Schildkröt in Mannheim Neckarau: Wasserturm und einige Hallen
Von der einst weltberühmten Schildkröt-Fabrik in Mannheim ist nicht viel übrig geblieben: ein einsamer, eleganter Wasserturm, zwei prächtige Hallen und eine Reihe zunächst unspektakuläre Gebäude im Neckarauer Gewerbegebiet. Die Fabrik war vor hundert Jahren für Neckarau und Umgebung der größte Arbeitgeber, vor allem für Frauen, – in guten Zeiten mit ca. 6000 Beschäftigten. Das riesige Werk mit mehr als 200 Werksgebäuden wurde in den 1990er-Jahre weitgehend abgerissen. Es zog sich über ein Gelände das eingerahmt wird von der heutigen Morchfeldstraße, Eisenbahnstraße, Pfingstweidstraße und Floßwörthstraße. Immerhin gibt es heute eine Schildkröt- und Celluloidstraße, die auf die Ursprünge der Fabrik als „Rheinische Gummi und Celluloid Fabrik“ hinweisen. Der Name „Gummistraße“ – die frühere Adresse – ist gelöscht.
Weil es bei der Celluloidherstellung immer wieder zu Explosionen kam, hatte die Fabrik früher den Spitznamen „die Knall“ oder Peng. Ältere Neckarauer nennen sie „die Gummi“ oder „bei de Bobbe“. Den Firmen-Namen „Schildkröt“ führte sie offiziell erst ab 1965 – und 10 Jahre später war Schluss mit der Puppenproduktion.
Die berühmten Schildkröt-Puppen sind heute begehrte Sammlerstücke. Aber nicht nur Spielwaren verließen das Werk, sondern auch Tischtennisbälle und Kämme, Wasserdichte Kleidung, Schläuche, Heckscheiben für Cabrios, Folien und Dachabdeckungen.
Wie ausgedehnt das Fabrikgelände einst war, zeigt schon allein die Entfernung zwischen den wenigen übrig gebliebenen Bauten. Ganz links sind die Hallen der ehemaligen Energiezentrale, die heute noch stehen.
Der Wasserturm:
Nach dreißig Jahren und fast ebenso vielen Bränden entschloss sich die Rheinische Gummi- und Celluloid-Fabrik einen weiteren, wirklich hohen Wasserturm für Brauch- und Löschwasser zu bauen. Er wurde nach Plänen des Architekten Leopold Stober (1871-1911) 1905 errichtet, zusammen mit einer unterirdisch aufgestellten Dampfpumpanlage. Zuvor gab es nur einen Wasserbehälter auf einer dreistöckigen Eisenkonstruktion.
Der 43 Meter hohe Turm steht auf quadratischem Grundriss, der in einen achteckigen Grundriss übergeht. Auch der Kopf und das schieferbedeckte Dach sind achteckig. Der Turm ist völlig mit gelben Klinkern verkleidet und hat einige wenige Doppelfenster. An der nördlichen Seite zieht sich ein kleiner Anbau am Kopf des Turmes bis zum Schaft. Es ist ein Treppenhaus mit Wendeltreppe, denn der Wasserbehälter steht direkt auf den Mauern des Schaftes. Um also vom Schaft an die Seite des Wasserbehälters zu gelangen, muss man diese Treppe benutzen. Der oben offene, runde Wasserbehälter hat einen Durchmesser von 7.40 Meter und ist 6 Meter hoch.
Der Wasserturm galt als Wahrzeichen der Schildkröt und ist auch heute weithin sichtbar. Er steht heute unter Denkmalschutz, ist in privater Hand und wird als Büro genutzt. Die Adresse ist "Janderstraße 2". Fritz Jander war der „Vater der Celluloid-Technik“
Der Wasserturm stand früher direkt neben dem Verwaltungsgebäude, heute auf einer kleinen, privaten Grünanlage am Rande des „High-Tech-Parks“. Dieser Gewerbepark wurde 1993 auf einem Teil des Schildkrötgeländes errichtet. Er besteht aus einer ganzen Reihe eher kleinteiliger Gebäude, die ähnlich regelmäßig wie die ursprünglichen Fabrikgebäude angeordnet sind und die mit ihren dekorativen Metallträgern an den Ecken der Gebäude wohl eine industrielle Anmutung ausstrahlen sollen. Vor allem Dienstleister und private Hochschulen haben sich dort eingemietet.
Die ehemalige elektrische Zentrale:
Zwei sehr stattliche, im rechten Winkel zu einander stehende Fabrikhallen mit hohen Bogenfenstern und Oberlichtband auf dem Tonnendach sind von der Floßwörthstraße aus zu sehen. Sie stehen im hinteren Bereich des Parkplatzes der Metro.
Die Fenster der Hallen verbergen mit Milchglas die Einsicht. Ein Schild vor dem Eingang mit „Vorsicht Kunst“ und eine stilisierten Explosion weißt für Eingeweihte darauf hin, dass hier einmal ein privates Kunstmuseum geplant war. Der Mäzen verstarb jedoch unerwartet. Die Hallen sind vorbildlich restauriert, stehen unter Denkmalschutz, sind aber nicht öffentlich zugänglich. Auf dem Gelände davor sind noch etliche Schienenabschnitte erkennbar. Tatsächlich lagen hier sieben Gleisanschlüsse allein für die Fabrik.
An die Backsteinhallen schießen sich banale Fabrikmauern an, die zu einem fensterlosen Gebäude auf der linken Seite führen. Die Mauern der zwei südlichen Hallen sind ca. zwei Meter über die Dachtraufe hochgezogen, eine typische Bauweise von Celluloidfabrikhallen zum Schutz bei Explosionen. Das Fachdach wurde mit einer dicken Schicht Kies und Sand bedeckt, die im Fall einer Explosion das Feuer ersticken sollte.
Weitere Hallen und Gebäude:
Weitere einfache Backsteingebäude der Schildkröt befinden sich in der Eisenbahnstraße und in der Pfingsweidstraße. Das Gelb der Klinker lässt ich nur noch ahnen. Ein großer Teil des Areal wird von der Firma FlachdachTechnologie (FDT, Dachbahnen- und Lichtplattenhersteller, vormals Braas) genutzt. Auch der Pharmahandel Phoenix befindet sich auf dem ehemaligen Gelände der Gummifabrik, in diesem Bereich war die "Fabrik Wassdichter Wasche Lenel, Bensinger und Co" angesiedelt.
Sozialeinrichtungen:
Die Fabrik errichtete 1908 in Alt-Neckarau Werkswohnungen, ebenfalls mit dem Architekten Leopold Stober. (vergleiche Siedlung der Rheinischen… ). Weitere, nicht mehr existierende Wohnungen waren in unmittelbarer Nähe des Werks.
Die Familie Bensinger, eine der Gründer, stiftete ein Mütter- und Säuglingsheim und das alte Badehaus hinter dem Neckarauer Rathaus (vergl. Ehemaliges Volksbad). Heute ist hier das Heimatmuseum untergebracht, das immer zum Jahresende eine umfangreiche Schildkrötpuppen-Ausstellung zeigt.
Die Puppen
Mit der kostenintensiven Entwicklung des Pressblasverfahren revolutionierte die Fabrik die Herstellung von Puppen aus neuen Materialien. Zuvor waren Puppen aus Porzellan hergestellt worden. Fortan waren sie einigermaßen bruchfest, farbecht, abwaschbar und leicht. Und sie waren vor allem billig und rationell zu produzieren. Mit günstigen Preisen eroberte die Rheinische Gummi- und Celluliod-Fabrik weltweit den Markt.
Die Modelle "Strampelchen"(1935), "Inge" und "Hans"(1933), "Bärbel" (1937) und "Christel" (1938) waren über 25 Jahre lang – trotz Krieg und mageren Nachkriegsjahren – die meist gekauften Puppen der Spielzeugbranche überhaupt. Schwarze und braune Puppenkinder wurden schon 1908 unter dem Sammelbegriff "Kolonialpuppen" in den Katalogen angeboten – allerdings eher nicht für den Verkauf in den Kolonien. Auch Schaufensterpuppen wurden zeitweise hergestellt.
Gummi- und Celluloid-Fabrik
Gemischtes Gewerbe und Dienstleister (die zeitweilig vorhandene Gastronomie gibt es nicht mehr)
1873 gründen die beiden Brüder Victor und Alfred Lenel zusammen mit Friedrich Bensinger (1841-1891) und dem Bankhaus Hohenemser & Söhne die „Rheinische Hartgummi-Waaren-Fabrik“, die zunächst Kämme, Schmuck und technische Gegenstände auf Kautschukbasis herstellt.
Ab 1880 nimmt die Fabrik als erste in Deutschland die Produktion von Celluloid auf, ein thermoplastischer Kunststoff, der 1856 von Alexander Parkes (England) entwickelte worden war. Erst in Neckarau wird Celluloid zum ersten Massenkunststoff der Industriegeschichte, schreibt Hansjörg Probst (Quelle 1).
Nachdem die Fabrik in Neckarau 1885 durch einen Brand zerstört worden war, wird sie unter dem Namen „Rheinische Gummi- und Celluloidfabrik“ wieder aufgebaut. Ein Jahr später kommt die „Fabrik wasserdichter Wäsche Lenel, Bensinger & Co“ hinzu. „Trotz des Großbrandes von 1885, der das Werk Neckarau total zerstörte, entwickelte sich die Firma stürmisch, im Gegenteil man benutzte den Brand als eine Chance für einen Neuanfang und errichtete auf dem erweiterten Fabrikgelände in wenigen Monaten neue moderne Fabrikanlagen.“ (J. Probst, S. 465) Das Unternehmen entwickelt sich zur größten Celluloidfabrik der Welt. Es umfasst über 80 000 qm.
Produziert werden Schirm- und Stockgriffe, ab 1887 Spielbälle, - insbesondere Tischtennisbälle, die heute noch aus Celluloid gefertigt werden. Das berühmteste Produkt, die Puppen, kann erst aufgrund der bahnbrechenden Entwicklung der Blas-Press-Methode für Kunststoffe in Produktion gehen. 1895 schafft es der technische Leiter Robert Zeller (1866-1924), der "Vater" der Celluloid-Puppe, Puppenköpfe und -körper billig herzustellen. Nach drei Jahren Forschung mit Hunderttausenden Reichsmark Investitionen lässt man 1896 beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin die Celluloid-Puppe unter dem Produktnamen "Schildkröt" registrieren. 1899 wird die Schildkröte in einer Raute als gesetzliches Warenzeichen geschützt. Ihr Panzer sollte an die Tönung und Musterung von Celluloid-Erzeugnissen erinnern. (Wikipedia) Der Siegeszug der Mannheimer Puppen mit der "Schildkröte" als Schutzmarke beginnt. bis 1960 bleibt „die Schildkröt“ marktbestimmender Puppen-Produktionsstandort in Europa
In den 1890 Jahren waren die beiden Söhne Adolf und Carl Bensinger in die Firma eingetreten. Die Firma ist ein Großunternehmen mit etwa 150 Gebäuden, in denen 65 Walzwerke und Kalander, 105 Pressen sowie 170 Kammschneidemaschinen betrieben werden. Sie steigert ihre jährliche Rohcelluloidproduktion auf etwa 4.500 t. Das entspricht einem Drittel der Weltproduktion. Die energieintensive Produktion wurde in den ersten 25 Jahren mit Dampfmaschinen in fünf Kesselhäusern versorgt. Um die Jahrhundertwende stellt die Firma auf eine Zentralturbinenanlage mit Hochdruckkesseln um.
Das Werk verfügt über Sozialeinrichtungen wie Betriebskrankenkasse, 2 Kantinen, 1 Kohlenkasse, die die Belegschaft – inzwischen mehr als 1.000 - mit billiger Kohle versorgt. 1925 hat es sogar eine eigene Kinderkrippe.
1900 erfindet die Forschungsabteilung den Preß-Kamm aus Celluloid, ein Meilenstein technischer Rationalisierung. Bei jedem Pressvorgang entstehen im Zwei-Minuten-Takt 12 Kämme, die ohne wesentliche Nacharbeit "in einem Guss" hergestellt werden. 20 Pressen werden eingesetzt und der Presskamm wird zum Massenprodukt. 1914 arbeiten in Werk (zusammen mit der Lenel, Bensinger u.Co. Fabrik Wasserdichte Wäsche) 6.000 Beschäftigte. 16 davon sind gelernte Friseurinnen, die den Puppen die Haare einsetzen. Viele Frauen arbeiten auch in Heimarbeit für die Puppenherstellung.
Doch auch nach dem Krieg gibt es kaum Nachfrage für die Produkte. Der Export fällt zurück, von Weltmarktführung kann keine Rede mehr sein. Vor allem japanische Produkte drängen auf den Markt. Der Tiefpunkt der Abwärtsentwicklung ist 1929 erreicht. Die Aktien werden an die I.G.-Farben-Gruppe verkauft (60% an die Rheinisch Westfälische Sprengstoff AG und 40% an die WASAG (Westfälisch-Anhaltische Sprengstoff-Actien-Gesellschaft).
1931 gibt es nur noch etwa 1.000 Beschäftigte, doch es kommt zu weiteren Massenentlassungen. Aufschwung bringt erst die Entwicklung und Anwendung von Kunststofferzeugnissen auf der Basis von Misch-Polymerisaten in den frühen 1930er-Jahren.
Aus: Bei der Rheinische Gummi- und Celluloid-Fabrik, die schon Ende der 1920er-Jahre in die IG-Farben übergegangen war, bleibt der hochangesehene und langjährige Handelskammerpräsident Richard Lenel (1868-1959), Sohn des Firmengründers Viktor Lenel, zunächst noch im Aufsichtsrat (mehr). Er war kein gläubiger Jude und schon 1902 aus der Gemeinde ausgetreten. Erst als seine Söhne bei den Pogromen vom 9. November 1938 ins KZ Dachau verschleppt werden, bereitet er – inzwischen fast mittellos – seine Emigration vor.
Die eigenständige Firma „Lenel, Bensinger & Co., Fabrik wasserdichter Wäsche“, die Rohmaterial von der Rheinischen Gummi bezieht und vor allem Berufskleidung und abwaschbare Kragen und Manschetten herstellt, besteht bis 1935. Dann wird sie als „jüdisches Unternehmen“ aufgelöst und als "Abteilung Schildkröt (Fabrik zur Herstellung wasserdichter Wäsche)“ in das Unternehmen integriert. Auch die jüdische Familie Bensinger wurde von den Nationalsozialisten enteignet, ihre umfangreiche Kunstsammlung wird versteigert. „Am 5. Juni 1939 hatte ihn die Devisenstelle Karlsruhe aufgefordert, sein Hab und Gut aufzulisten. Ende Juni 1939 verhängte dann der Oberfinanzpräsident Baden eine "Verfügungssperre" – womit Bensinger faktisch alles verlor. Noch am Tag der Bekanntgabe starb er an einem Herzversagen.“ (MM, 28.06.2012) Eine kurze Sackgasse auf dem Gelände mit dem Namen „Bensinger-Straße“ soll an den Firmengründer erinnern.
Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg erzielt die Rheinische Gummi- und Celluloidfabrik einen bahnbrechenden Erfolg bei der Igelit-Verarbeitung zu PVC. Der Umsatz verdreifacht sich 1939 gegenüber 1933 auf 16,5 Mio. RM; aber die Fertigung von Celluloidspielwaren ist ein Verlustgeschäft. So verliert die "Rheinische" mit jedem Kilo Spielwaren 3,52 RM. Im Zweiten Weltkrieg werden Munition und kriegswichtige Materialien produziert. Bei Luftangriffen werden die Werksanlagen zu 30% zerstört. 1941 stürzt ein Flugzeug mit voller Bombenlast mitten auf das Betriebsgelände.
Nach dem Krieg wird die IG-Farben zerschlagen, das Führungspersonal suspendiert, das Werk kommt unter amerikanische Kontrolle und produziert nun vor allem für den amerikanischen Markt, darunter auch Gummischuhsohlen und Regenmäntel. Auch nach dem Krieg ist "die Gummi" ein wichtiger Arbeitsplatz vor allem für Frauen. Viele Arbeiten werden weiterhin in Heimarbeit vergeben.
1952 geht die Rheinische Gummi an die WASAG AG über, ein Nachfolgeunternehmen der IG-Farben in der Chemie-Branche, das wenig später zum Krupp-Konzern gehört. 1954 entschließt sich Käthe Kruse, mit der „Rheinischen Gummi- und Celluloidfabrik” zusammenzuarbeiten. Man entwickelt eine erschwingliche Puppe aus dem nicht brennbaren Tortulon. Tatsächliche Produktionserfolge aber erzielt die „Rheinische Gummi“ ab 1955 mit der Herstellung von Hart-PVC-Platten „Rhenadur” für technische Gebrauchsartikel.
1956 beginnt die Produktion von Weich-PVC-Folien und anderen technischen Folien zu Abdichtung von Flachdächern. Die Produktion von Celluloid geht zugunsten anderer Kunststoffe zurück.
Auch aus dem Firmennamen verschwindet das Celluloid: 1965 heißt das Werk „Schildkröt AG, vormals Rheinische Gummi- und Celloloidfabrik”. Doch unter der Leitung der Brüder Berthold und Harald von Bohlen und Halbach (Kruppkonzern) geht das Geschäft mit den Puppen immer mehr zurück, sie verlegen die Produktion teils nach Frankreich und Italien. 1970 trennt sich das Unternehmen auf in die „Schildkröt-Trix GmbH“ (vereinigt mit der Nürnberger Modelleisenbahn-Firma) für Puppen und Spielwaren und in die „Schildkröt-Kunstoffwerke AG“ für die Halbzeugproduktion.
Die Kunststoffwerke gehen bereits 1971 in den Besitz der Firma Braas & Co GmbH (Braas Flachdachsysteme) über. 1999 wird Joachim Gussner neuer Eigentümer. Das Werk, das noch heute in vielen alten Hallen der ehemaligen „Gummi“ produziert heißt jetzt FDT „FlachdachTechnologie GmbH & Co. KG“. Mit der Neufirmierung kehrt auch die Schildkröte in das Logo des Unternehmens zurück.
Die Puppenproduktion wird 1975 in Mannheim aufgegeben. 1983 übernimmt die Firma Biemann in Kaufbeuren die Produktion von Schildkröt-Puppen, die nach der Wiedervereinigung ins thüringische Rauenstein umzieht, wo noch heute Schildkröt-Puppen von der „Schildkröt-Puppen und Spielwaren GmbH“. Die Schildkröte ist wieder ins Logo zurückgekehrt.
Das traurige Ende einer Weltfirma
Weite Teile des Geländes stehen nach dem Auszug der Puppenproduktion 1975 für Jahre brach. Künstler nutzen die Hallen der „Alten Schildkröt-Fabrik” als Ateliers, Handwerker für Werkstätten, eine Mieterinitiative „Alte Schildkröt” entsteht. Doch alternative Nutzungsmöglichkeiten in größerem Umfang werden nicht geprüft, auch nicht als 1980 der Entschluss für ein Landesmuseums für Technik und Arbeit mit Standort Mannheim gefasst wird.
1988 kauft die Stadt Mannheim das Gelände und lässt die Gebäude weitgehend abreißen um dort einen Gewerbepark, den „High-Tech-Park“ anzusiedeln.
Der SWR bringt im September 1992 die Dokumentation „Plattmachen statt bewahren. Mannheim und seine Industriedenkmäler. Abriß der alten Schildkröt-Puppenfabrik in Mannheim, eines unersetzbaren Denkmals deutscher Industriegeschichte. Bernd Fillafer dokumentiert die „kalkulierte Zerstörung“.
1998 kauft Prof. Dr.Joachim Mühling (1948-2009), Arzt und Kunstsammler aus Heidelberg, das Kessel- und Maschinenhaus und renoviert es für ein künftiges Museum der Gegenwartskunst, in dem vor allem Werke von Anselm Kiefer präsentiert werden sollten. Doch er kann seine Pläne nicht mehr realisieren.
2009 eröffnet das Edelrestaurant „Amesa” neben dem Maschinenhaus. Der Avantgarde-Koch Juan Amador benennt es 2011 in „Amador“ um und betreibt es bis 2015 als "Chef de cuisine & Patron". Danach zieht er nach Wien. Das Gebäude in Mannheim hat keine erkennbare Nutzung mehr. Übrigens: Juan de la Cruz Amador Perez wurde 1968 in Strümpfelbach als Sohn spanischer Einwanderer geboren. (Die Gastronomie besteht aktuell (8/2020) nicht mehr)
Neben zahlreichen weiteren neuen Gewerbebauten stehen auf dem Areal noch immer einige historische Backsteinbauten, dazwischen Brachflächen.
- Hansjörg Probst, Neckarau Band 2, Hrsg. Verein Geschiche Alt Neckarau e.V. 1989
- Jürgen und Marianne Cieslik: Das große Schildkröt-Buch, 1986
- Mannheim, Mittelpunkt im Rhein-Neckar-Raum, Hrsg. Stadtverwaltung Mannheim, Presseamt 1969
- Mannheim im Aufbau, Hrsg. Werbeverlag Pichler und Casse unter Mitwirkung der Stadtverwaltung Mannheim, 1955
- Alber Gieseler, Monika Ryll: Wassertürme in Mannheim, 1997
- Mannheimer Morgen
- Webseite Albert Gieseler