MARCHIVUM – Transformation des Ochsenpferch-Bunkers
Er war der größte Luftschutzbunker in Mannheim, der „Ochsenpferchbunker“ – zur Not für 7.500 Menschen. Von der Jungbuschbrücke aus gesehen, war er als Betonklotz im Stadtbild nicht sehr attraktiv, genauso wenig wie sein Name „Ochsenpferch“. Das hat sich ab 2016 grundlegend geändert: Die gläserne Aufstockung von zwei Geschossen und der einheitlich helle Anstrich lassen das gesamte Gebäude leichter wirken. Hell und großzügig wirkt der Eingang. Dort ist seit März 2018 das MARCHIVUM untergebracht, „Mannheims Archiv, Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung“.
Es werden jetzt nicht nur die Akten aufbewahrt, sonders das ganze Stadtarchiv / Institut für Stadtgeschichte ist mit seinen Büroräumen und Vortragssaal sowie dem Digitalisierungszentrum dort hingezogen. Die Stadtgeschichtliche Ausstellung ist dort sei 2021 angesiedelt. Das NS-Dokumentationszentrum soll folgen.
Wer sich mit der Mannheimer Industriegeschichte befasst wird zwangsläufig und gerne zu den Benutzern des Stadtarchivs gehören. Der Lesesaal und die Bauakteneinsicht sowie der Veranstaltungssaal sind im lichtdurchfluteten 6. Stockwerk untergebracht. Sie haben eine fantastische Aussicht auf die Neckarstadt, die Innenstadt und Teile des Hafens.
Luftschutzhochbunker
Stadtarchiv, Stadtgeschichtliche Ausstellung, Veranstaltungsräume
Ab November 1940 bis Januar 1943 wurde der Luftschutzbunker in der Mannheim Neckarstadt-West als einer von insgesamt 56 Bunkern (davon 20 als Hochbunker) gebaut. Der Bunker bot Schutz gegen Treffer von Bomben (bis 1.000 Kilo) und gegen Giftgas. Die Bauleitung lag beim städtischen Hochbauamt unter Stadtbaumeister Josef Zizler.
Der fensterlose Koloss bot auf 6 Stockwerken 1.834 Liegeplätzen in kleinen Kammern, die Gesamtbelegung war auf 3.412 Personen ausgelegt, im Notfall aber auch für 7.500 Personen. Die Wände sind 1,1 Meter dick aus speziellem Stahlbeton. An der obersten Kante stand meterhoch der damalige Leitspruch „Führer befiehl, wir folgen dir“.
Nach dem Krieg wird der Bunker kurzfristig als Lager für Kriegsgefangene und für „displaced persons” genutzt. Danach bis ca. 1966 zu Wohnzwecken. In der 1970er Jahren wird er als Atomschutzbunker für 5.400 Personen ausgebaut. Es wird dabei sogar über dem Eingangsbereich ein neuer sogenannter Sandbunker gebaut. In der (heute farblich dunkel abgesetzten) Kammer wurde Sand gelagert, der im Fall eines Atomkrieges die radioaktiv verseuchte Luft hätte filtern sollen. Von außen erhielt der Bunker erstmals einen „freundlichen“ Anstrich, wurde sogar mit wildem Wein kaschiert.
Seit 2003 stehen in Mannheim alle Bunker unter Denkmalschutz. Nach Ende des kalten Krieges findet der Bunker ab 2008 als Außendepot des Stadtarchivs eine neue Nutzung. Weil die bisherigen Räume des Archivs im Collinicenter marode sind, suchte man eine neue Bleibe für das Stadtarchiv. 2011 hat das „Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ die Bunker tatsächlich entwidmet. 2014 beschließt der Gemeinderat einstimmig den Umbau des Bunkers.
Der Umbau startete 2016 unter der Leitung der Architekten Peter und Andreas Schmucker mit der GBG-Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft als Bauherren. Der Bunker wurde im Inneren durch Herausnahme der Zwischenwände weitgehend neugestaltet. Erhalten blieben die Treppenhäuser, die Böden und Decken. Zwei weitere Stockwerke mit großen Glasfenstern wurden aufgebaut. Die gesamten Baukosten betragen 18,4 Mio. Euro. 6,6 Mio. steuerte der Bund im Rahmen des Programms „Nationale Projekte des Städtebaus“ bei. Neben dem finanziellen Zuschuss ist dies auch eine hohe Auszeichnung. Der Bau blieb trotz einiger technischer Herausforderungen finanziell und zeitlich vollständig im Rahmen der Planung.