Im Jahr 1846 betrug die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der "Main-Neckar-Bahn" zehn Stundenkilometer. Da ging es im Vergleich am Bahnhof wohl fast gemütlich zu. So blieb es nicht und daher wurde der Bahnhof mehrfach umgebaut.
Ein Stich zeigt den Bahnhof um 1850 zur Straßenseite mit einem Vordach zwischen dem nördlichen und südlichen Kopfbau. 1903 deckt das Vordach einen mit Fenstern und Türen großzügig verglasten Vorbau. Einen zweistöckigen Erweiterungsbau sehen wir 1938 am nördlichen Kopfbau. Auch ist der Vorbau unter dem ursprünglichen Vordach entfernt und eine kleine Vorhalle bis zum Gehweg errichtet. Sie dient wahrscheinlich dem wettergeschützten Wechsel vom Taxi ins Gebäude bzw. umgekehrt. Vermutlich im 2.Weltkrieg beschädigt wurden die Giebel entfernt, in den Folgejahren flache Erweiterungsbauten südlich angefügt. 2013/2014 wurde der ganze Bahnhofsumfeld neu geordnet und gestaltet. Nach dem Abriß einer Ladenzeile entstand ein neuer zentraler Busbahnhof. Das Bahnhofsgebäude wurde renoviert. Die Lücke zwischen den ursprünglichen Kopfbauten ist geschlossen und mit weißem Putz von den historischen Fassaden abgesetzt.
Am Bahnsteig sind genietete Träger der Bahnsteig-Überdachungen und ebenso genietete, sehr schöne Geländer vorhanden. Sie sollen bei den 2015/2016 vorgesehenen Bahnsteigerhöhungen erhalten bleiben.
Bahnhof
Bahnhof
Nach der Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn-Strecke Nürnberg-Fürth 1835 schufen auch andere Länder die Voraussetzungen für weitere Eisenbahn-Linien. Das Land Baden beschloß 1838 den Bau einer staatlichen Linie Mannheim-Basel, deren erster Abschnitt Mannheim-Heidelberg 1840 eröffnet wurde. Schon 1838 gab es einen Staatsvertrag zwischen Baden, Hessen-Darmstadt und der Stadt Frankfurt über die Linie Mannheim-Darmstadt-Frankfurt. Deren Finanzierung und Bau durch eine private Gesellschaft mißlang. Ein weiterer Staatsvertrag von 1843 legte für die "Main-Neckar-Bahn" den bis heute existierenden Verlauf von Weinheim nach Friedrichsfeld fest, wo die Züge in die Teile nach Heidelberg und Mannheim getrennt wurden. Da hieß es "Mannem hinne", weil der hintere von Darmstadt-Weinheim kommende Zugteil nach Mannheim weiterfuhr. Das gefiel vielen Mannheimern wegen einer möglichen inhaltlichen Übertragung und allgemeinen Wertung ihrer Stadt nicht. Deswegen heißt es seither bei allen denkbaren Gelegenheiten "Mannem vorne".
Die Main-Neckar-Bahn wurde 1846 eröffnet. Sie verlief in Normalspur (1435 mm) neben der Badischen Bahn in Breitspur (1600 mm). Bald beschloß Baden die Umspurung auf Normalspur, was 1855 abgeschlossen war. Für Weinheim war wichtig, ab 1846 am seinerzeit modernsten, wachsenden Verkehrssystem teilhaben zu können. Viele Betriebe hingen bis dahin von der Wasserkraft aus Weschnitz und Grundelbach ab. Nun brachte die Eisenbahn v.a. Kohle für Dampfmaschinen und Rohstoffe für die Produktion. Weit entfernt liegende Abnehmer konnten per Eisenbahn leicht bedient werden. So entstand neben dem Empfangsgebäude für Personen ein Güterbahnhof mit bis zu acht parallelen Gleisen sowie direkte Gleisanschlüsse für mehrere Fabriken:
- Freudenberg Zwischen Dämmen / Kapellenäcker
- Ehem. Lederwerke Hirsch
- Badenia Maschinenfabrik/Naturin Wursthüllen
- Stuhl-Fabrik Ph.Leinenkugel
- Weinheimer Gummiwarenfabrik Weisbrod & Seifert
- Gewehrschäftefabrik Friedrich.
Für den allgemeinen Güterumschlag der Handelsbetriebe wurden Güterhallen gebaut und mehrfach erweitert.
Wichtige Funktionsbauten entstanden in Nähe des Empfangsgebäudes: Der Wasserturm zur Versorgung der Dampflokomotiven, ein Lokschuppen im Abzweig zur Weschnitztalbahn für vier Maschinen und die Bahnmeisterei in der Bergstraße 43 (heute südlich der OEG-Brücke), die um 1925 zu Bahnwohnungen umgenutzt wurden. Die Schmalspur-Nebenbahn (heute OEG) wurde mit einem Gleis über die Bergstraße an die Obst- und Gemüse-Markthalle geführt. Diese Halle stand für den Fernversand direkt am Güterbahnhof. Sie ist heute (2015) für den Einzelhandel umgenutzt.
Die stark wachsende Nutzung der Main-Neckar-Bahn läßt sich leicht an der täglichen Zugzahl Heidelberg-Frankfurt ablesen: 1846 zwei, 1847 fünf, 1890 zwölf. Anfangs war nur ein Gleis gebaut worden. Erst 1862 war die gesamte Strecke zweigleisig befahrbar. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag 1846 bei 10 Stundenkilometern.
- v.Hippel, Wolfgang – Stephan,Joachim – Gleber, Peter – Enzweiler, Hans-Jürgen: Eisenbahnfieber – Badens Aufbruch ins Eisenbahnzeitalter, verlag regionalkulturUbsatdt-Wiher 1990
- Grau, Ute und Guttmann, Barbara: Weinheim - Geschichte einer Stadt, Edition Diesbach Weinheim 2008
- Löckel, Wolfgang: Weinheim und seine Eisenbahnen – Verkehrsgeschichtliche Bilderstreifzüge rund um die Zweiburgenstadt, EK-Verlag (Eisenbahn-Kurier) Freiburg im Breisgau 2014 - Zahlreiche Fotos mit ausführlichen Untertiteln sowie Gleisplänen in den Umschlagdeckeln
- Stadt Weinheim
- Bahnhof Weinheim (Wikipedia)
- Main-Neckar-Eisenbahn (Wikipedia)
- Weschnitztalbahn (Wikipedia)
- OEG Oberrheinische Eisenbahngesellschaft (Wikipedia)
- Freudenberg Zwischen Dämmen / Kapellenäcker in Weinheim
- Alter Wasserturm mit Tender-Dampflokomotive
- Ehem. Lederwerke Hirsch
- Badenia Maschinenfabrik
Deutsche Bahn AG
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