TBS-Transportbeton
Fast ein wenig versteckt unterhalb der Bahntrasse am linken Ufer des Verbindungskanals liegt die Firma TBS-Transportbeton. Wer die Straße entlang geht – von der Teufelsbrücke bis zur Spatzenbrücke – erkennt nur wenig von dem regen Betrieb. Die beste Sicht hat man vom anderen Ufer des Verbindungskanals oder von der Kurt-Schumacher-Brücke: ein Nest von blau, rot und grauen Silos, Zementmischanlagen und Bergen von Kies unterschiedlicher Körnung. Dazwischen kurven LKW mit rotierenden Betonmischern.
Das Familienunternehmen TBS (Transport-Beton-Service) hat sich aus einer Binnenschifferfamilie entwickelt. Tatsächlich verfügt die Firma auch noch über ein eigenes Schiff, das Gütermotorschiff GMS Jessica, das bis zu 1100 Tonnen über Rhein und Neckar verfrachtet. Auch „staubfreien Schüttgüterumschlag“ auf dem eigenen Gelände bietet TBS als Service an. Sehr große Lagerkapazitäten und die eigene Kiesschifffahrt macht den Betrieb weitgehend unabhängig von Lieferschwankungen. Fast immer liegen ein oder zwei Schiffe vor dem langestreckten TBS-Betriebsgelände. Und fast immer ist der große Kran mit einer Kapazität von 300 Tonnen pro Stunde in Bewegung, um Sand, Kies, Baustoffe, Zement, Bindemittel und andere Grundstoffe für Beton abzuladen.
Ein eigenes kleines Blockheizkraftwerk für Strom und Wärme – das stetige Brummen bei der Teufelsbrücke – ermöglicht ganzjährige Produktion von Transportbeton, ohne dass der Kies und die Zuschlagstoffe im Winter zu festen Brocken gefrieren.
Die Produkte
Das Betonwerk stellt hauptsächlich Fertig-Beton für die Bauindustrie her, der mit Fahrmischern direkt auf eine Baustelle geliefert wird; so z.B. auf die ehemalige Riesenbaustelle von Q6-Q7 oder zum C-Hub auf der anderen Seite der Teufelsbrücke, der mit durchgefärbtem Beton gebaut wurde. Weitere wichtige Produkte sind Bindemittel, die zur Stabilisierung von Böden dienen. So können z.B. bei der Sanierung von Autobahnen die abgetragenen Materialien wieder verwendet werden.
Sogar eigene Sorten von Zement mischt TBS unter Verwendung von Flugasche des Großkraftwerks, was zu einer deutlichen Reduktion des CO²-Ausstoßes führt. Außerdem ist TBS als eine „ständige Betonprüfstelle“ anerkannt und verfügt über zwei Beton- und Bindemittellabore und ein weiteres mobiles Labor für die Überwachung der Qualität des Betons direkt an der Baustelle.
Recycling-Beton
Als „Spezialität“ bietet TBS auch sogenannten Recycling-Beton an. Dabei wird Recycling-Material aus mineralischen Baustoffen – sprich: zu Granulat aufbereiteter Bauschutt - statt Kies als Zuschlag beigemischt. Das schont nicht nur die natürlichen Steinressourcen wie Kies und Sand, es verringert auch die Transportwege, denn Bauschutt fällt praktisch in jeder Stadt an. Der Bausektor ist einer der größten Ressourcenverbraucher der Welt. In vielen Ländern der Erde gibt es bereits zu wenig Sand, der für die Bauindustrie verwendbar wäre. Noch ist Recycling-Beton nicht der Standard. Das ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH begleitete ein Projekt, bei dem TBS und das Recyclingunternehmen Scherer & Kohl zusammenarbeiten. Im Rahmen eines Pilotprojektes in Ludwigshafen wurden so verschiedene Anwendungsmöglichkeiten von Recyclingbetonen beim Bau von Wohnhäusern (Bodenplatte, Fundamente, Geschossdecken) aufgezeigt. Das Fazit: „Die Weiterverwendung von Altbeton aus der Nachbarschaft (wird) immer mehr an Bedeutung gewinnen“.
Streetart „Ökosystem“
Wer vom Jungbusch über die Teufelsbrücke läuft, dem fällt von weitem schon das faszinierende Wandgemälde an der Betonwand von TBS auf. Es entstand von Mai bis September 2015. Auf Einladung von TBS, vermittelt über die Galerie Stoffwechsel (Kuratorin Petra Stamm), hat Benjamin Burkard das Wandgemälde „Ökosystem“ auf 900 Quadratmetern geschaffen. Ein spannendes Video dokumentiert den vielschichtigen Entstehungsprozess.
Das Kunsthaus Artes würdigt Benjamin Burkard folgendermaßen:
Der deutsche Maler Benjamin Burkard vertritt die These, dass Mensch und Maschine im Laufe der Geschichte nie voneinander getrennt waren. Unter dieser Prämisse entwirft er fiktive Maschinenwelten, in denen die Technik mit menschlichen und animalischen Elementen verschmilzt.
Mit einer gekonnten Mischung aus Malerei und Zeichnung lässt Burkard farbintensive Bildräume zwischen Futurismus, Surrealismus, Traumwelt und Apokalypse entstehen, deren Detailreichtum den Betrachter nicht mehr loslässt. Burkard, Jahrgang 1986, studiert Kunst und Biologie und hatte seit 2011 bereits weit über 50 Ausstellungen, zudem wurde er mit zahlreichen Preisen und Stipendien geehrt.
Lagerhäuser
Betonwerk
TBS wird 1977 durch Helmut Gilles und seiner Frau in Ludwigshafen gegründet und ist dort am Kaiserwörth-Hafen ansässig. Doch das Hauptgeschäft verlagert sich nach Mannheim, weshalb das Unternehmen 1983 in Mannheim am Verbindungskanal eine Niederlassung gründet und sich beträchtlich erweitert. Die vollständige Übersiedlung auch mit den Büros erfolgt dann 2011.
TBS übernimmt 1983 vom Vorbesitzer Rhenania den großen Wipp-Ausleger-Kran, der 1959 von der Mannheimer Firma Mohr und Federhaff gebaut wurde. Er wird gepflegt und gehegt, und versieht die Dienste seit mehr als 60 Jahren ohne Tadel. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz von Baden-Württemberg hat dieses betagte Gerät Bestandschutz. Danach sind laut § 20 alle Kaianlagen, Dalben und Umschlagsanlagen, die vor dem 1. 3. 1960 gebaut wurden, geschützt. Mit Erfolg hat sich deshalb TBS gegen Versuche des Regierungspräsidiums gewehrt, die Umschlagsberechtigung des Krans in Zweifel zu ziehen.
Stammhaus der Rhenania
Das heutige Betriebsgelände der TBS hat eine lange Geschichte. Es ist das „Stammhaus“ der Rhenania-Speditionsgesellschaft. Hermann Hecht, der seit 1903 die Schiffsagentur seines Onkels leitet, kauft 1908 am Mannheimer Verbindungskanal (Nr. 9a) die Anlagen des Spediteurs Leon Weiss. Es sind fünf zweigeschossige Lagerhäuser, in der die Spedition Weiss nur Sackgut zwischenlagert. Hecht baut 1909 am Verbindungskanal seinen ersten Speicher mit vier Böden für die lose Lagerung von Getreide.
In seiner Biografie und Firmengeschichte schreibt Herrmann Hecht: „Keimzelle der Rhenania waren die von Leon Weiss übernommenen Werfthallen am Verbindungskanal in Mannheim. Links im Bild der 1909 erbaute Getreidespeicher mit zwei elektrisch betriebenen Kränen. Sämtliche Gebäude wurden 1941 durch Luftangriffe vernichtet (Foto Hans Graßmück, Mannheim 1921.)“
Rundum Beton
1972 wird die Kurt-Schumacher-Brücke nach Ludwigshafen gebaut. 1985 kommt es durch den Bau der westlichen Einführung der Riedbahn (WER) zu einer weiteren erheblichen Veränderung in der Bebauung an dieser Stelle, denn die Bahn ist auf Betonpfeilern aufgeständert und kreuzt sich hier mit der Beton-Brücke. Ein Haltepunkt für die S-Bahn und die Straßenbahn auf der Brücke wird genau an dieser Stelle geplant, was einen kolossalen Treppenaufgang zu allen Ebenen nach sich zieht - alles aus Beton.
Kleiner Umweg
Seit den 1970er Jahren wurde die Teufelsbrücke nur noch sporadisch für die Schifffahrt geöffnet. Für große Kähne ist die Durchfahrt eh zu schmal geworden. Der Verbindungskanal von der Mühlau- bis zur Teufelsbrücke ist also zu einer Sackgasse geworden. TBS ist das einzige Unternehmen, das sich an dieser Stelle überhaupt etwas per Schiff anliefern lässt. Die Schiffe fahren deshalb einen kleinen Umweg über den Mühlauhafen und unter der Mühlau- und Spatzenbrücke hindurch.