Fremdeneinstieg in die Mannheimer Kanalisation
Vom Quadrat F 1 in der Breiten Straße führt eine eiserne Wendeltreppe mit 14 Stufen und 1,30 m Durchmesser in 3,25 m Tiefe zu einem gewölbten aus gelben Backsteinen gemauerten Gang, der mit dem zweiten früheren Einstieg in Q 1 verbunden ist. Von einer Galerie aus kann man den Hauptkanal besichtigen, von dem zwei weitere Kanäle in östliche und westliche Richtung abzweigen. Die Anschlüsse der Kanäle sind aufwändig mit Formsteinen profiliert. Das Kanalnetz umfasst eine Länge von 891 km. Über vier Hauptsammelkanäle wird täglich im Durchschnitt ca. 100.000 cbm Schmutz- und Regenwasser in einer Mischwasserkanalisation von Rheinau zum Klärwerk nördlich von Sandhofen geleitet. Aus den Anfängen der Mannheimer Abwassertechnik stehen heute noch die Pumpwerke Ochsenpferch und Neckarau sowie die Kläranlage auf der Friesenheimer Insel.
Entsorgung der Mannheimer Abwässer
wie ursprünglich
Der Fremdeneinstieg entstand im Zusammenhang mit dem Bau der Abwasserkanalisation in der Innenstadt unter Leitung des Frankfurter Stadtbaurats William Heerlein Lindley (1853-1917). Dieser war Sohn des berühmten englischen Bauingenieurs William Lindley, der sich 1853 beim Aufbau der ersten modernen öffentlichen zentralen Wasserversorgung Deutschlands in Hamburg hervorgetan hatte und später - wie sein Sohn - in den Dienst der Stadt Frankfurt trat. Im Jahre 1890 übertrug der Mannheimer Gemeinderat Lindley jr. die Gesamtleitung eines neuen städtischen Kanalnetzbaus in der Innenstadt. Der zentral gelegene Fremdeneinstieg in der Nähe des Alten Rathauses ermöglichte prominenten Besuchern und auswärtigen Fachleuten, Einblick in das als vorbildlich geltende Mannheimer Kanalnetz zu nehmen. Sogar Großherzog Friedrich I. inspizierte erstmals im Jahre 1893 die damals hochmoderne Anlage.
- Heichlinger: Die Entwässerungsanlagen. In: Mannheim und seine Bauten, Mannheim 1906, S. 576-593
- Andreas Schenk: Bauten für Versorgung und Entsorgung. In: Mannheim und seine Bauten Bd.4, Mannheim 2004, S.90-113
- Sabine Pich: Wer war William H. Lindley? In: Stadtentwässerung Mannheim. Untergrund-Magazin März 2006, S. 6-8.