Die Eistalbahn
Das idyllische, abgelegene Tal des Eisbachs, ein linker Nebenfluss des Rheins, war vor 150 Jahren eine stark industrialisierte Region. Eisenerz-, Ton- und Klebsandgruben, Eisenverarbeitung und Ziegeleien, existieren bis heute noch in der Gegend um Eisenberg, oder sie haben deutliche Spuren hinterlassen. Heute führt (wieder) eine Regionalbahn von Grünstadt über Eisenberg zum Eiswoog. Wer heute dort unterwegs ist, wird nicht vermuten, dass Eisenberg vor 100 Jahren ein Zentrum des pfälzischen Güterumschlages war.
Das ehemalige Bahnhofsempfangsgebäude (Eisenberg, Bahnhofstraße 14) der Pfalzbahn in steht unter Denkmalschutz. Es ist ein repräsentativer zweieinhalbgeschossiger spätklassizistischer Zweiflügelbau, der 1876 eingeweiht und später vergrößert wurde. Die beiden jüngeren Bahnhofsgebäude in Ramsen und Alsenborn befinden sich heute in Privatbesitz. Sie wurden erst 1931/32 nach dem Ausbau der Strecke bis Enkenbach-Alsenborn gebaut.
Wie aus einem Stück gegossen erscheint die Beton-Brücke der Industriestraße über die Bahngleise nach dem Eisenberger Bahnhof, die das Gienanthsche Eisenguss-Werk mit den Ziegelwerken auf der anderen Seite der Bahn verbindet.
Wenige Kilometer nach der Ortschaft Ramsen endet die Strecke jetzt am für den Tourismus angelegten Haltepunkt Eiswoog. Von einem nahe gelegenen Aussichtspunkt hat man einen schönen Blick nach Süden, auf die Staumauer mit dem Hotel-Restaurant und auf den See mit den Talauen.
Der Eistalviadukt / Eiswoogviadukt
Zwischen den Bäumen und Sträuchern ist der Eistal-Viadukt zu erkennen, mit seinen 271 Metern die längste Eisenbahnbrücke der Pfalz. Personen- und Güterzüge fuhren darüber rund 50 Jahre lang bis zum Bahnhof Enkenbach-Alsenborn. Doch die Sanierungskosten wären für die Brücke zu hoch, so dass der Streckenabschnitt zwischen dem Haltepunkt Eiswoog und Enkenbach-Alsenborn bislang noch nicht reaktiviert werden konnte.
Wer mit dem Rad den Barbarossa-Radweg – oder mit dem Auto die L 395 – von Eisenberg nach Enkenbach-Alsenborn fährt, hat auf den Viadukt den weitaus imposanteren Blick. An den Hängen streben die Widerlager mit Stahlbetonbögen der Vorbrücken in die Höhe. Im Tal stehen zwei weitere Betonpfeiler, auf denen die eingleisige Balkenbrücke aufliegt. Sie ist als Stahl-Fachwerkkonstruktion ausgebildet, über 200 Meter lang und 36 Meter über dem Grund. Die Brücke ist nicht begehbar.
Im Weiteren Verlauf der stillgelegten Strecke kommt der 483 Meter lange Stempelkopftunnel mit seinen omegaförmigen Portalen aus zeitypischem, expressionistisch beeinflusstem Klinkermauerwerk – hier das Ostportal.
Die Stumpfwaldbahn
Direkt unter dem Eistalviadukt stehen der Lokschuppen sowie das kleine Empfangsgebäude in Fachwerkstil des „Bahnhofs Eiswoog“ mit seinen Schmalspurgleisen. Dies ist der westliche Endpunkt einer touristischen Museumsbahn, die vom Verein Stumpfwaldbahn Ramsen e.V. mit viel Engagement in den Sommermonaten an Sonn- und Feiertagen betrieben wird. Es werden Dieselloks eingesetzt die schon im Tonabbaugebiet “Erdekaut” (zwischen Eisenberg und Hettenleidelheim, heute renaturiert) ihren Dienst taten. Die Gleise schlängeln sich 3,5 km im Tal (Stumpfwald genannt) bis nach Ramsen. Es handelt sich dabei nicht um eine historische Bahnstrecke, auch die kleinen Bahngebäude sind Neubauten. Die Streckenführung der Eistalbahn läuft hingegen auf dem Südlichen Hang des Tals.
Der Eiswoog:
Der Eisbach, der nach den Eisenerzvorkommen der Region so benannt ist, hat sieben Quellen, die nach kurzem Bachlauf zu einem Stausee – oder Woog wie man in der Pfalz sagt - aufgestaut werden. Der Eiswoog diente früher als Wasserspeicher für Mühlen und Hammerwerke, um die Wasserversorgung auch in trockenen Zeiten zu gewährleisten. Tatsächlich wurde am Eiswoog jedoch auch das winterliche Eis mit Pferdefuhrwerken in die Eishäuser und Eiskeller von Brauerein und anderen Lebensmittelbetrieben abtransportiert.
Vor 200 Jahren (1812) erwarb der Eisenhütten-Besitzer Ludwig Gienanth (mit Werken z.B. in Hochstein bei Winnweiler, Eisenberg oder dem Unterhammer im Karlstal) den Eiswoog. Der See ist bis heute im Besitz der Familie Gienanth.
Die Postkarte aus den 1950er Jahren. Heute verdecken Bäume den Viadukt.
Minimalistische Architektur und historisches Puppenhaus im „Seehaus Forelle“
Ulrich von Gienanth erbaute 1950 das Hotel-Restaurant „Seehaus Forelle“ auf der Dammkrone. Die Fischzucht mit jetzt 14 Fischbecken wird schon seit über 100 Jahren dort betrieben und hat einen sehr guten Ruf.
Der moderne Erweiterungsbau, das Haeckenhaus, wurde nach ökologischen Gesichtspunkten errichtet und wurde aufgrund seiner qualitätvollen minimalistischen Architektur, die Anklänge an das Bauhaus hat, mit mehreren Preisen ausgezeichnet.
Im alten Landgasthof selbst ist ein gründerzeitliches Puppenhaus ausgestellt. Das zweiflügelige, teilweise verglaste, mindesten fünf Meter lange und liebevoll gestaltete Holzhaus wurde 1883-85 von Modellschreiner Lemaire aus Eisenberg hergestellt. Es steht unter Denkmalschutz. In Auftrag gegeben hatte es Elise Freifrau von Gienanth (Tocher des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn) für ihre beiden Töchter. Es ist das größte Puppenhaus Deutschlands.
Hofgut Walzwerk an der alten Ramsener Straße (Ortsausgang Ramsen)
Das ehemalige Rundeisenwalzwerk, das Friedrich von Gienanth 1831 erbauen ließ steht unter Denkmalschutz. Es besteht aus dem Walzgebäude, einem klassizistischen Sandsteinquaderbau mit Walmdach, dem Kleinhammergebäude, Verwalterbau, einem Lagerhaus, einer Schmiede und dem „Materialgebäude“. Allerdings ist von den alten Funktionen nichts mehr zu erkennen. Die Gebäude wurden nur kurze Zeit als Walzwerk genutzt, bis Gienanth sein großes Werk in Eisenberg baute. Wesentlich länger diente das Walzwerk als landwirtschaftliches Gut. Heute wird dort eine Hundepension betrieben.
Güterumschlag der ansässigen Industrie
Überwiegend Naherholung
Versetzen wir uns in die Zeit von 1838: Autos oder LKW gibt es noch nicht, die erste Eisenbahn in Deutschland ist erst seit drei Jahren in Betrieb. In der Region Eisenberg gibt es die Gienanthsche Eisengießerei, die Klebsandvorkommen, den Tonerdeabbau und Ziegeleien, im benachbarten Ebertsheim das Papierwerk. Für die 35 km lange Strecke von Eisenberg zum nächst gelegenen Bahnhof in Neustadt braucht ein Transportfuhrwerk fast einen Tag. Und die Ladung ist schwer. Doch bis in die 1860er Jahr geht die Schienenverkehrsplanung am Eistal vorbei und auch ein erstes Gesuch (1864) des Eistalbahn-Komitee unter Führung des Carl von Gienanth bleibt erfolglos.
Erstes Teilstück Grünstadt-Eisenberg
Die Familie Gienanth ist zielstrebig und hartnäckig. Das Eistalbahn-Komitee stellt 1867 wieder ein Gesuch und veröffentlicht eine Denkschrift, in der außer dem Güterverkehr mit „Transporten der Eisen-, Papier-, Stärke- und Kochgeschirrindustrie ein Im- und Export von über 2,2 Millionen Zentnern jährlich“ der Bevölkerungsreichtum der Region ins Feld geführt wird. Doch es wird noch fünf Jahre gestritten, bis 1872 ein erster Teil der Eistalbahn zwischen Grünstadt und Eisenberg gebaut werden darf.
1895 wird die Abzweigstrecke von Ebertsheim nach Hettenleidelheim freigegeben, auch hier geht es der Pfalzbahn vorrangig um eine Güterbahn zur Anbindung der Industrie der Region.
Der Bahn hatte tatsächlich großen wirtschaftlichen Erfolg, 1906 stand der Eisenberger Bahn-Güterumschlag an dritter Stelle in der Pfalz: nach St. Ingbert (Kohlengruben) und Ludwigshafen (Rheinhafen) und damit noch vor weitaus größeren Städten wie Frankenthal, Neustadt oder Kaiserslautern. Doch der Personenverkehr wurde vernachlässigt.
Erweiterung bis Enkenbach
Auch die erwünschte Erweiterung der Linie nach Enkenbach ließ weitere Jahrzehnte auf sich waren. Erst Ende der 1920er Jahre machte man sich an die baulich aufwändige Strecke: 1927 wurde der Tunnel gebaut, 1929 zwei Talbrücken. Dann ging das Geld aus. Erst 1931 konnte die letzte Lücke geschlossen werden: der Eistalviadukt. Innerhalb der nächsten 5 Jahre konnte sich der Zugverkehr mehr als verdoppeln. Während des Westwallbaus und im Krieg wurde die Eistalbahn eine wichtige Verbindungsstrecke nach Westen. Bomben beschädigten 1944 die Brücke am Eiswoog schwer, so dass die Bahn erst wieder 1949 durchgehend in Betrieb genommen werden konnte.
Ihre militärische Bedeutung behielt sie auch nach dem Krieg. So wurden die Unterhaltungskosten für die Strecke der Bundesbahn vom Verteidigungsministerium und die Nato teilweise ersetzt. Nur dies verhinderte eine noch frühere Stilllegung. In den 1970er Jahren stelle die Bundesbahn beim Verkehrsministerium mehrmals Anträge, den Personenverkehr zu beenden, wogegen sich politischer Widerstand regte. In der Folge wurden die Zug-Fahrpläne immer mehr ausgedünnt und das Busangebot erweitert.
Einstellung der Strecke
Mit dem Ende des kalten Krieges war auch das militärische Interesse an der Strecke dahin. Der Unterhalt für den Abschnitt Eisenberg-Enkenbach wurde der DB zu hoch. Ende 1988 wurde der Betrieb auf dieser Strecke völlig eingestellt. Die Strecke Eisenberg- Grünstadt wurde nur noch von Güterzügen aus den Eisenberger Klebsandwerken und der Fa. Gienanth genutzt.
1989 gründet sich der Förderverein Eistalbahn, eine Verein zur Förderung des umweltfreundlichen Schienenverkehrs und der Reaktivierung stillgelegter Eisenbahnstrecken. Zu diesem Zeitpunkt stand die Bahnbrücke beim Eiswoog kurz vor der Sprengung. Dies konnte verhindert werden und wenigstens der Personenverkehr auf der östliche Teilstrecke wieder eingeführt werden.
Reaktivierung
Der Teilabschnitt zwischen Grünstadt und Eisenberg wurde 1994 als eine der ersten Bahnstrecken nach der Bahnprivatisierung reaktiviert. Im Jahr 1995 folgte der Abschnitt Eisenberg-Ramsen und 2001 Ramsen-Eiswoog.
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