Hoepfner in Karlsruhe: Bierburg und Immobilien
Als sich der Bierbrauer Friedrich Hoepfner um 1890 zur Expansion seiner „Bierfabrik“ für einen Neubau im neu entstehenden Industriegebiet im Osten von Karlsruhe entschied, hatte er ein Vorbild im Kopf: Schloss Neuschwanstein! Das „Märchenschloss“ des bayerischen Königs Ludwig II war damals erst wenige Jahre fertiggestellt. Den Architekten Johann Hantschel und Bernhard Koßmann ist tatsächlich eine beträchtliche Ähnlichkeit mit dem Vorbild gelungen. Allerdings fehlt die Berg-Kulisse. Die neue Brauerei wurde von 1896-1899 erbaut. Hoepfner hatte dort schon seit 1872 Eis- und Bierkeller. 1883 hatte sich süd-westlich vom Hoepfner-Bauplatz bereits die Nähmaschinenfabrik Haid-und-Neu angesiedelt, - daher kommt der Straßenname. Diese Fabrik wurde nach Übernahme durch Singer 1982 geschlossen.
Ansichtskarten
Inzwischen ist die Stadt um die Brauerei herumgewachsen. Große Stadthäuser - sogar ein Hochhaus auf dem ehemaligen Areal der Nähmaschinenfabrik - und hohe Bäume umstellen die Burg. Die „Postkarten-Ansicht“ ist in der Realität nur schwer herstellbar. Dennoch ist der Gebäudekomplex sehr imposant und voller Überraschungen. Er ist weitgehend in dunkelrotem Pfinztaler Sand- und Maulbronner Haustein ausgeführt. Stilistisch ist es eine wilde Mixtur aus mittelalterlicher Burgenarchitektur mit Elementen der Renaissance und des Jugendstils. Hinter der ausgefallenen Kulisse versteckte sich schon zu Bauzeit modernste Technologie. Hoepfner wirbt mit dem Slogan „Hochburg der Braukunst“ – in der Tat ist das Gebäude noch heute eine sehr hohe Burg.
Auch die Räume der Braustuben waren und sind stattlich mit Holz und Gemälden verziert. Der ursprüngliche Restaurationgarten bot 2.000 Gästen Platz. Er wurde inzwischen verkleinert und es gibt sogar ein Hotel im Burghof.
Das Mälzereigebäude
Im 1898 fertig gestellten dominanten Gebäude des Brauereikomplexes waren ursprünglich die Malztennen untergebracht. Seit das vollautomatische Werk II im hinteren Teil des Hoepfner Geländes in den 1960er Jahren in Betrieb genommen wurde, hatte das Gebäude seine Funktion verloren. 2011-2013 wurde es vollständig umgebaut und umgenutzt.
Von außen ist kaum eine Veränderung erkennbar. Aber im Inneren und zurückgesetzt auf der Dachterrasse haben die Architekten Matthias Wenderlein und Peter Probst in Zusammenarbeit mit Statikern und dem Denkmalschutz das Gebäude völlig umgestaltet. Dennoch sind auch von innen das Ziegelmauerwerk und die Fenster erkennbar. Auch die gusseisernen Säulen aus dem Hause Gienant in Eisenberg sind offen zu sehen. Auch die hölzernen Balken der Deckenkonstruktion wurden durch abgehängte weiße Decken erhalten.
Es gibt eine Tiefgarage und einen Aufzug. Das Haus mit jeweils 800qm auf 5 Etagen ist vor allem an Unternehmen der Hi-Tech- und Kreativbranchen vermietet.
Immobilien und Fabrikantenvilla
Da die Braukonzession in früheren Zeiten an den Hausbesitzer gebunden war, kauften Brauereien immer wieder Häuser, um dort große Schänken einzurichten. Die Immobilien waren und sind für etliche Brauereien ein zweites wirtschaftliches Standbein. Diese Entwicklung ist bei der „Hoepfner Bräu“ tatsächlich exemplarisch beobachtbar. (Siehe unter Geschichte). Dieses Immobilienunternehmen ist zusammen mit anderen in der Fabrikantenvilla untergebracht, die sich in einem baumbestandenen Park auf dem Gelände befindet.
Es lohnt sich, auf die Rückseite der Fabrik, in die Rintheimer Straße zu gehen und einen Blick auf die Auslieferung und die Jugendstilvilla zu werfen. Außerdem sind hier an einer langen Halle die Konterfeis der Hoepfner-Granden in sechs Generationen zu bewundern.
Noch mehr Bierburgen
In Karlsruhe war Hoepfner um 1900 nicht die einzige Brauerei, die mit einer solchen Burgenarchitektur beeindruckte. Auch Moninger stellten prachtvolle Bauten um sein Unternehmen, von denen heute aber nur wenig übrig geblieben ist, auch sie sind umgenutzt. Die anderen Karlsruher Brauereien bauten eher klassisch funktional im Gründerzeitstil.
Brauerei
Brauerei
1798: Gründung durch den Pfarrerssohn Karl Friedrich Gottlieb Hoepfner in Liedolsheim , ein Dorf 25 km nördlich von Karlsruhe. Umzüge nach Linkenheim und Eggenstein.
1849: Umzug nach Karlsruhe in die heutige Kaiserstraße 14, Übernahme der Schmieder´schen Brauerei.
1872: Bau von Bierkellern im Rintheimer-Feld (östlich von Karlsruhe auf freiem Feld der Rintheimer Gemarkung), schnelle Erweiterung.
1875: Anschaffung einer Dampfmaschine für die Malzherstellung und den Braukessel.
1887: Erfolgreiche Verhandlungen zur Eingemeindung des Hoepfnerschen Geländes nach Karlsruhe. Damit übernahm die Stadt die Schaffung der Infrastruktur (Kanalisation, Gas- und Wasserleitungen).
1890: Beginn der Planungen für einen Prachtbau nach dem Vorbild von Schloss Neuschwanstein.
1893: Streik der Brauereiarbeiter in Karlsruhe. Forderungen: 10-stündige Arbeitszeit, 24 Mark Wochenlohn, Bezahlung der Überstunden, Abschaffung der „Zwangsküche“. Die monatelangen Auseinandersetzungen enden mit einer Niederlage der Brauereigesellen, deren Lohn nur wenig aufgebessert wurde. Die „Zwangsküche“ (verpflichtende „Kost und Logie“ als Lohnbestandteil) wurde abgeschafft.
1896: Baubeginn unter Kommerzienrat Friedrich Hoepfner und nach Plänen von Johann Hantschel (aus Böhmen). Errichten den „Hoepfner-Burg“ in der heutigen Haid-und-Neu-Straße in Karlsruher Oststadt.
1904/05: Bau der "Villa Hoepfner" auf dem Firmenareal (Entwurf: Curjel & Moser).
Bis 1914: Aufschwung der Brauerei, dann Kriegswirtschaft mit Einfachbier. Krise in der Inflationszeit.
1921: Fritz Hoepfner übernimmt das Unternehmen.
1930: das Unternehmen firmiert als „Privatbrauerei Hoepfner“.
1938: erneuter Höchststand der Bierproduktion. Willi Worch, ehemaliger Arbeiter der Brauerei Schrempp wird NSDAP-Kreisleiter von Karlsruhe.
2. Weltkrieg: Die Produktion geht mit Einschränkungen weiter. Hoepfner baut das Standbein Malzproduktion aus. Die Gebäude überstehen den Krieg nahezu unversehrt.
1945: vorübergehend allgemeines Brauverbot durch die Alliierten. Umstellung auf alkoholfreie Getränke und Produktion von Eis.
1951: Albrecht Hoepfner übernimmt den Betrieb.
1968: Hoepfner-Malz wird selbständige GmbH.
1970er Jahre: die Krise der Brauereien überlebt Hoepfner als selbständige Regionalbrauerei. Aufspaltung des Unternehmens in drei getrennte Firmen:
- Malzfabrik Hoepfner
- Privatbrauerei Hoepfner
- Hoepfner Bräu (Immobilien).
1992: Friedrich Georg Hoepfner führt das Unternehmen.
2002: Fusionierung der Malzfabrik Hoepfner mit Palatia Malz und Malzfabrik Wallertheim zur „Bestmalz AG“
2004: Verkauf der Privatbrauerei Hoepfner an die „Brau Holding International“ in München (ein Joint-Venture der Schörghuber Unternehmensgruppe mit der Heineken NV). Die Privatbrauerei Hoepfner braut ihr Bier nun als Mieterin auf ihrem bisherigen Gelände.
2007: Ausstieg der Familie Hoepfner in der sechsten Generation aus dem Brauereigeschäft und Konzentration auf das Immobiliengeschäft mit dem Geschäftsführer Dr. Friedrich Georg Hoepfner und seinen Töchtern Catharina und Yella.
Die Hoepfner Bräu Friedrich Hoepfner Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG (abgekürzt Hoepfner Bräu) ist ein Immobilienunternehmen. Das Unternehmen kauft und entwickelt Baugrundstücke, Neu- oder Altbauten, in guter Lage und mit qualitativ hochwertiger Architektur und bietet bundesweit solche Objekte an. Für die Objekte werden meist eigene Tochtergesellschaften gegründet. Eines seiner Objekte ist das „Alte Malzwerk“, ein zentraler Bestandteil der der Hoepfner- Burg, die mit neuer moderner Infrastruktur zu eleganten Lofts umgebaut wurde.
- Die Hochburg der Braukunst. 200 Jahre Hoepfner 1798-1998, hrsg. von Dr. Friedrich Georg Hoepfner, Karlsruhe 1998;
- Barbara Guttmann: Hopfen & Malz. Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe. Mit Beiträgen von Thomas Meyer und Erik Neumann, hrsg. von der Stadt Karlsruhe – Stadtarchiv, Karlsruhe 1998 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 19);
- www.hoepfner.de Abfrage April 2016
- stadtlexikon.karlsruhe.de Abfrage April 2016