimmern zur „Südharzer Gipswerke GmbH“. Später wurde es von der Casea GmbH (Remondis-Gruppe) übernommen. Zum 31. Juli 2016 stellte das Gipswerk seine Produktion ein. Die Zukunft von Gebäude und Areal ist offen.
- Ingo Kühne, Der südöstliche Odenwald und das angrenzende Bauland – Die wirtschaftliche Entwicklung des badischen Hinterlandes um Mosbach seit der Mitte des 19. Jahrhunderts [= Heidelberger Geographische Arbeiten 13], Heidelberg 1964, S. 173.
- Hanns Obert, 1200 Jahre Neckarzimmern, Neckarzimmern 1973, S. 194-196 und S. 200f.
Silogebäude aus Stahlbeton mit Walmdach