Die Kolonie - Arbeiterwohnsiedlung in der Nordstadt von Weinheim
Die nach Westen baulich offene, u-förmige Anlage wird charakterisiert durch große Gauben und eingebundene Giebel in den Fassaden zu den Straßen. Bei der Modernisierung 1985 sind die Nutzgartenhäuschen verschwunden. Das zuvor offen liegende Holz- und Backsteinwerk wurde von Putz abgedeckt. Die Fenster sind seither ungeteilt. Die abwechslungsreiche Dachlandschaft blieb weitgehend erhalten. Die 1985 bepflanzte Grünanlage über der seinerzeit errichteten Tiefgarage ist mit hohen Gehölzen zugewachsen.
Wohnungen
Wohnungen
Der 1904 von 25 Mitgliedern gegründete gemeinnützige Bauverein wurde von Friedrich Carl Freudenberg (1848-1942) mit einem Geschenk von 10.000 Mark unterstützt. Zusammen mit 25.600 Mark aus 128 Anteilsscheinen à 200 Mark der Mitglieder wurden 84 Wohnungen in 24 Häusern errichtet. Es entstand „die Kolonie“ zwischen Alter Landstraße, Römerstraße, Moselstraße und Nordstraße in der heutigen Nordstadt von Weinheim. Die U-förmige Anlage war und ist nach Westen offen. Bei der Modernisierung 1984 wurden die knapp 40 m² großen Wohnungen durch neue Flächenaufteilung auf 60 bis 90 m² vergrößert, die Nutzgartenfunktion mit ihren typischen Gartenhäusern aufgegeben und eine Tiefgarage unter die neue Grünanlage mit Spielplatz gebaut.
Zusätzlich zum Verein wurde unter Mitwirkung von Vertretern der großen Firmen Freudenberg, Hirsch und Leinenkugel 1911 die gemeinnützige Baugenossenschaft gegründet, die 1942 den Bauverein übernahm. Die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen und die aus allen Bevölkerungsschichten zusammengesetzten Entscheidungsgremien folgten dem gleichen Gedanken, die durch die Industrialisierung immense Wohnungsnot zu lindern. Dabei sollten nicht nur neue, sondern auch preiswerte und gesundheitsförderliche Konzepte des Bauens erprobt werden. „Die Kolonie“ war das erste umgesetzte Konzept in Weinheim, wo bis in die Gegenwart noch viele folgten. Die Idee entsprach einer deutschlandweiten Entwicklung. 1911 gab es schon 1.000 Baugenossenschaften, die zu jener Zeit oft die Städtebau-Vorstellung einer Gartenstadt verfolgten. In Mannheim wurde diese Vorstellung zum Namen eines Stadtteils. 1920 wurde die Stadt Weinheim Mitglied der Baugenossenschaft und trug mit ihren Geschäftsanteilen und Darlehen wesentlich zum gemeinnützigen Bauen bei.
Auch Badenia, Oberrheinische Eisenbahngesellschaft (OEG), der Graf von Berckheim und die Firma Wilhelm Hensel (spätere Nudelfabrik Drei Glocken) unterstützen schon vor dem 2. Weltkrieg die Bauvorhaben.
- Baugenossenschaft 1911 Weinheim e.G.: 75 Jahre Gemeinnützige Baugenossenschaft der Stadt Weinheim, Weinheim 1986
- Grau, Ute und Guttmann, Barbara: Weinheim – Geschichte einer Stadt, Edition Diesbach, Weinheim 2008