Wislicenusblock (Arbeiterwohnanlage der BASF) - „Neue Hofgärten” in Ludwigshafen

Barock inspiriert wirkt die ausgedehnte, symmetrisch gestaltete Wohnanlage, deren neun Blocks sich um drei große Innenhöfe gruppieren. Die dreigeschossigen Putzbauten mit ausgebauten Mansardenwalmdächern wirken herrschaftlich. „Schloss von Ludwigshafen“ bezeichnete sie treffend Dr. Schuber von der Luwoge, das Wohnungsunternehmen der BASF, der diese Anlage fast 100 Jahre gehörte.

Die Bauten sind mit Erkern, Loggien, Zwerchhäusern und bogenförmigen Giebeln aufgelockert. Schmale weiße Friese und vertikale Elemente, sowie die weiß umrahmten Fenster, mit grünen Klappläden versehen, gliedern die mächtigen Fassaden. Die Gauben sind durch unterschiedlich kleine Dächer und Giebel verziert.

Auffallend ist, dass kein direkter Eingang von den umliegenden Straßen (Leuschner-, Anilin-, Graebe- und René-Bohn-Straße) in die Wohnblocks führt. Die Eingänge liegen in den begrünten Innenhöfen. Diese erreicht man durch Torbögen und Durchfahrten, die so angeordnet sind, dass man einen freien, reizvollen Durchblick durch die gesamte Anlage hat. Die Wislicenus-Straße führt mitten durch die Wohnanlage.

Die Wohnungen hatten zum Zeitpunkt ihrer Errichtung eine gehobene Ausstattung mit eigenen Toiletten und Bädern in der Wohnung. In mitteleren Innenhof wurde 1923 ein bemerkenswertes Kriegsmahnmal (und eben kein "Kriegerdenkmal") errichtet: eine weinende Frau mit Kind, zur Erinnerung an die im ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen. Diese Denkmal wurde im Zuge der Sanierung an einen prominenteren Platz an der Leuschnerstraße verbracht.

Der Wislicenusblock kontrastiert stark mit den umliegenden kleinen Backsteinhäusern der Kolonie, nimmt aber Bezug auf die auf der anderen Seite der Leuschnerstraße liegenden hochherrschaftlichen sog. „Franzosenwohnungen“ (Ludwigshafen und die Pfalz waren von 1918-1930 französisch besetzt).

Die Luwoge hat die Wohnanlage an die Pantera verkauft, die die Wohnungen aufwendig saniert und seit 2012 unter dem Namen "Neue Hofgärten" an Privat verkauft.

Nutzung (ursprünglich)

Arbeiterwohnungen der BASF

Nutzung (derzeit)

Wohnungen in Privatbesitz

Geschichte

Unmittebar nach dem 1. Weltkrieg, in einer Zeit der erstarkenden Gewerkschaftsbewegung und zeitweise sozialpartnerschaftlichen Hoffnungen, baute die BASF diese Wohnanlage. In den 1970er Jahren wurde sie renoviert. Die grundlegende Sanierung der Jahre 2013-2015 zielte auf bessere Wärmedämmung und größere Grundrisse der Wohnungen, Balkone, Erneuerung der Elektrik sowie eine Tiefgarage unter den Grünanlagen.

Der Namensgeber der Straßen rund um den Block

  • Johannes Wislicenus 1835-1902 war Chemieprofessor u.a. in Leipzig, bei dem 1898 Carl Bosch (der Entwickler des Haber-Bosch-Verfahrens zur Ammoniaksynthese) promovierte. (Mehr dazu auch bei der Beschreibung  Carl-Bosch-Museum-Heidelberg). Wislicenus gehörte zu den Gründungsmitgliedern des am 9. April 1891 ins Leben gerufenen extrem nationalistischen „Allgemeinen Deutschen Verbands“, der 1894 in „Alldeutscher Verband“ umbenannt wurde.
  • René Bohn (1862-1922) war ein Chemiker, der 1901 den ersten licht- und wetterechten Indanthrenfarbstoff entwickelte. Im Jahre 1906 wurde Bohn Direktor und stellvertretendes Vorstandsmitglied der BASF. Er wurde 1911 Leiter der gesamten Alizarin-Abteilung. Im Jahre 1914 wurde ihm der Professorentitel verliehen und von1919-1921 war er ordentliches Mitglied im Vorstand der BASF.
  • Carl Graebe, 1841-1927, Chemiker und Vorreiter in der Chemie der Farbstoffe.
  • Wilhelm Leuschner, 1890-1944, Gewerkschafter, sozialdemokratischer Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.
Quellen:

Mara Oexner: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Ludwigshafen am Rhein, Band 8, Düsseldorf 1990

Eigentümer
Pantera AG
Erbauer
BASF
Bauzeit / Umbauten
1918-1920
Autor*in
Barbara Ritter
Letzte Änderung
Objektnummer
89
Adresse
Leuschnerstraße 19
67063 Ludwigshafen
Geo
49.491479, 8.42855
Zufahrt

Nächste VRN-Haltestelle: Ludwigshafen, Goerdelerplatz
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Öffnungszeiten

Von außen immer zugänglich

Denkmalschutz
Ja
Barrierefrei
Ja
Die Höfe sind mit dem Rollstuhl befahrbar.