Der „Glatzkopp” in Seckenheim wird 100 Jahre
Unternehmer renoviert Wasserturm – Europas einziges Aufzugsmuseum
Veit Lennartz
Wenn es darum geht, einen passenden Namen zu finden, waren die Mannheimer noch nie verlegen. Und so wurde aus dem Seckenheimer Wasserturm der „Glatzkopp“, weil er eine runde Kuppel hat. Im September wird der „Glatzkopp“ nun 100 Jahre.
Glück hat er gehabt, dass er so alt werden durfte, denn andernorts, zum Beispiel auf der Rheinau, wurden die Wassertürme dem Erdboden gleich gemacht. Der schönste von allen steht am Friedrichsplatz – und wäre fast auch abgerissen worden. Heute ist er das Wahrzeichen Mannheims.
Aber der Seckenheimer mit seinem außergewöhnlichen, schlichten Jugendstil braucht sich nicht zu verstecken. Wie gesagt, er hat Glück gehabt. Und das hat er einer besonderen Familie zu verdanken: den Lochbühlers.
Die Firma Lochbühler, die es seit 1873 in Mannheim gibt, baut Aufzüge und ist heute das größte Aufzugsunternehmen der Metropolregion. Damals, 1911, war die Firma mit den Schlosserarbeiten des Wasserturms beauftragt und Carl Lochbühler, gerade elf Jahre alt, half mit, das Treppengeländer anzubringen.
Bis 1954 war der Seckenheimer Wasserturm in Betrieb, dann gammelte er vor sich hin und keiner wollte ihn haben. Wozu auch. Der Abriss drohte. Da griff die Unternehmer-Familie Lochbühler in alter Anhänglichkeit zu und kaufte den Turm 1978. Elf Jahre später, zum 90. Geburtstag von Carl Lochbühler, wurden die beiden Dachgeschosse mit Rundum-Fenstern saniert, ein Panorama-Fahrstuhl installiert, die Schäden insgesamt repariert. Und für den Senior gab es ein ganz besonderes Geschenk zum Geburtstag: die Lichter im Kuppelgewölbe zeigen die Sternenkonstellationen vom 31. Juli 1899, also dem Geburtstag von Carl, der ja damals am Aufbau mitgeholfen hatte.
Der Wasserturm wurde privat von der Firma Lochbühler für Firmenfeste und Fachtagungen genutzt. Und ein kleines Museum für Aufzüge entstand. Doch der Zahn der Zeit nagte am „Glatzkopp”, der inzwischen unter Denkmalschutz stand. Herunterfallende Betonteile, nicht ausreichender Brandschutz, bröckelnde Fassade: Der Wasserturm bedurfte der Generalsanierung. Die nahmen Familie und Firma Lochbühler in Absprache mit dem Landesdenkmalamt und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz auf sich. Nach historischen Vorlagen wird seit Februar verputzt, die Treppe im Inneren erneuert, ein Fahrstuhl eingebaut, es gibt einen Sicherheitsraum und Brandmelder werden installiert.
Das Museum erhält zwei zusätzliche Ausstellungsebenen und wird damit auf 300 Quadratmeter erweitert. Es ist das einzige Aufzugsmuseum Europas und wird funktionsfähige Aufzüge und deren Geschichte ab Beginn des letzten Jahrhunderts zeigen. Ein spezieller Museumsdesigner ist dafür engagiert worden. Im September soll der 38 Meter hohe Turm ohne Gerüst da stehen und Anfang nächsten Jahres soll dann auch das neue Museum eröffnet werden.
Eigentlich hätten die Lochbühlers ihren „Glatzkopp” gerne beim 100. Geburtstag im September vollständig gehabt, aber da alles in Eigenleistung von Firma und Familie erbracht wird, ist man in Verzug geraten, denn das Unternehmen muss ja seine eigentlichen Aufträge fristgerecht erfüllen – das sind pro Jahr etwa 100 neue Anlagen und die Wartung von über 5000 Aufzügen.
Ganz bewusst soll das ungewöhnliche Jugendstilgebäude in Seckenheim in seiner neuen Pracht die Bewerbung Mannheims als europäische Kulturhauptstadt unterstützen. Der „Glatzkopp”: nicht nur ein Wasserturm, sondern ein „kultureller Leuchtturm” in der Metropolregion.