Portland Forum am Herrenberg - Festhalle der HeidelbergCement AG in Leimen
Nach einer denkmalgerechten Sanierung und Modernisierung 1992 erstrahlt die große Festhalle mit ihrem mehrfach abgesetzten Walmdach, den großen Bogenfestern und niedrigen Ecktürmen wieder in warmen Gelbtönen. Das Bauwerk war in den 1960er Jahren insbesondere an seiner Frontseite grob verändert worden. Die moderne Lösung mit Glasvordach und der Einbeziehung der Außenanlagen lehnt sich an das Original an.
Der Vorplatz und das Entree sind so gestaltet, dass sie als Raum für Festlichkeiten mit einbezogen werden können. Das Haus wirkt mit seiner starken Symmetrie und der schwungvollen und üppigen Dachgestaltung und mit seinen vielen Vorbauten und Erkern einladend und festlich, nachdem es jahrzehntelang zu verkommen drohte.
Der große Festsaal mit Platz für ca. 650 Personen ist großzügig und von Licht durchflutet. Er hat eine vorzügliche Akustik. Er ist umgeben von einer breiten Empore. Deren Brüstung ist mit Dekorstreifen in Jugendstilart verziert, viele in Gold glänzende Details schmücken die Wände. Die farbigen Rundbogenfenster in der obersten Reihe sind neu, jedoch nehmen sie Jugendstilmotive auf. In den Fensterbögen sind die Standorte von Tochterbetrieben als Wappen dargestellt. Das Haus bietet weitere Räumlichkeiten für kleinere Veranstaltungen an. Einige Treppen im hinteren Bereich sind weitgehend im Original erhalten.
Die Außenanlagen mit den parkartigen Grünanlagen und einem liebevoll angelegten Nutzgarten ziehen sich den Hang hinauf. Sie sind ebenfalls neu gestaltet. Sie gehen über in den großzügigen Garten unterhalb der ehemaligen Direktionsvilla, die 1911 fertig gestellt wurde. Sie ist nur noch äußerlich weitgehend originalgetreu erhalten, innen jedoch vollständig umgebaut.
Arbeiterfesthalle für Feste, Bücherei, Freizeit- und Bildungsstätte
Festhalle für Konzerte, Tagungen, Kongresse, Messen und Ausstellungen
Nach mehreren Firmenübernahmen seit 1899 und nach der Fusion mit der Mannheimer Portland-Cement-Fabrik AG im Jahr 1901 wuchsen die “Portland-Cement-Werke Heidelberg und Mannheim AG“ rasch zu einem großen Konzern. Friedrich Schott, patriarchischer Firmenchef, setzt sich in dieser Zeit für den Bau verschiedenster Wohlfahrtseinrichtungen ein. In Leimen entstand neben Werkswohnungen, ein Hallenbad und 1909 eine große Arbeiterfesthalle. Ein Vorstandmitglied hatte eine Stiftung zu Bestreitung der Baukosten eingerichtet.
Der Firmenchronik ist folgendes zu entnehmen: „Die Festhalle sollte den Arbeitern und Angestellten sowie deren Familien vor allem als Versammlungsort und zur Weiterbildung dienen. Neben einem großen Versammlungssaal waren eine Bücherei mit Lesezimmer, ein Billardzimmer, eine Kleinkinderschule mit einer ausgebildeten Erzieherin sowie eine modern eingerichtete Küche vorhanden. Letztere diente auch den Töchtern der Beschäftigten als Lehrküche. Der Versammlungssaal verfügte über eine gut eingerichtete Bühne mit Lichtbildapparat und Kinematograph. Bis zu 2.000 Personen fanden Platz. Fast jeden Sonntag fanden Vorträge, Theateraufführungen und sonstige Unterhaltungsveranstaltungen statt.
Das traditionelle Arbeiterfest wurde jeweils im Herbst abgehalten und vom Arbeitergesangverein musikalisch umrahmt. Das Leitmotiv, das auch als Schriftzug über dem Eingang angebracht war, lautete: Tages Arbeit – Abends Gäste; Saure Woche – Frohe Feste An der Tür der Festhalle hatte der technische Vorstand Friedrich Schott als Symbol der Einigkeit zwischen Arbeitern und Unternehmern zwei ineinander geschlungene Hände, einen Abguss seiner Hand und der des damaligen Arbeiterführers, Emil Rüdiger, anbringen lassen.
Zusammen mit verschiedenen Werksvereinen, dem Schützenverein und der Fabrikfeuerwehr bildeten die werkseitigen Sozialeinrichtungen einen kleinen Kosmos. In diesem waren Arbeiter und Beamte sowohl in der Arbeitszeit als auch in der Freizeit eingebunden. Die isolierte Lage des Werks vor den Toren der Stadt Leimen förderte die Bildung einer eigenen Identität. Die halböffentlichen Werkseinrichtungen bewirkten andererseits eine zunehmende Integration des Zementwerks in das kommunale Leben. Im ersten Weltkrieg diente die Festhalle als Lazarett. Im Dritten Reich war sie während der Renovierung der alten Kantine, Werksküche und Werkskantine. Nach umfangreichen baulichen Veränderungen im Jahr 1968 wurde 1994 schließlich eine denkmalgerechte Sanierung und Modernisierung durchgeführt.“
Dass es bei der Leimener Zementfabrik nicht immer nur festlich und einig zuging, ist der lesenswertern Chronik an anderer Stelle auch zu entnehmen.
- Dietmar Cramer & Steffen Fuchs, „Von Menschen und Zement – die Geschichte des Zementwerks Leimen“, Heidelberg 2001, S. 99ff
- Dietmar Cramer, „Von Gegengemeinde und Sängerbund. 100 Jahre Sängerbund der Vereinsgemeinde Zementwerk Leimen 1903 e.V.“, Heidelberg 1903