ehemaliger OEG-Bahnhof Mannheim-Seckenheim
Der neue Bahnhof Seckenheim wurde 1928 im Zuge der Elektrifizierung der Strecke Mannheim-Seckenheim-Neckarhausen-Edingen erbaut und diente mit Stellwerk, Fahrkartenverkauf und Güterverkehr bis 1981 als Bahnhofsgebäude. In jenem Jahr ist die Streckenblockanlage zwischen Seckenheim und Edingen mit dem elektrischen Stellwerk im Bahnhof Edingen in Betrieb gegangen. Kurz vor Schließung des Bahnhofs mietete sich das Deutsche Rote Kreuz (Ortsverein Seckenheim) im Bahnhof Seckenheim ein. Das DRK nutzt auch heute noch die vorderen Räume des Erdgeschosses und den Anbau der Güterhalle. Der hintere Teil des Erdgeschosses sowie das erste Obergeschoss wird als Wohnung genutzt.
Am zweigeschossigen Hauptgebäude fügt sich östlich der eingeschossige Lagerschuppen sowie südlich der eingeschossige Vorbau für das Stellwerk an. Das im Stil der Neuen Sachlichkeit mit roten Klinkern und Walmdach errichtete Gebäude weist mit der Rustizierung im Erdgeschoss und dem Fries unter dem Dachüberstand auch expressionistische Merkmale auf. Die Walmdächer sind mit Naturschiefer gedeckt. An der Gleisseite unter einem tiefen freitragendes Vordach liegen der ehemalige Zugang zur Wartehalle sowie der zum Stellwerk. An der Rückseite befindet sich die Haustür zur Wohnung im Obergeschoss.
Am Stellwerk ist heute noch auf der Beschilderung "Mannheim Seckenheim Ort" zu lesen - im Unterschied zum Staatsbahnhof "Seckenheim" (heute S-Bahnstation nahe Hochstätt) - obwohl die eigentliche Haltestelle weiter östlich verlegt wurde.
Empfangsgebäude der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft
Wohngebäude, Deutsches Rotes Kreuz (Ortsverein Seckenheim)
Als erster fertiggestellter Abschnitt des sogenannten Gleisdreiecks Mannheim-Weinheim-Heidelberg-Mannheim wurde am 12. September 1887 die Strecke Mannheim-Weinheim eingeweiht (zum Bahnhof Käfertal siehe /objekte/ehemaliger-oeg-bahnhof-mannheim-kaefertal). Das Gleisdreieck wurde auf Drängen des hessischen und badischen Umlandes notwendig, weil die Großherzoglich Badischen Staatsbahnen mit dem Friedrichsfelder Kompromiss keine direkte Anbindung des Umlandes an die Städte Mannheim und Heidelberg gewährleisteten, sondern diese zum einen nur über den Umweg und Umstieg in Mannheim-Friedrichsfeld angefahren werden konnten, zum anderen aber auch viele kleine Gemeinden entlang der Bergstraße und des Neckars außer acht ließen. Besonders die an der Bergstraße gelegenen Porphyrsteinbrüche in Dossenheim und Schriesheim waren aber auf die Eisenbahn als Transportmittel angewiesen. Außerdem lagen am erwähnten Gleisdreieck Ende des 19. Jahrhunderts 144 Fabriken und Gewerbebetriebe, 199 Mühlenbetriebe sowie 86 Jahr- und Viehmärkte, die einen regen Güterverkehr hatten. So spielte auch die Versorgung der städtischen Bevölkerung mit Lebensmittel eine wichtige Rolle. Und natürlich erleichterten die in der Folge errichteten Nebenbahnen den auf dem Land lebenden Industriearbeiter ihre tägliche Anfahrt zur Arbeitsstätte. Schon am 4. Mai 1884 ging als erste Nebenbahn die Dampfeisenbahn Mannheim-Feudenheim in Betrieb. Sie wurde schließlich 1898 in den Besitz der Stadt Mannheim übernommen. Ab 1913 wurde auch die Pfalz durch die Rhein-Haardt-Bahn an Mannheim und Ludwigshafen angebunden.
Auch der Berliner Herrmann Bachstein erkannte die ersichtlichen Mängel des staatlichen Eisenbahn-Streckennetzes in Deutschland und ergriff die Chance, mit seinem 1879 in Berlin gegründeten Unternehmen "Centralverwaltung für Secundairbahnen" diese Lücke privatwirtschaftlich zu schließen. Die von ihm 1895-97 gegründete Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) mit Sitz in Darmstadt war eine von über 60 von ihm (mit)-betriebenen Gesellschaften, die im Bahnbau tätig waren. Die SEG war schließlich auch für den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gleisdreieck Mannheim-Weinheim-Heidelberg-Mannheim zuständig. Am 18. Juni 1890 wurde Herrmann Bachstein auch die Erlaubnis zum Bau der Strecke Heidelberg-Edingen-Mannheim erteilt, an der der Bahnhof in Seckenheim liegt. Die Strecke verlief von Heidelberg aus zunächst noch am Neckar über Edingen und Neckarhausen nach Seckenheim. Als Mannheimer Endstation der Strecke entstand schon mit Eröffnung dieser Strecke ein kleines repräsentatives Empfangsgebäude im historischen Stil, das schließlich 1928 durch das heute noch am Kurfpfalzkreisel befindliche Bahnhofsgebäude ersetzt wurde (zur Endstation am heutigen Kurpfalzkreisel siehe https://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/ehem-oeg-bahnhof-fr…). Die komplette Inbetriebnahme des Gleisdreiecks erfolgte im Jahre 1892. Am 6. Juni 1891 war die Strecke Heidelberg-Edingen und am 13. Juli 1891 der Streckenabschnitt Edingen-Mannheim über Neckarhausen und Seckenheim eröffnet worden.
Um eine Elektrifizierung und den weiteren Ausbau ihres Straßenbahnnetzes zu ermöglichen, gründete die Stadt Mannheim gemeinsam mit der SEG im Jahre 1911 die Oberrheinische Eisenbahn-Gesellschaft (OEG). An der OEG - eine Aktiengesellschaft - war die Stadt Mannheim mit einer Aktienmehrheit von 51 Prozent beteiligt, um auch kommunalpolitische Interessen verfolgen zu können. Die Verhandlungen wurden auf städtischer Seite vom damaligen Oberbürgermeister Paul Martin geführt. Die SEG hielt 26 Prozent, die Neue Rheinau Gesellschaft 11,5 Prozent, die Rheinische Schuckert-Gesellschaft 10,5 % und die Süddeutsche Diskonto Gesellschaft 1 Prozent.
Auch in der damals noch selbständigen Gemeinde Seckenheim wurde 1891 ein kleines mit Backsteinen ausgemauertes Fachwerkgebäude für die Haltestelle errichtet. Dieses befand sich aber nicht am heutigen Bahnhofsstandort, sondern im Zentrum nahe der katholischen Kirche. Mit Verlegung, Neubau und Eröffnung des Bahnhofs Seckenheim am 15. Mai 1928 wurde der Vorgängerbau abgebrochen. Damals erwarb der Maurer Julius Schäfer das Stationsgebäude mit Lagerschuppen für 4200 Mark. Er brach den Bahnhof in mühsamer Handarbeit Stein für Stein ab und errichtete ihn anschließend in genau den gleichen Dimensionen inmitten freier Feldgemarkung. Die Gemeinde Seckenheim erteilte ihm hierfür die Baugenehmigung für die Umnutzung zum Wohnhaus, in das Julius Schäfer schließlich 1929 auch einzog. Später erhielt das Grundstück die Adresse Badener Straße 131. Das Gebäude existiert auch heute noch. Der ehemalige Standort des Bahnhofs an der katholischen Kirche wird seitdem durch eine Freifläche mit Parkplätzen markiert.
Mit der Verlegung des Seckenheimer Empfangsgebäudes weiter östlich an den Dorfrand im Jahre 1928 ging auch eine neue, seit Oktober 1929 betriebene Streckenführung nach Heidelberg einher. Die alte eingleisige Strecke, die seit 1928 ebenfalls elektrifiziert war, verlief über Neckarhausen entlang des Neckars nach Edingen, Wieblingen und Heidelberg. Gleichzeitig entstand zwischen Seckenheim und Wieblingen am südlichen Ortsrand von Edingen zusätzlich eine direkte zweigleisige elektrifizierte Strecke, die ca. 6 km kürzer war als die von Neckarhausen durch die Hauptstraße in Edingen. Beide Strecken existierten von 1928 bis 1969 parallel, wobei die Züge nach Heidelberg die neue Strecke nutzten. Die Züge über Neckarhausen endeten in der Regel in Edingen am neuen Bahnhof, der sich an der Neubaustrecke befindet. Der eingleisige Streckenabschnitt über Neckarhausen wurde 1969 durch eine Buslinie ersetzt.
Zum 1. Oktober 2004 gründete die OEG zusammen mit der MVV (Mannheimer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft), der HSB (Heidelberger Straßen- und Bergbahn), den VBL (Verkehrsbetriebe Ludwigshafen) und der RHB (Rhein-Haardtbahn) die RNV (Rhein-Neckar-Verkehr GmbH). Im Jahre 2010 ging die OEG gänzlich in die MVV Verkehr AG auf.
- Mannheim und seine Bauten, Mannheim 1906, S. 502ff
- Friedrich Walter: Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 3, Mannheim 1907, S. 283ff
- Hansjörg Probst: Seckenheim, Geschichte eines Kurpfälzer Dorfes, Mannheim 1981, S. 271-272
- 75 Jahre OEG 1911-1986, Festschrift hrsg. von der Oberrheinischen Eisenbahn-Gesellschaft AG Mannheim 1986
- Ralph Stephan: Der lange Weg zur OEG, in: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte, Bd. 30, 1998, S. 35ff
- Mannhein und seine Bauten 1907-2007, Bd. 4, Mannheim 2004, S. 40
- Ralph Stephan: Das zähe Ringen um den Nahverkehr. Zum hundertjährigen Bestehen der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft, in: Mannheimer Geschichtsblätter 22/2011, S. 57-74
- Historisches Archiv der RNV Mannheim
- Marchivum ZGS S2/301